Carbon Nanobuds

Ersatz für ITO in Sicht

20. November 2013, 14:10 Uhr | Helmuth Lemme

Wenn ein wichtiger Rohstoff knapp zu werden droht oder aus Ländern kommt, die uns - höflich ausgedrückt - nicht so sehr sympathisch sind, dann beginnt die Suche nach Alternativen. Erfolg scheint sich anzubahnen für Indium, das in den letzten Jahren immer teurer geworden ist. Eine Abwandlung der Kohlenstoff-Nanoröhrchen verspricht günstige Eigenschaften.

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Kein Display könnte heute ohne Indium auskommen. Es ist essenzieller Bestandteil der transparenten leitfähigen Schichten aus Indium-Zinn-Oxid (ITO), einem Mischoxid aus etwa 90 % Indium(III)-Oxid (In2O3 ) und etwa 10 % Zinn(IV)-Oxid (SnO2). Außer für das eigentliche Display braucht man solche Schichten auch für vorgesetzte Touchscreens; weitere wichtige Anwendungen sind Solarzellen sowie Bauelemente aus III-V-Halbleitern.

Außer für das eigentliche Display braucht man solche Schichten auch für vorgesetzte Touchscreens; weitere wichtige Anwendungen sind Solarzellen sowie Bauelemente aus III-V-Halbleitern.

Trotz der geringen Schichtdicke von nur etwa 200 nm ist der Bedarf an diesem Metall wegen der riesigen Stückzahlen bei den Displays erheblich, Größenordnung 700 t pro Jahr. Gefördert wird es vor allem in China. Der Preis hat sich in den letzten Jahren vervielfacht, was bis auf die Endgeräte durchschlägt. So hat denn auch die Suche nach Alternativen schon vor längerer Zeit begonnen.

Im Gegensatz zu Tantal für die Kondensatoren, das im Kongo unter menschenverachtenden Bedingungen aus der Erde gekratzt wird und für das noch keine brauchbare Alternative gefunden ist, sind für ITO bereits mehrere verschiedene Ersatzstoffe in Diskussion. Erfolg versprechen unter anderem Kohlenstoff-Nanoröhrchen (Carbon Nanotubes, CNT). Bei diesen sind zwei Arten zu unterscheiden: die mehrlagigen, die als erste entdeckt wurden, und die einlagigen, die später aufkamen und schwieriger herzustellen sind. Für transparente leitfähige Schichten eignen sich nur die letzteren; sie werden in einem Aerosol-Reaktor direkt aus der Gasphase synthetisiert.

Transparenz, Festigkeit und elektrische Leitfähigkeit

Weltweit arbeiten mittlerweile zahllose Gruppen auf diesem aussichtsreichen Gebiet. Einer dieser Forscher, Prof. Esko Kauppinen an der TU Helsinki, machte schon vor Jahren die Entdeckung, dass sich unter bestimmten Herstellungsbedingungen auch Fulleren-Moleküle bilden, die sich an die Röhrchen anlagern.

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Carbon Nanobuds: Fulleren-Moleküle auf einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen
Bild 1. „Carbon Nanobuds“: Fulleren-Moleküle auf einwandigen Kohlenstoff-Nanoröhrchen, wie Knospen auf einem Ast.
© Wikipedia

Eine nähere Untersuchung ergab, dass in einem solchen Hybridmaterial die positiven Eigenschaften von beiden Komponenten vereint sind: einerseits mechanische Festigkeit, andererseits hohe elektrische Leitfähigkeit. Weil diese neuartigen Gebilde aussehen wie Knospen an einem Ast (Bild 1), erhielten sie den Namen „Carbon Nanobuds“ (CNB).

Kauppinen gründete 2004 mit einigen Mitarbeitern die Firma Canatu Oy und intensivierte die Weiterentwicklung. Seit 2007 ist es gelungen, die Leitfähigkeit einer Schicht bei einer gegebenen Transparenz jedes Jahr zu verdoppeln. Mittlerweile hat die Firma 20 Mitarbeiter; seit 2012 läuft eine Pilotproduktion, und das CNB-Material wird weltweit verkauft. Über die Reaktionsparameter lassen sich die Dichte der Belegung mit Fullerenen und damit die elektrischen Eigenschaften gezielt einstellen. Das Verfahren ist durch über 150 Patente abgesichert. 2014 soll eine Großfertigung in Asien in Betrieb gehen. Die Herstellungskosten werden dann sehr schnell sinken.


  1. Ersatz für ITO in Sicht
  2. Besserer Kontrast als mit Indium

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