Rezession

Ziel: 100 Prozent Wertschöpfung

15. Dezember 2008, 17:05 Uhr | Christine Demmer, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Ziel: 100 Prozent Wertschöpfung

All das sind vernünftige, rationale, ökonomisch begründete Argumente. Doch um die wachsende Beliebtheit der Externen zu erklären, muss man den Schleier ein Stück zurückziehen. In Wahrheit sind Externe unersetzlich, weil …
• … das Budget noch nicht ausgeschöpft ist: Es wäre doch schade, wenn man das Budget bis zum Jahresende nicht aufgebraucht hat.
• … sie oft mehr arbeiten als festangestellte Mitarbeiter. Weil Externe ihre (Ein-)Stellung verteidigen müssen, legen sie sich in der Regel hart ins Zeug. Außerdem müssen sie sich selten um administrative Dinge kümmern und verbringen weniger Zeit mit Networking.
• … man einen Sündenbock braucht: Das Projekt kann definitiv nichts werden. Jeder weiß das, keiner gibt es offen zu. Also wird rasch ein externer Berater engagiert. Wenn das Projekt dann den Bach runtergeht, hat der die Schuld.
• … oder einen Blitzableiter: Es gibt einen Konflikt, im Team, mit dem Kunden, der Ausgang ist jedenfalls ungewiss. Da schickt man doch lieber einen Berater in die Schlacht. Wenn der verliert, ist jedenfalls keine Karriere gefährdet.
• … weil man ihnen keine Karriere bieten muss. Interne Mitarbeiter wollen aufsteigen. Externen ist das egal. Damit stehen sie außerhalb der Konkurrenz. Das einzige, was Freelancer wollen, sind Folgeaufträge.
• … sie die eigene Mannschaft auf Trab bringen: ein klassisches Hinterkopf-Argument – die Externen sollen die interne Belegschaft anspornen.
• … sie beruhigen: »Ich habe alles getan, was in meiner Macht lag. Ich habe mir sogar externe Unterstützung geholt. Wenn es jetzt nicht klappt, liegt es nicht an mir.«
• … sie als Statussymbol gelten: Das ist kein Witz. In manchen Unternehmen »halten« sich die Festangestellten Externe. Je mehr Externe sie »haben«, desto wichtiger sind sie.

Jedem Plus steht freilich ein Minus gegenüber. Auch über die Nachteile der Beschäftigung von Freelancern sind sich die Arbeitgeber einig: hoher Aufwand für Einarbeitung, Steuerung, Koordination und Austausch der Freien, mögliche Konflikte in der Belegschaft aufgrund fehlender Akzeptanz der Externen durch Festangestellte, dadurch bedingt höherer Führungsaufwand, Projekt- oder abteilungsbezogene Mehrkosten sowie unter Umständen das Risiko eines Wissens- und Know-how-Abflusses.

Aus strategischer Sicht ist das riskant. Aber wenn ein Umsatzrückgang droht, regieren die Kaufleute. Die Alternativen zum Experten »to go« heißen entweder Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter oder Einkauf von Unternehmensberaterleistung. Deren Tagessätze jedoch liegen oft über denen fachkundiger Freelancer.

Noch wichtiger: Freie Mitarbeiter stellen nicht nur ihr Know-how zur Verfügung, sondern arbeiten umsatzwirksam mit. Sie kosten zwar, aber sie leisten unmittelbar einen Beitrag zum Betriebsergebnis. Und ob nun ein fest angestellter oder ein ausgeliehener Mitarbeiter die Leistung erbringt, über die man dann eine Rechnung schreiben kann, ist schlicht eine Frage der Verrechnung. Ähnlich wie bei den Leerverkäufen an der Börse: Wenn der Aktienwert steigt, ist es wurscht, ob man die Aktien tatsächlich besitzt oder sie nur gepumpt hat. Man darf sich eben nur nicht verrechnen.


  1. Ziel: 100 Prozent Wertschöpfung
  2. »Wir profitieren von der Krise«
  3. Ziel: 100 Prozent Wertschöpfung

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