Misstrauische IT

2. Februar 2012, 14:51 Uhr | Marcel Consée

Betrachtet man staatliche IT-Projekte in Deutschland, so ist es tatsächlich erstaunlich, dass dieses Land überhaupt funktioniert. Paradebeispiel dafür ist die berüchtigte »elektronische Gesundheitskarte« (eGK). Nachdem sich das ursprünglich für 2006 geplante Projekt immer wieder verzögerte, soll die Karte heuer im Hauruck-Verfahren eingeführt werden, allerdings wurden die meisten bekannten Probleme nicht beseitigt.

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Dazu zählen technische Herausforderungen, etwa Datensicherheit, sowie die Akzeptanz bei Ärzten und Patienten. Bis zu einem gewissen Grad stehen beide Problemfelder in Zusammenhang. So ist es nicht gerade vertrauensbildend, wenn etwas Simples wie das Erstellen einer Datensicherung mit unzumutbaren Hürden verbunden ist. Damit die eigenen Daten im Zweifelsfall nicht unrettbar verloren sind, müsste der Patient vor der Kartenproduktion einen Treuhänder-Dienstleister konsultieren und ihn mit dem Backup beauftragen. Da das System zwar schnell eingeführt werden soll, aber das zugrundeliegende Konzept bestenfalls im Betastadium ist, konnte die Bundesärztekammer auf die Schnelle eine zweite Möglichkeit entwickeln, bei der sich die Zahl der zu merkenden PIN-Codes vervielfacht. Grundproblem ist ein Ansatz des Misstrauens gegenüber dem Patienten: Er darf nämlich die eigenen (Notfall-)Daten nicht einsehen. Das dürfen nur der Arzt, der den Datensatz erstellt, und im Notfall der Rettungsdienst.

Ganz neu ist die Idee des IT-Branchenverbandes Bitkom, die X.509-Schlüssel nicht auf der Karte zu speichern, sondern die aufpreispflichtige »qualifizierte elektronische Signatur« des neuen Personalausweises zu nutzen. Abgesehen davon, dass eine solche Änderung die Einführung der eGK vermutlich weiter hinausschieben dürfte, hat nicht jeder diese Signatur. Darüber, wie die Kosten zu rechtfertigen wären, macht man sich beim Bitkom keine Gedanken, ebensowenig denken Gesundheitspolitiker noch Krankenkassen darüber nach, wie Patienten aller Alters-, Bildungs- und Gesellschaftsschichten mit dem enorm komplizierten Konstrukt der eGK zurechtkommen sollen.


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