Die Jugendlichen in Deutschland schneiden in der neuen PISA-Studie in Mathematik, im Lesen und in Naturwissenschaften so schlecht ab wie noch nie. Von Verbänden und im Netz gibt es erste Reaktionen.
Die PISA-Studie untersucht regelmäßig, wie gut 15-jährige gegen Ende ihrer Pflichtschulzeit alltagsnahe Aufgaben in Mathematik, im Lesen und in den Naturwissenschaften lösen können.
Die aktuelle Studie, die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) koordiniert und in Deutschland vom Zentrum für internationale Bildungsvergleichsstudien (ZIB) an der Technischen Universität München (TUM) geleitet wird, wurde im Frühjahr 2022 durchgeführt.
Deutschland liegt damit nur noch in den Naturwissenschaften signifikant über dem Durchschnitt der OECD-Staaten (492 zu 485 Punkten). In Mathematik (475 zu 472 Punkten) und Lesen (480 zu 476 Punkten) entsprechen die Ergebnisse jetzt dem OECD-Durchschnitt, der in beiden Bereichen ebenfalls gesunken ist.
Nach der ersten PISA-Studie 2000 hatte Deutschland seine Ergebnisse zunächst verbessern und auf hohem Niveau halten können. In den letzten PISA-Runden hatte sich allerdings ein Abwärtstrend angedeutet. Die Ergebnisse in Mathematik und Naturwissenschaften liegen nun unter dem Niveau der PISA-Studien der 2000er Jahre, als Mathematik (PISA 2003) und Naturwissenschaften (PISA 2006) jeweils zum ersten Mal vertieft untersucht wurden. Beim Lesen entsprechen die Ergebnisse in etwa der PISA-Studie 2000, als Lesen erstmals Studienschwerpunkt war.
Nur sehr wenige OECD-Staaten konnten zwischen 2018 und 2022 Teile ihrer Ergebnisse verbessern, beispielsweise Japan im Lesen und in den Naturwissenschaften sowie Italien, Irland und Lettland in den Naturwissenschaften. In Mathematik haben die Jugendlichen in Japan und Korea im Schnitt die höchsten Kompetenzen. Im Lesen stehen Irland, Japan, Korea und Estland an der Spitze. In den Naturwissenschaften erreichen Japan, Korea, Estland und Kanada die besten Werte.
Reagiert haben die Tarifparteien der Metall- und Elektro-Industrie. Schulen müssten die Priorität bekommen, die das Thema Bildung verdiene. „Das gilt für allgemeinbildende Schulen ebenso wie für die Berufsschulen.“
Es sei "besorgniserregend", dass die neue PISA-Studie bei den mathematisch-naturwissenschaftlichen Kompetenzen ein noch niedrigeres Niveau als in den Vorjahren ausweise. Denn diese Kompetenzen seien gerade für die auf Technologievorreiterschaft angewiesene Metall- und Elektro-Industrie essentiell notwendig, ob in einem ingenieurwissenschaftlichen Studium oder der Ausbildung in den Facharbeitsberufen der Industrie.
„Bildung muss aus den Sonntagsreden raus und rein in echtes Handeln!“, so Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. „Es ist unverzeihlich, dass die Schulen nicht die Aufmerksamkeit und die Unterstützung bekommen, die sie benötigen, Schulen brauchen ausreichend Personal und einen ausreichenden Etat, anstatt immer wieder mit den Schulformen zu experimentieren. (...)“
Hans-Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, forderte mehr Unterstützung der Berufsschulen: „Die duale Berufsausbildung wird international bewundert und zugleich wird hier die Qualität der schulischen Säule der Berufsausbildung massiv vernachlässigt. Die technische Ausstattung der Berufsschulen ist oftmals mangelhaft und auch die personelle Situation gibt Anlass zur Sorge.“
Gesamtmetall verwies darauf, dass die Probleme des Schulsystems weitaus tiefer reichen als die aktuellen PISA-Ergebnisse es zeigen. „Dass jedes Jahr 50.000 junge Menschen ohne Schulabschluss die Schule verlassen, ist eine unerträglicher Zustand. Um diese jungen Menschen müssen wir uns rechtzeitig kümmern“, so Zander.
Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder kommentiert die neuen Ergebnisse ebenfalls: „Man fragt sich, wie viele Weckrufe es noch braucht, bis Deutschlands Bildungspolitik endlich aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht. Es darf jetzt kein Weiter-So mehr geben".
Der Bitkom setzt auf digitale medien: Deutschlands Schulen müssten "so schnell wie möglich, flächendeckend und umfassend" digitale Medien einsetzen, um ihrem Bildungsauftrag "verantwortungsvoll nachkommen zu können", flankiert von einem "attraktiven Weiterbildungsprogramm für Lehrkräfte" zum Einsatz digitaler Technologien im Unterricht. Dadurch könnten Schüler "besser, schneller und motivierter" lernen, während Lehrkräfte entlastet würden.