Strategien gegen Mehrwegeschwund

Simultan Empfangen mit UHF-Dreiband-Receiver-IC

11. April 2019, 14:14 Uhr | Von Dr. Heinrich Milosiu
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Verbesserte RSSI-basierte Ortsschätzung

Die Messreihen zeigen, wie sehr die UHF-Empfangspegel schwanken können, wenn keine Diversität angewandt wird. Abstandsschätzungen auf Basis des RSSI (Received Signal Strength Indicator) sind daher äußerst ungenau. Werden jedoch bis zu drei lizenzfreie Frequenzbänder benutzt, gelingt die Ortsschätzung viel besser. Die Pegelschwankung kann für MSC-Diversity mit ±4 dB (Bild 7) angegeben werden.

Gibt es günstige Dreiband-Receiver-ICs?

Am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS wurde ein Funkempfänger-IC entwickelt für den gleichzeitigen Datenempfang auf drei Frequenzbändern: 433 MHz, 868 MHz und 2,4 GHz. Interessanterweise ist die aktive Stromaufnahme für den Dreiband-Empfang unterhalb 9 µA bei 1,5 V Betriebsspannung. Eine billige Knopfzelle AG13 mit 140 mAh kann den Empfänger-IC, RFicient Basic genannt (siehe Kasten-Bild: Dreiband-Empfänger-IC), bis zu fünf Jahre nonstop versorgen. Die Reaktionszeit auf ankommende Funktelegramme beträgt 30,5 ms in der Standardkonfiguration. Für zeitkritische Anwendungen kann die Reaktionszeit auf 1,0 ms reduziert werden. Drei eigenständige Empfängerzweige verarbeiten und decodieren die ankommenden Funktelegramme und legen die Daten in separaten Speicherbereichen ab.

Kasten: Dreiband-Empfänger-IC
Kasten: Dreiband-Empfänger-IC
© Fraunhofer IIS

Jeder Funkempfänger kann über seine 16-bit-ID selektiv angesprochen werden. Damit kann die Stromaufnahme sehr niedrig bleiben, weil nur die angesprochenen Funkempfänger auf ankommende Funkdaten reagieren. Verschiedene Möglichkeiten zur Interrupt-Generierung sind von außen via SPI einstellbar. Am Empfänger-IC angeschlossene elektronische Komponenten können gezielt abgeschaltet oder in Tiefschlaf-Modi versetzt werden (Bild 8).

Blockschaltung des RFicient-Basic-Receiver-ICs mit den drei parallelen Empfängerschaltungen für 433 MHz, 868 MHz und 2,4 GHz
Bild 8. Blockschaltung des RFicient-Basic-Receiver-ICs mit den drei parallelen Empfängerschaltungen für 433 MHz, 868 MHz und 2,4 GHz.
© Fraunhofer IIS

Für den Betrieb des Empfänger-ICs wird noch ein externes 32,768-kHz-Taktsignal aus einem Uhrenquarzoszillator benötigt. Der RFicient-Basic-Empfänger kann als Einband-, Zweiband- oder Dreiband-Empfänger konfiguriert werden. Die Nutzdatenrate beträgt 1 kbit/s (netto).

Um die Störsicherheit zu erhöhen, werden die Nutzdaten mit speziellen Korrelationsfolgen gespreizt und dann gesendet. Eine FEC-Decodierung der Funksignale ist integrierter Bestandteil des Empfänger-ICs. Die Stromaufnahme für den Einband-Empfang beträgt 2,5 µA bei 1,5 V. Für alle drei Bänder liegt die Empfängerempfindlichkeit bei –80 dBm. Gefertigt wird der Empfänger-IC in einer 130-nm-CMOS-Technik und in einem QFN16-SMD-Gehäuse (3 mm × 3 mm) ausgeliefert. Muster können bereits geliefert werden, die Serienproduktion wird aktuell vorbereitet.

Der RFicient-Basic-Empfänger-IC erlaubt drei Betriebsweisen mit Frequenzdiversität:

  • Im ersten Fall arbeitet der Empfänger im Einband-Betrieb mit einer auf die Bandmitte eingestellten Lokaloszillatorfrequenz. Dann werden gleichzeitig Funksignale sowohl bei 2,401 GHz und bei 2,483 GHz empfangen. Durch die Verwendung von Korrelationsfolgen zur FEC-Codierung gelingt eine Unterscheidung von ankommenden Funkdaten von anderen Funksignalen leicht. Darüber hinaus wird mit der 16-bit-ID gezielt adressiert. Ist der Empfang eines der Datenpakete aufgrund von Fading fehlgeschlagen, ist der Empfang auf der anderen Frequenz mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich.
  • Erfolgt die Aussendung der Funksignale am Sender simultan auf mehreren Bändern, werden die ankommenden Funkdaten separat und gleichzeitig im Empfänger-IC gespeichert. Diese Dreiband-Simultan-Variante erlaubt die schnellste Datenübertragung. Der Empfänger-IC benötigt dann etwa 9 µA.
  • Alternativ kann der Sender die Nachrichten auch sequenziell aussenden. Dann muss der Empfänger-IC jeweils nur im Einband-Modus arbeiten. Ein angeschlossener Mikrocontroller schaltet das Frequenzband im Empfänger-IC mit einem SPI-Registerzugriff jeweils weiter. In diesem Fall ist die Empfängerstromaufnahme nur noch 2,5 µA. Der erhöhte Zeitbedarf für die vollständige Übermittlung in drei Frequenzbändern muss als kleiner Nachteil hingenommen werden. Die extrem niedrige Stromaufnahme von 2,5 µA erlaubt mit einer AG13-Knopfzelle einen Dauerbetrieb von fünf Jahren.

Der Empfang auf einem, zwei oder auf drei Frequenzbändern ist durch Rekonfiguration des Empfänger-IC ganz leicht möglich. Auch stellt der Funkempfang im globalen Kontext, z.B. zum Tracken von Frachtgut bei interkontinentalen Transporten, mit dem IC kein Problem dar.

 

 

Der Autor

 

Dr. Heinrich Milosiu, Senior Engineer RF- und Microwave IC-Design   Abteilung Integrierte Schaltungen und Systeme  Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS
Dr. Heinrich Milosiu ist leitender Entwicklungsingenieur für HF- und Mikrowellen-ICs in der Abteilung Integrierte Schaltungen und Systeme des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen (IIS).
© Fraunhofer IIS

Dr. Heinrich Milosiu

hat Elektrotechnik an der Friedrich-Alexander Universität (FAU) Erlangen-Nürnberg studiert und arbeitet seit 2002 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS in Erlangen. Seine Arbeitsschwerpunkte sind integrierte CMOS-HF-PLL-Synthesizer und stromsparende UHF-Empfänger. Diese waren Inhalt seiner Promotion zum Dr.-Ing. 2012.

Seit 2014 hat Dr. Milosiu einen Lehrauftrag an der FAU für zwei Wahlvorlesungen zu den Themen Low-Power biomedizinische Elektronik und HF- und digitale Architektur von Funksystemen. Er hat 16 Patente eingereicht von denen neun inzwischen erteilt wurden.

rficient@iis.fraunhofer.de


  1. Simultan Empfangen mit UHF-Dreiband-Receiver-IC
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  3. Verbesserte RSSI-basierte Ortsschätzung

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