Als Beispiel nennt Kraus den »Quantenworkshop«, den sein Unternehmen zur Innovationsfindung anbietet. In ihm sollen Experten aus verschiedenen Disziplinen gemeinsam für das Unternehmen Innovationen kreieren. Die Nachfrage könnte besser sein. »Wenn wir mit Unternehmensführern hierüber sprechen, lautet ihre erste Frage meist: Können Sie uns garantieren, dass etwas Umsetzbares dabei herauskommt? Und die zweite Frage: Und wer trägt die Kosten, wenn keine zukunftsfähige Idee dabei herauskommt? Wenn wir dann erwidern, dass die Suche nach Innovationen stets ein ergebnisoffener Prozess ist, für den es keine Erfolgsgarantie gibt, dann reagieren die meisten Manager skeptisch«, weiß Kraus.
Sein Rat: Unternehmensführer sollten für die Suche nach Innovationen ein Budget mit dem Titel »Noch keine Ahnung, was dabei herauskommt« bereitstellen. Denn wer Quantensprünge erzielen wolle, müsse über ganz neue, ungewohnte Wege nachdenken und diese gegebenenfalls beschreiten.
»Verwalter« sollten sich klarmachen, dass sie langfristig scheitern. Denn eine ihrer Kernaufgaben sei es, heute dafür zu sorgen, dass ihr Unternehmen auch in fünf oder gar zehn Jahren noch stabil im Markt stehe. Kraus: »Also sollten sie sich für diese Aufgabe mehr Zeit nehmen und das operative Geschäft noch stärker an die nächste Ebene abgeben.« Stattdessen sollten Manager ihre Mitarbeiter immer wieder in eine »kreative Unruhe« versetzen: »Zum Beispiel, indem sie für diese erlebbar machen, was in den Märkten wirklich abgeht – unter anderem aufgrund der Dynamik, die die Schwellenländer entfalten.«
Denn Menschen ruhten sich gerne auf ihren früheren und aktuellen Erfolgen aus. Wichtig sei auch, innovative Mitarbeiter zu ermutigen und zu belohnen, selbst wenn ihre Initiativen eher magere Erfolge zeigten. »Die Mitarbeiter sollten spüren, dass sie von ihren Vorgesetzten unterstützt werden, wenn sie danach streben, neue und damit oft schwierigere als die gewohnten Wege zu gehen«, ermuntert der Berater.
Das gelte vor allem für Nachwuchskräfte, die die Kultur von morgen prägen. »Mich erschreckt immer wieder, wie obrigkeitsbezogen und konsenskonform, überspitzt formuliert, das Denken und Verhalten vieler High-Potentials ist; des Weiteren, wie schnell sich Nachwuchskräfte, die das Potential zum Quer- und Umdenken haben, meist dem herrschenden Firmengeist unterwerfen. An diesem Punkt sollten Unternehmen einmal ihre Personalauswahl und -entwicklung hinterfragen. Sie sollten zudem erwägen, in ihrer Organisation Kreativinseln zu schaffen, in denen sich High-Potentials als Unternehmer betätigen können. Kleine Start-Ups generieren manchmal großartige Ideen und Geschäftsmodelle.«, berichtet Kraus.
Als »Erste-Hilfe-Maßnahme« ermuntert der Berater, das betriebliche Vorschlagswesen einzustampfen und statt dessen ein »Unternehmer-Budget« zu installieren, das Mitarbeitern die erforderlichen Mittel zum Ausarbeiten und Umsetzen neuer Ideen zur Verfügung stellt. »So könnten Unternehmen zum Beispiel festlegen: Jedem Mitarbeiter werden ohne Prüfung bis zu 3000 Euro zugestanden, um die Tragfähigkeit neuer Ideen auszuprobieren. Und wenn Mitarbeiter ihre Einzelbudgets zusammenlegen, können sie auch größere Ideen realisieren. Möglichkeiten, die Innovationskraft von Unternehmen zu erhöhen, gibt es viele, entscheidend ist der Wille, einen solchen Geist oder eine entsprechende Kultur im Unternehmen zu schaffen.«, so Kraus. Denn eines müsse klar sein: Das Top-Management allein könne nicht alle erforderlichen zukunftsweisenden Ideen generieren. Also muss es sich mit Menschen umgeben, die die nötigen Trendscout-Fähigkeiten haben, um Marktentwicklungen und Technologiesprünge zu antizipieren.