Durch eine Kalibrierung wird festgestellt, wie genau ein Testgerät oder eine Testeinrichtung im Vergleich zu einem bekannten Bezugswert misst. Da Testabläufe immer komplexer werden, müssen sich auch die Kalibrierungsstrategien verändern.
Testingenieure erhalten durch das Kalibrieren die Gewissheit, dass nachfolgende Messungen ein akzeptables Maß an Genauigkeit aufweisen. Die verschiedenen Herausforderungen moderner Kalibrierungsstrategien liegen auf technischer oder operativer Ebene. Beide Bereiche sind abzudecken, um eine wirklich effiziente Kalibrierung zu gewährleisten.
Die Weiterentwicklung bei Messgeräten hat Auswirkungen auf die Kalibrierung. Der Dynamikbereich bei Testgeräten für die drahtlose Kommunikationstechnik zum Beispiel nimmt stark zu: Der Pegel des Grundrauschens erreicht heute regelmäßig 130 dBC. Auch das Phasenrauschen muss berücksichtigt werden, da es heute einen größeren Anteil am Gesamtrauschen einnimmt. Da Mobilfunk-Basisstationen zunehmend auch mit niedrigeren Leistungsbudgets betrieben werden sollen, müssen die entsprechenden Testgeräte auch eine schlechtere Signalintegrität handhaben. Und obwohl neuere Geräte längere Zeiträume bis zur nächsten Kalibrierung erlauben, besteht das Verlangen nach kürzeren Kalibrierungszyklen - nicht seitens der Hersteller, sondern durch Service-Vereinbarungen mit dem Endkunden.
Dabei muss entschieden werden, ob die Kalibrierung über den Gerätehersteller oder bei Kalibrierstellen erfolgen soll. Hersteller können hier das gesamte technische Verständnis ihrer Produkte vorweisen. In einem Unternehmen, das Geräte verschiedener Hersteller betreut, kann der Verwaltungsaufwand dagegen ziemlich hoch sein. In einigen Fällen kann dann bezüglich der Kosten keine vollständige Transparenz gewährleistet werden. Die Zusammenarbeit mit einer Kalibrierungsstelle könnte eine bequeme Alternative sein. Von Anfang an muss dabei jedoch klar sein, dass viele Kalibrierungsstellen von allgemeiner Funktion sind und mit der Hauptanwendung der einzelnen Testgeräte nicht viel zu tun haben. Wird dieser Weg trotzdem eingeschlagen, ist die nächste Frage, ob eine akkreditierte oder nicht akkreditierte Kalibrierungsstelle genutzt werden soll.
Ist Akkreditierung wichtig?
Akkreditierte Kalibrierungsstellen sind zum Beispiel über den UK Accreditation Service zugelassen und bieten das erforderliche technische Know-how, die Messungen fachgerecht durchzuführen. Fälschlicherweise wird angenommen, dass die Wahl einer akkreditieren Kalibrierungsstelle besser ist. Eine solche Stelle kann tatsächlich nur die Messparameter einer Kalibrierung durchführen, für die sie auch akkreditiert ist. Eine Kalibrierstelle ohne Akkreditierung kann unter bestimmten Umständen einen gleich guten Service bieten, wenn eine akkreditierte Kalibrierungsstelle zum Beispiel nicht die bestimmten Parameter bietet, die ein Kunde benötigt. Bevor man sich für eine Kalibrierungsstelle entscheidet, sollte eine vollständige Prüfung vorgenommen werden. Dabei werden das technische Know-how und die Prüfeinrichtungen, die zur Kalibrierung herangezogen werden, genau untersucht.
Kunden verlangen oft eine Kalibrierung nach der ursprünglichen Spezifikation des Geräteherstellers. Dabei ist jedoch zu beachten, dass möglicherweise nicht alle Kalibrierungsanforderungen einer bestimmten Anwendung abgedeckt werden und eine zusätzliche Kalibrierung erforderlich ist. Wenn ein Kunde eine Kalibrierung nach der Originalspezifikation des Herstellers wünscht, sollte die Kalibrierungsstelle den Kunden über die Parameter informieren, die nicht gemessen beziehungsweise kalibriert werden können, da sie die Kapazitäten dafür nicht bietet.
In großen Unternehmen mit einer Vielzahl an Einrichtungen und Geräten, ist es schwierig, die Kalibrierung aller Geräte im Blick zu behalten. Hier kann es vorkommen, dass verschiedene Geräte von unterschiedlichen Herstellern kalibriert werden. Dabei müssen die Unternehmen entweder mit den Geräteherstellern direkt in Kontakt treten, oder sie wenden sich an spezielle Kalibrierungsstellen, die sich auf die jeweiligen Geräte spezialisiert haben. Sowohl bei den Geräteherstellern als auch bei den Kalibrierungsstellen können die Abläufe sehr unterschiedlich sein. Dies trifft auf die Bearbeitungszeiten, Kostenmodelle (einige berechnen z.B. Transport- oder Zertifizierungskosten, bei anderen sind diese bereits enthalten) und unterschiedliche Standards zu, die erfüllt werden müssen. Hinzu kommt, dass die Ausfallzeit entsprechend überbrückt werden muss und nicht allzu große Nachteile im Betrieb oder sogar Umsatzausfälle auftreten. Zeit und Ressourcen müssen bereitgestellt werden, um auf dem neuesten Stand zu bleiben und den erforderlichen Papierkram zu erledigen.
Es gibt also klare Vorteile für Unternehmen, wenn Zugriff auf eine Art Verwaltungssoftware für den Kalibrierungssupport besteht. Die Entwicklung eigener Software wäre dabei kaum sinnvoll. Es muss ein geeigneter Kalibrierungsdienstleister gefunden werden, über den sich ein solches Softwarepaket optimal einsetzen lässt. Mithilfe dieser Art von Software ist es möglich, Kalibrierungszertifikate online zu speichern, damit sie nicht verlegt werden oder verloren gehen. Regelmäßige Berichte oder Meldungen können erfolgen, wenn eine Kalibrierung erforderlich ist, und Informationen stehen bereit, wenn die Kalibrierung
abgeschlossen ist und die Geräte wieder einsatzfähig sind.
Entscheidungen über einen Kalibrierungsdienst werden meist aus Kostengründen getroffen. Die Verantwortung liegt dabei allein in den Händen des Einkaufs. Die Entwicklungsabteilung wird dabei eher selten mit einbezogen. In vielen Fällen wirkt sich dies nachteilig auf einen effizienten Gesamtbetrieb aus, denn daraus entsteht eine Kalibrierungsstrategie, die überwiegend reaktiv als vorausschauend ist, was irgendwann zu Problemen führt. Durch die Zusammenarbeit mit einem Kalibrierungsdienstleister ist es möglich, die verschiedenen Verwaltungsaufgaben rund um das Kalibrierungsmanagement auszulagern. Einige Dienstleister bieten sogar Ersatzgeräte, während sich die eigentlichen Geräte in der Kalibrierung befinden. Ausfälle erübrigen sich damit.
Über den Autor:
Reinier Truer ist Marketing & Inventory Director bei Livingston.