Flexibilität und Supply Chain Services

Wie der IC-Test auch in Europa klappt

16. Dezember 2022, 7:30 Uhr | Heinz Arnold
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Service-Dienstleistungen werden ausgebaut

Außerdem will das Unternehmen seine Service-Dienstleistungen ausbauen, insbesondere den Supply Chain Service. Schon heute bietet RoodMicrotec Turnkey-Dienstleistungen, angefangen beim Wafer-Test bis zum Supply-Chain-Projektmanagement und Endtest bis hin zur Fehleranalyse. »Wir führen selbst kein Package Assembly durch, können das aber über Partner für unsere Kunden organisieren, sodass sie alles aus einer Hand bekommen«, so Sallenhag. Sämtliche Dienstleistungen entsprechen den Qualitätsanforderungen der Medizintechnik und des industriellen Sektors sowie der High-Reliability- und der Luft- und Raumfahrt-Sektoren in Europa. »Wir wollen sämtliche High-Quality Services anbieten, um die Fertigung zuverlässiger Halbleiterkomponenten zu ermöglichen«, so Martin Sallenhag.

Deshalb führt RoodMicrotec nicht nur die Fehleranalyse der Komponenten durch, sondern kümmert sich auch um langfristige Verfügbarkeit von Komponenten: In Nördlingen befindet sich ein spezielles Lager, in denen die ICs 15 Jahre und mehr eingelagert werden können. Kunden, die den Service nutzen, erhalten jährlich Berichte über den physikalischen Zustand der eingelagerten Komponenten. Dazu werden Samples inspiziert, auch über zerstörende Verfahren; wenn gewünscht, werden die Komponenten auch elektrisch getestet.

de Koning Gans Jan
Jan de Koning Gans, Geschäftsführer von RoodMicrotec: »Im Bereich der Fehleranalyse haben wir über die vergangenen 30 Jahre einen umfangreichen Erfahrungsschatz aufgebaut und können die Fehlerursachen mithilfe der modernsten Maschinen ermitteln.«
© Componeers GmbH

Nach wie vor sieht Martin Sallenhag das Schreiben der Testprogramme als den entscheidenden Faktor für ein Testhaus an: »Es kommt vor allem darauf an, die Testzeit durch ausgefeilte Programme zu reduzieren.« Um diese Programme schreiben zu können, ist umfangreiches Datenmaterial erforderlich – und Daten konnte RoodMicrotec großen Mengen sammeln. »In Zusammenarbeit mit den Kunden können wir dann überlegen, wie wir zu kürzeren Testzeiten kommen oder ob ein bestimmter Test komplett gestrichen werden kann.« In diesem Zusammenhang käme es für RoodMircotec darauf an, möglichst früh, am besten schon zu Beginn des Design-Prozesses, miteinbezogen zu werden – Stichwort »Design for Testability«.

Doch wird in Europa nur ein kleiner Anteil an Chips gefertigt, ein noch kleinerer wird hier montiert und getestet – das passiert zumeist in Asien. Findet RoodMicrotec überhaupt genügend Kunden hierzulande, um prosperieren zu können? »Erstens überzeugen wir mit unseren Differenzierungsmerkmalen – europäischer Standort, hohe Flexibilität, Analysemöglichkeiten und weitere Dienstleistungen – zunehmend auch die großen IC-Hersteller in Europa, zweitens gibt es in Europa relativ viele Fabless-Hersteller, ihre Zahl wird oft unterschätzt«, antwortet Martin Sallenhag. Was er allerdings in seinem Umfeld sehr schade findet, ist die Tatsache, dass es in Europa im Bereich Package Assembly doch nur sehr wenige Hersteller gibt.

Das zu ändern hat sich unter anderem die SEMI (Semiconductor Equipment and Materials International) in Europa vorgenommen und dazu das Projekt »European Semiconductor integrated Package Assembly and Testing« (ESiPAT) ins Leben gerufen, an der sich auch RoodMicrotec beteiligt. »In diesem Sektor ist einiges geplant; jetzt käme es darauf an, die Projekte auch konkret durchzuführen«, sagt Martin Sallenhag. Dazu wurde ein Executive Committee der ESiPAT gebildet, an dem auch Jan de Koning Gans mitwirkt. »Wir müssen in Europa auf uns aufmerksam machen und zeigen, dass es nicht nur auf die Front-End-Fertigung ankommt, um die Souveränität in der Halbleiterfertigung zu erlangen.

Genauso gehört dazu, dass künftig auch ein signifikanter Teil der Package-Assembly- und Testindustrie in Europa vor Ort fertigt«, sagt Jan de Koning Gans. Dazu führt das Executive Committee regelmäßig Online Meetings mit Vertretern der europäischen Equipment-Herstellern, Dienstleister und Materialzulieferer durch, die im Sektor der Back-End-Fertigung arbeiten. Kontakte bestehen inzwischen auch zum imec in Leuven, das ebenfalls immer wieder in seinen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten die Bedeutung des Back End unterstreicht, genauso wie beispielsweise Cariad, die Software-Tochter von VW, die insbesondere darauf hinweist, das moderne Package-Assembly- und Test-Methoden für die Fertigung von ICs, die im Auto Einsatz finden, unerlässlich sind. »Das große Ziel besteht darin, dass dieser wichtige Bereich im European Chips Act nicht vernachlässigt wird, es kommt nicht nur auf die Front-End-Fertigung an«, erklärt de Koning Gans. »Wir wollen dazu die erforderlichen Impulse geben.« 
 

RoodMicrotec auf einen Blick
Das Unternehmen kann am Standort Nördlingen auf eine Geschichte von nicht weniger als 53 Jahre zurückblicken: 1969 wurde es dort als Testhaus von Signetics gegründet, eines damals amerikanischen Halbleiterherstellers, den 1975 Philips übernahm. Ab 1983 firmierte das Unternehmen nach einem Management Buyout unter SES Electronics. 1991 übernahm die niederländische Rood Testhouse SES. Nachdem Rood Testhouse 2008 die microtec GmbH in Stuttgart zukaufte, nannte sich das neu entstandene unternehmen ab 2010 RoodMicrotec.

Das Geschäftsjahr 2019 verlief für RoodMicrotec bei einem Umsatz von 13,2 Mio. Euro noch recht gut, dann schlug Corona zu und der Umsatz fiel auf 11,9 Mio. Euro. »Das zweite Quartal 2020 war schrecklich«, erinnert sich Martin Sallenhag. »Ab Mitte 2021 ging es aber schon wieder aufwärts.« 2021 konnte sich RoodMicrotec über einen Umsatzsprung um 22 Prozent auf 14,5 Mio. Euro und ein neues Rekordjahr freuen. Auch das erste Halbjahr 2022 hat sich sehr gut angelassen; wenn nichts Gravierendes dazwischenkommen sollte, rechnet Sallenhag mit einem Umsatzplus zwischen 6 und 8 Prozent für dieses Jahr.

Der größte Geschäftsbereich von RoodMicrotec ist der Test der Komponenten, sowohl für die Qualifizierung als auch der Produktionstest. Das Supply Chain Management kam auf einen Umsatzanteil von 23 Prozent; rund 22 Prozent trug die Fehleranalyse und Qualifikation zum Umsatz im vergangenen Jahr bei. Die wichtigsten Endmärkte sind für das Unternehmen Automotive mit 48 Prozent Umsatzanteil und die Industrie sowie Medizintechnik mit 43 Prozent Umsatzanteil.


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