JTAG-Testintegrität

Den Signalen auf der Spur

21. März 2018, 9:47 Uhr | Stephen Love, CTO bei XJTAG
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Fragerunde mit Stephen Love - JTAG-Basics

DESIGN&ELEKTRONIK: Das JTAG-Interface kann zum Test, Prozessordebugging und zur direkten Programmierung genutzt werden. Weshalb wird es heutzutage dennoch viel zu wenig eingesetzt?

Stephen Love: Nicht jeder ist mit JTAG vertraut und nicht jeder, der schon mal Erfahrungen damit gemacht hat, weiß alles darüber. Wir wenden viel Zeit darauf, den Markt über die Vorteile von JTAG (einschließlich unentgeltlicher eintägiger Workshops) zu informieren, weil die meisten entweder nicht genug darüber wissen oder JTAG lediglich für einen Zweck verwenden, typischerweise für CPU-Debugging.

Wenn ein Projekt einen kurzen Entwicklungszyklus hat, kann die Testbarkeit leicht übersehen werden. Ingenieure haben oft nicht die Zeit, sich mit jeder einzelnen Lösungsmöglichkeit auseinander zu setzen. Deshalb bietet XJTAG unentgeltliche Testversion und Board-Setup, ohne jegliche Kaufverpflichtung. Auf diesem Weg können Ingenieure den JTAG-Test auf ihrer eigenen Leiterplatte ausprobieren und haben vom ersten Tag eine valide Lösung zur Verfügung.

D&E: Wie leistet JTAG hardwareunabhängige Abstraktion eines Systems? Weshalb sind 4/5-Signale dazu besonders effektiv? Benötige ich eine Firmware?

SL: JTAG wird aktiv angesteuert - benötigt jedoch keine Firmware. Die Pins von JTAG-Komponenten (Prozessoren, CPLDs, FPGAs etc.) werden vom JTAG-Boundary-Scan-Testsystem gesteuert, das auf einem separaten PC läuft und die Pins werden als virtuelle Testpunkte auf der Leiterplatte verwendet. Der Gerätetyp oder die Kernarchitektur sind für das Testen irrelevant und Firmware ist unnötig, da das Testsystem über die Kontrolle verfügt.

Der Vorteil einer 4/5-Pin-JTAG-Schnittstelle besteht darin, dass anstatt Dutzende oder Hunderte Testpunkte auf der Leiterplatte platzieren zu müssen, die Komponenten-Pins als virtuelle Testpunkte verwendet werden können und das allein ausgehend von dieser einzelnen 4/5-Pin-Verbindung. Da der Platz für Testpunkte oft begrenzt ist, kann dies ein sehr großer Vorteil sein. In Fällen, in denen Pins nicht direkt geprüft werden können (z. B. BGAs), ermöglicht JTAG Zugang zu Pins, auf die sonst nicht zugegriffen werden kann.

Da JTAG-Komponenten im Allgemeinen die zentralen Komponenten auf einer Leiterplatte sind, ermöglicht die Kontrolle der Anschlüsse dieser Vorrichtungen wiederum den Zugriff auf viele Nicht-JTAG-Komponenten auf der Leiterplatte, die so ebenfalls getestet und programmiert werden können.

D&E: Bei Testmethoden stellt sich generell die Frage nach ihrer Aussagekräftigkeit. In welchen formalen Kriterien würden Sie die Aussagekraft von Tests auf Schaltungsniveau unterteilen?

SL: Ich denke, geeignet dazu sind die Fragen Was bedeutet es, wenn meine Tests bestanden werden? und Wie steht das JTAG-Testen im Vergleich zu anderen Technologien? - Verschiedene Technologien bieten unterschiedliche Maßnahmen, was immer ein Problem für den Nutzer darstellt. Ingenieure sind im Allgemeinen mit Nagelbrett- und Flying-Probe-ICT-Tests vertraut, JTAG-Tests sind diesen Technologien im Wesentlichen ähnlich. JTAG-Tests werden daher wahrscheinlich am ähnlichsten mit ICT-Tests hinsichtlich ihrer Fähigkeiten und ihres Zugriffs verstanden - obwohl JTAG-Tests mit Strom versorgt werden und somit die Funktionalität der Leiterplatte nutzen können, um Tests über einfache Kurztests hinaus zu erweitern.

Die Verwendung der JTAG-Pins als virtuelle Testpunkte reduziert den Bedarf an physikalischen Testpunkten erheblich, was den Testzugang zu kompakten Leiterplatten verbessert und auch die Kosten von Testvorrichtungen verringert. Obwohl JTAG die Korrektheit digitaler Komponenten und das Vorhandensein vieler Widerstände prüfen kann, appliziert es jedoch nicht direkt analoge Messungen, beispielsweise von Widerstandswerten. Wie beim ICT-Test gibt es beim JTAG-Test keinerlei Informationen über Lötqualität oder Komponentenausrichtung. Viele Unternehmen entscheiden sich daher, die Stärken von JTAG mit anderen Testvorrichtungen wie Flying Probe, Nagelbett-ICT-Maschinen, AOI, Funktionstestern und verschiedenen anderen Anbietern zu kombinieren, um die auf einer Leiterplatte durchgeführten Tests zu optimieren. Jede Testmethode hat Stärken und Schwächen. Daher sollten idealerweise komplementäre Methoden verwendet werden, die zu Anwendung und Budget passen.

Es soll an dieser Stelle jedoch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass einer der Vorteile von JTAG darin liegt, dass seine Anwendung nicht auf das Werk beschränkt ist - die erforderliche Ausrüstung ist kompakt und die Kosten sind gering genug, dass Produkte wie XJDeveloper, die Testentwicklungsumgebung von XJTAG, für den Einsatz im Büro, Labor oder auch auf der Fertigungsstrecke in Betracht gezogen werden können.

D&E: JTAG ragt im Laboreinsatz durch einfachen Zugang heraus? Hat man nicht generell immer ein Problem in Platinenkontaktierung? Wie anfällig ist die Testperformanz für steigende Integrationsdichte? Welche Fehler kann man in der Kontaktierung begehen?

SL: Sonden bedienen sich der gleichen Technologie wie Nagelbett-Tester und die Einschränkungen, die sie mit sich bringen, sind bekannt. Wenn jedoch die JTAG-Signale angeschlossen werden, bedarf es nur des Anschlusses einer kleinen Anzahl von Sonden. Die Reduzierung der Testpunkte durch die Verwendung von JTAG-Tests macht Testvorrichtungen kosteneffizient, einfach und somit zuverlässig.

Viele Kunden verwenden keine Sonden, sie verwenden jedoch einen Connector - egal, ob es sich um einen Tag-Connect-Connector oder einen Box-Header handelt.

Es gibt Komponenten, bei denen selbst für diese geringe Anzahl von Verbindungen der Platz schwer zu finden ist. Aus diesem Grund wurden 2-Signal-Versionen von JTAG entwickelt und man wird in den nächsten Jahren weitere Komponenten sehen, die diesen Markteintritt unterstützen.

Im Allgemeinen kann Platz für fünf Signale gefunden werden, die an das Board angeschlossen werden, weil sie Dutzende oder gar Hunderte von Testpunkten an anderer Stelle auf dem Board einsparen.

Was die Erhöhung der Komponentendichte anbelangt - JTAG wurde speziell für diesen Fall entwickelt und bewältigt die Problematik besser als jede der konkurrierenden Testtechnologien. Die Testzeiten steigen sobald ein Board komplexer wird, aber sie bleiben kurz und steigen im Allgemeinen deutlich langsamer als die Größe der Leiterplatte.

D&E: Wie früh sollte man die Testbarkeit im Entwicklungsfluss neuer Produkte berücksichtigen? Kann man diese auf formale Kriterien reduzieren? Gibt es einen Konflikt mit Time-to-Market?

SL: Testbarkeit sollte fester Bestandteil der Designkriterien sein und Testmöglichkeiten müssen von Anfang an berücksichtigt werden!

Die Empfehlung von XJTAG lautet, dass Tests neben anderen Designregeln als gleichwertige Anforderung eingestuft werden sollten. Bei Designregeln sollte es nicht ausschliesslich darum gehen, die Produktion zuverlässig zu machen (Abstände, Pad-Größen etc.), sie können auch dazu dienen, das Design testbar zu machen. Diese Überlegungen sollten die Komponentenauswahl, das Schaltplandesign, das Platinenlayout usw. in jeder Phase beeinflussen. Wenn nicht vorher überlegt wird, wie eine Platine getestet werden kann, ist ein Projekt schon früh zum Scheitern verurteilt.

Was die Markteinführungszeit anbelangt: Das Wissen, dass ein Board testbar ist, verbessert die Vorhersagbarkeit und verringert auch die Wahrscheinlichkeit der Verspätung eines Projekt aufgrund langer Debugging-Zeiten, unnötiger Überarbeitung von Boards und möglicherweise der Notwendigkeit eines Respins zur Verbesserung der Testbarkeit für die Produktion.


  1. Den Signalen auf der Spur
  2. Minimierung der Schleifenfläche I
  3. Minimierung der Schleifenfläche II
  4. Fragerunde mit Stephen Love - JTAG-Basics
  5. Fragerunde mit Stephen Love - JTAG-Testdesign

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