M2M/IoT

Der Weg zum Gillette-Bestellknopf

23. August 2017, 14:19 Uhr | Harald Naumann
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Fallstricke bei der Entwicklung

Fehlerquelle 1: Designergehäuse

Ein Druck auf "+" genügt und dem Besitzer des Gillette-Rasierapparates werden neue Rasierklingen geliefert.
Ein Druck auf "+" genügt und dem Besitzer des Gillette-Rasierapparates werden neue Rasierklingen geliefert.
© Harald Naumann

Die Elektronik des IoT-Tasters war nun perfekt – dann schlug der Designer für das Gehäuse zu. Das Auge isst bei Lifestyle-Produkten mit und der Bestellknopf sollte nun rund werden, damit er im Bad auch hübsch aussieht. Ein solcher IoT-Taster wird eben nicht nur von unverheirateten Nerds genutzt, sondern muss auch die Qualitätskontrolle der Partnerin durchlaufen.

Die Leiterplatte des IoT-Tasters von Gillette
Die Leiterplatte des IoT-Tasters von Gillette. Sie enthält ein GSM-Funkmodul, das auch gegen ein Pin-kompatibles LTE-Cat-NB1-Funkmodul getauscht werden kann.
© Harald Naumann

Rechteckige Chipantennen passen aber nicht in runde Ecken. Die GSM-PCB-Antenne dagegen schon. Sie lässt sich leicht auf der Platine an die neue, runde Form anpassen und durch Testaufbauten optimieren. Eine Simulation ist im Vergleich dazu viel teurerer und außerdem zu zeitaufwändig. Bei runden Strukturen ist Software zur Simulation von Antennen viel zu lange beschäftigt. In dieser Phase des Projektes nimmt man besser Kupferfolie und das Schneidmesser und klebt die Folie auf die Platine. Ist die optimale Struktur gefunden, wird eine neue Platine beauftragt. Diese Platine wird dann erneut im Gehäuse vermessen und der Strahler durch Kratzen verkürzt oder durch Anlöten von Kupferfolie verlängert.

Ändert der Designer dann das Material des Kunststoffs für das Gehäuse, die Dicke des Kunststoffs oder das Material der Platine, dann geht das ganze wieder von vorne los. Die Antennen muss erneut angepasst und optimiert werden. Details hierzu sind im IoT / M2M Cookbook erläutert [2].

Fehlerquelle 2: Einkauf

Nun hat man es als Entwickler eines IoT-Gerätes fast geschafft. Die nächste Hürde ist der Einkäufer. Einkäufer haben die Aufgabe, Beschaffungskosten zu senken. Ändert er den Lieferanten für die Kondensatoren oder Induktivitäten im Anpassungsnetzwerk der Antenne, um Kosten zu sparen, dann muss die Antennenanpassung erneut vermessen werden. Jede Spule verhält sich ein bisschen wie ein Kondensator und jeder Kondensator verhält sich ein wenig wie eine Spule. Das ist aber von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Wünscht der Einkäufer eine Änderung der Bauteile im Anpassungsnetzwerk, muss – auch wenn die Bauteile die gleichen Nennwerte für Kapazität und Induktivität haben – zwangsweise noch einmal gemessen und angepasst werden.

Serienstart

Die Verpackung enthält den Rasierapparat (oben) und den Halter/IoT-Taster zum Bestellen von Rasierklingen (unten).
Die Verpackung enthält den Rasierapparat (oben) und den Halter/IoT-Taster zum Bestellen von Rasierklingen (unten).
© Harald Naumann

Der IoT-Taster ist nun fertig und wurde bei Eurofins in Reichenwalde nach RED geprüft. Er darf das CE-Zeichen tragen. Produziert wird der IoT-Taster als Bestellknopf für Gillette-Rasierklingen von der Nexolink Solutions AG mit Sitz in Frankfurt.[NG1]  14.000 Gillette-Bestellknöpfe wurden bereits an Supermärkte und Onlineshops in Österreich ausgeliefert.

Nexolink hat mit dem IoT-Taster einen wasserdichten und formschönen Bestellknopf sowie die Software für die Bestellprozesse im Hintergrund entwickelt. Für die Datenübertragung haben die Entwickler auf GSM-Mobilfunk gesetzt. Mobilfunk auf dem Standard GSM hat den Vorteil des flächendeckenden Ausbaus in allen Ländern Europas und vielen weiteren Ländern in anderen Kontinenten. Kein anderes Funknetz bietet eine so gute Abdeckung in Gebäuden wie der gute, alte und bewährte GSM-Standard.

Die Welt besteht nicht nur aus Bestellknöpfen. Weitere viel komplexere, abgerundete Antennenideen finden sich unter anderem im GSM/GPS-Ortungsgerät mit induktiver Ladung von Prothelis oder in der LTE-Kamera Buddyguard Flare, entwickelt von Pikkerton. Die Möglichkeiten und Anwendungen sind vielfältig. Sollten auch Sie eine Idee für ein Funk-IoT-Gerät haben, dann ist der Buchautor Harald Naumann gerne bereit, Sie bei der Umsetzung zu unterstützen.

 

Treffen Sie den Autor, Harald Naumann, beim Wireless Congress Systems & Appliactions 2017 in München. Er wird dort im “Tutotial Antenna” über “Self made embedded antenna design versus chip antenna” referieren.

 

Literatur

[1] Naumann, H.: IoT M2M blog – The home of free hints and tips about wireless IoT / M2M. www.gsm-module.de.

[2] Naumann, H.: IoT / M2M Cookbook, www.gsm-modem.de/M2M/m2m_iot_cookbook.

 

 

Der Autor

Harald Nauman von Tekmodul
Harald Nauman von Tekmodul
© Naummann

rasiert sich trocken, ist im nordhessischen Kirchheim geboren und hat in Offenbach die Ausbildung zum staatlich geprüften Techniker mit Schwerpunkt Informationselektronik abgeschlossen. Er war Mitglied in vielen Teams zur Entwicklung von Funk-Produkten – die heute modisch „Wireless IoT“ genannt werden. Seit über 25 Jahren ist er im Bereich Funktechnik tätig. 2014 hat Naumann mit dem „IoT / M2M Cookbook“ sein erstes Buch im Eigenverlag veröffentlicht. Heute leitet er als Sales Direktor den Vertrieb bei Tekmodul in München.

harald.naumann@lte-modem.com


  1. Der Weg zum Gillette-Bestellknopf
  2. Fallstricke bei der Entwicklung

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