Wenn bei einem »Pflegefall« mehrere Institutionen, Ärzte und Ansprechpartner ins Spiel kommen, wird es sehr schnell unübersichtlich. Ein dezentrales Pflegemanagementsystem soll die Abläufe beschleunigen und transparenter gestalten.
Barbara Steffens, die Nordrhein-Westfälische Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, schaute sich jetzt im Evangelischen Altenzentrum Cronenbergerstraße in Solingen an, wie das EDV-gestützte Pflegemanagement in der integrierten Versorgung im Ärztenetz »solimed«, funktioniert. Vorgestellt wurde die intersektorale Vernetzung im Live-Betrieb. Dr. med. Stephan Kochen, federführender ärztlicher Leiter von solimed, erklärte der Ministerin, wie die Beteiligten elektronisch miteinander Daten austauschen können. Am Beispiel der fiktiven Patientin Gisela Meier wurde der Ablauf als Live-Präsentation mit drei Beamern dargestellt. Die Patientin wird, wie viele echte Patienten, vom ambulanten Pflegedienst betreut, ist teilweise in Kurzzeitpflege im Evangelischen Altencentrum Cronenbergerstraße und muss zu einer stationären Behandlung in ein Krankenhaus. Betreuender Hausarzt ist Dr. Kochen.
Zum elektronischen Datenaustausch nutzen alle Beteiligten »x.comdoxx« vom Praxissoftwarehersteller medatixx als Vernetzungssoftware.
»Der Vorteil ist: x.comdoxx hat eine offene Schnittstelle, an die wir sowohl die Software des ambulanten Pflegedienstes wie auch die des Pflegeheims, des Krankenhauses und der niedergelassenen Ärzte ankoppeln können«, erläutert Carsten Voss von Arztsysteme Rheinland, der als EDV-Experte das solimed-Netz seit vielen Jahren betreut.
Zunächst wurde festgelegt, welche Daten ausgetauscht werden sollen. Die Partner des solimed-Projektes Pflegemanagement entschieden sich für Diagnosen, Medikation, Allergien und (Medikamente)-Unverträglichkeiten. Besucht ein Patient zum ersten Mal eine solimed-Hausarztpraxis, kann er sein schriftliches Einverständnis geben, dass der behandelnde Arzt ein für den Patienten individuelles Patientennetz initiiert. Anschließend kann jeder weitere an der Behandlung beteiligte Akteur (ärztlich oder pflegerisch) dem Patientennetz durch seine gewohnte Software beitreten. Im Anschluss können sie die vereinbarten Daten und Informationen untereinander automatisiert austauschen. Die Daten werden laut Voss dezentral vorgehalten. Es gibt also keinen zentralen Server, sondern neue Karteikarteneinträge eines Netzpatienten werden direkt in die Systeme der Netzpartner überspielt.
Bei der Präsentation trug Dr. Kochen in seiner Praxissoftware »x.isynet« Anamnese, Befund, Diagnose und Verordnungen für die Patientin Meier ein. Nach einem Pufferzeitraum wurden diese Informationen via x.comdoxx automatisch in die Softwaresysteme des Pflegeheims und des ambulanten Pflegedienstes eingespielt.
»So wissen das Pflegeheim und der ambulante Pflegedienst zeitnah, wie der aktuelle Gesundheitsstatus der Patientin aussieht«, erklärt Kochen. Er selbst wiederum sieht in seiner Praxis-EDV, wenn die Pflegefachkraft des ambulanten Pflegedienstes in ihr mobiles Endgerät oder das Pflegeheim in die Heimsoftware entsprechende Einträge eingeben. Ebenso wurde vorgeführt, wie der ambulante Pflegedienst per x.comdoxx in der Arztpraxis ein Rezept anfordert. Diese zeitnahe Information an alle Behandler eines Patienten auch bei Pflegeeinrichtungen sorgt für eine optimale Betreuung.
»Die Ministerin war wirklich beeindruckt von dem, was wir in unserem Forschungsprojekt mit Hilfe der Förderung des Landes und der EU auf die Beine gestellt haben«, freut sich Mark Kuypers, Geschäftsführer von solimed. Carsten Voss vom EDV-Partner Arztsysteme Rheinland glaubt, dass »es sonst eigentlich nirgendwo in Deutschland ein vergleichbares Projekt gibt, das auch wirklich läuft«. Für Praxissoftwarehersteller medatixx, dessen Praxissystem x.isynet in allen solimed-Praxen läuft und dessen Vernetzungssoftware x.comdoxx die technologische Basis für den intersektoralen, dezentralen Datenaustausch bei solimed ist, war der Besuch der Ministerin »eine schöne Bestätigung für das große Engagement aller Projektbeteiligten«, wie medatixx-Geschäftsführer Jens Naumann betont. Er freue sich darüber, dass auf diese Weise »Kreativität, Durchhaltevermögen und Entwicklergeist bei den solimed-Projektpartnern und auch bei Arztsysteme Rheinland gewürdigt wurden«.
Partner im solimed-Projekt Pflegemanagement sind das Evangelische Altencentrum Cronenbergerstraße, die katholische Senioreneinrichtung Kplus, das Seniorenzentrum Bethanien und Bethanien Mobil, das Medicus Pflegeteam, das Krankenhaus Bethanien, die St. Lukas Klinik, sowie die Universität Wuppertal – Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health und die BARMER GEK. Assoziierte Partner sind das Städtische Klinikum Solingen und die AOK Rheinland/Hamburg. Im Arztnetz »solimed – Unternehmen Gesundheit« sind 70 Haus- und Fachärzte sowie die drei Solinger Kliniken bereits seit 2008 mit ihrer EDV untereinander vernetzt und nutzen mit insgesamt 25.000 Netzpatienten Deutschlands größte elektronische Patientenakte zur regionalen sektorenübergreifenden Versorgung.