Der chinesische Messtechnik-Hersteller Rigol Technologies hat im Herbst vergangenen Jahres seine Europazentrale in Puchheim bei München eröffnet. Von dort aus will das Unternehmen im deutschen und europäischen Oszilloskop- und Hochfrequenzmesstechnik-Markt Fuß fassen. Wir sprachen mit Wolfgang Bartels, Geschäftsführer der neu gegründeten Rigol Technologies EU GmbH über die Strategien und Marktchancen des Unternehmens.
Markt&Technik: Welche Beweggründe gab es für Rigol, eine eigene Niederlassung in Europa zu eröffnen?
Wolfgang Bartels: Während Rigol in Asien, besonders in China, bereits bestens im Messtechnik-Markt etabliert ist, ist das Unternehmen in Europa noch relativ unbekannt. Dennoch sieht das Rigol-Management in Europa ein großes Marktpotential. Um dieses zu adressieren, muss man sowohl den Markt als auch den Bedarf verstehen und vor allem nahe am Kunden sein. Dazu ist ein direkter Kontakt im Land unerlässlich. Erste Erfahrungen mit einer Präsenz außerhalb Asiens hat Rigol bereits in den USA gesammelt: Dort wurde vor knapp drei Jahren ein eigenes Büro eröffnet. Die Zielsetzung war die gleiche, die man sich jetzt für Europa setzt - und der Markteintritt in den USA ist sehr erfolgreich verlaufen.
Warum hat man sich für Deutschland als Standort entschieden?
Zum einen liegt Deutschland zentral in Europa, zum anderen ist hier ein wichtiger potentieller Markt für Rigol. Zum Beispiel stellen die deutschen Forschungs- und Entwicklungsinstitute sowie die zahlreichen Universitäten großes Potential dar. Hier liegt im ersten Ansatz die wichtigste Zielgruppe von Rigol. Im zweiten Schritt wollen wir weitere Industriemärkte ansprechen, wie etwa Automotive und Automatisierung mit ihren Qualitäts- und Testlaboren.
Wie sieht Ihr Vertriebskonzept in Europa – und speziell in Deutschland - aus?
Wir vertreiben unsere Produkte derzeit ausschließlich über Distributoren. Das soll zumindest mittelfristig auch so bleiben. Wir wollen die strategische Zusammenarbeit mit unseren Distributoren weiter vorantreiben und zudem neue Vertriebspartner finden. Dabei streuen wir aber nicht in die Breite, sondern wir konzentrieren uns auf einige wenige ausgesuchte Partner. Darüber hinaus planen wir natürlich die Teilnahme an Messen und die Ausrichtung von Roadshows.
Mit dem Namen Rigol verbindet man in erster Linie Oszilloskope, obwohl Sie auch Spektrumanalysatoren, Funktions- und Signalgeneratoren, Multimeter und Power Supplies herstellen. Vertreiben Sie auch diese Produkte in Deutschland?
Ja, unsere Distributoren können das gesamte Portfolio anbieten. Leider geht das ganze Know-how bei der starken Fokussierung auf die Oszilloskope ein wenig unter. Dabei brauchen wir uns auch mit den anderen Produkten nicht zu verstecken; vor allem unsere Funktionsgeneratoren warten mit überaus interessanten Funktionen auf. In diesem Bereich bieten wir die breiteste Palette aller Hersteller an, weisen die die größte Speichertiefe auf und punkten darüber hinaus auch noch mit günstigen Preisen.
Bislang kommen Oszilloskope von Rigol meist in semi-professionellen Anwendungen zum Einsatz. Soll es diesbezüglich eine Neuorientierung geben?
Nun, auch im semi-professionellen Bereich liegt Potential. Entsprechend werden wir dieses Segment weiter ausbauen. Darüber hinaus wollen wir künftig auch im professionellen Test- und Messtechnikmarkt qualitativ hochwertige Produkte zu bezahlbaren Preisen anbieten. Vor allem in Deutschland wird der Mid- und High-end-Bereich immer wichtiger – wobei wir die Mittelklasse bei etwa 100 bis 500 MHz sehen, die High-end-Klasse bei 1 GHz. Hier wollen wir uns ebenfalls etablieren.
Wie revidiert man ein solches »Hobby-Image«?
Kunden – sei es privat, in der Forschung, Entwicklung oder Ausbildung -, die bereits ein Gerät von uns haben, wissen, dass die Qualität sehr gut und die Fehlerrate gering ist. Ich habe die Fertigung in China persönlich gesehen und muss sagen, dass das alles sehr überzeugend aussah. Dass ich es gesehen habe, reicht aber nicht, man muss diese Überzeugung auch in der Außenwirkung zum Kunden transportieren – vor allem zu Neukunden. Das macht man am besten über Applikationen, Innovationen und über Support. Und man muss bekannt machen, dass Rigol viele Patente besitzt und diese neuen Technologien auch in seine Geräte integriert.
Ist es mit rein verbaler Überzeugungsarbeit getan?
Wo das nicht ausreicht, geben wir die Geräte auch gerne kostenlos zum Testen raus. Dann können sich die Kunden selber von der Qualität überzeugen. Wir müssen zunächst einmal das Vertrauen der Kunden gewinnen. Das ist noch ein gutes Stück Arbeit, aber wir sind überzeugt von der Qualität unserer Produkte. Insofern wird es uns gelingen, da bin ich mir sicher.