Das Thema Hygiene in der ambulanten Pflege hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Aufgrund der gestiegenen Lebenserwartung nimmt die Anzahl der schwer und mehrfach erkrankten Pflegebedürftigen zu. Gerade für diese Gruppe mit erhöhtem Infektionsrisiko ist Hygiene besonders bedeutsam.
Ambulante Pflegedienste sind eine tragende Säule in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Von den derzeit rund 1,9 Millionen pflegebedürftigen Menschen in Deutschland, die zu Hause leben, wird rund ein Drittel (616.000) mithilfe eines ambulanten Pflegedienstes versorgt – vielfach im Zusammenspiel mit den Angehörigen.
Bei Menschen, die mit Kathetern versorgt werden, die ein geschwächtes Immunsystem oder Wunden haben, besteht ein erhöhtes Risiko, dass sich Bakterien schnell im Körper ausbreiten. Dies kann zu schweren Komplikationen führen wie Atem- und Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen und Sepsis. Infektionen lassen sich mit Antibiotika-Medikamenten – von denen es nur eine begrenzte Anzahl gibt – eigentlich gut behandeln. Allerdings haben mehrere Erreger bereits Resistenzen gegen einzelne dieser Medikamente entwickelt. Das bedeutet, die Erreger lassen sich nicht mehr mit diesem speziellen Wirkstoff erfolgreich bekämpfen.
Ambulante Resistenzen
Problemkeime wie multiresistente Erreger, gegen die Antibiotika häufig nicht wirken, können besonders für gesundheitlich geschwächte Menschen gefährlich werden. Über die Hälfte aller ambulanten Pflegedienste in Deutschland (57 Prozent) haben im vergangenen Jahr Menschen versorgt, bei denen dokumentiert war, dass sie mit einem solchen Erreger besiedelt waren. Soweit bekannt, kamen ambulante Dienste am häufigsten in Kontakt mit den drei Erregergruppen MRSA (zu 95 Prozent), ESBL-Bildner (zu 25 Prozent) und 3-MRGN/4-MRGN (zu 18 Prozent).
Auch der Durchfallerreger Clostridium difficile machte Pflegebedürftigen nicht selten zu schaffen (18 Prozent). Diese Zahlen gehen aus einer deutschlandweiten Umfrage der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) unter 400 Leitungskräften von ambulanten Pflegediensten hervor. Unter den befragten Pflegedienstleitungen gibt zudem jeder Vierte an (27 Prozent), dass die Mehrheit der Mitarbeiter Angst davor habe, sich mit einem Problemkeim zu infizieren.
»Wir müssen im Gesundheitssystem die häusliche Pflege als relevantes Feld im Kampf gegen multiresistente Keime stärker wahrnehmen«, fordert daher Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP. »Zu den Risiken und dem richtigen Umgang mit solchen Infektionen im häuslichen Versorgungsumfeld müssen Angehörige und Profis gezielter aufgeklärt werden.«
Die ZQP-Studie zeigt auch, dass Hygienefragen generell alle an der häuslichen Pflege beteiligten Gruppen vor große Herausforderungen stellen. Aus Sicht der ambulanten Dienste ist fehlendes Wissen von pflegenden Angehörigen ein zentrales Problem. Drei Viertel der befragten Pflegedienstleitungen gaben an (76 Prozent), dass dies die Umsetzung der fachlichen und gesetzlichen Hygienestandards bedeutend erschwere.