Corinna Hoerndlein, Dipl. Ing. der Nachrichtentechnik (FH)
"Ich bin eigentlich über einen Umweg zur Elektrotechnik gekommen. Auf Grund meiner damaligen Musikleidenschaft wollte ich Toningenieur oder zumindest Tontechniker werden. Der Bildungsweg zum Toningenieur führt über ein Studium der Musik mit anschließendem Elektrotechnik Studium.
Nur, leider waren meine musikalischen Fähigkeiten nicht gut genug um die Aufnahmeprüfung zu bestehen. Ein befreundeter Toningenieur meinte damals, man könne es auch über einen kleinen Umweg schaffen, einfach Elektrotechnik studieren und dann als Quereinsteiger versuchen reinzukommen.
Gesagt, getan. Ich habe also angefangen, an der FH in Esslingen Nachrichtentechnik zu studieren. Als eine von zwei Frauen unter knapp 50 Studierenden im Semester! In manchen Semestern waren auch mal 4 Frauen.
Der Toningenieur war dann auch relativ schnell vergessen und Übertragungstechnik und Wellen & Leitungen war meine neue Welt!
1996 habe ich dann mein Studium mit dem Diplom abgeschlossen, aber auf Grund der schlechten wirtschaftlichen Lage erst mal keinen Job bekommen. Für mich war damals eines klar, ich möchte nicht programmieren oder ganz tief in die Elektronikentwicklung einsteigen - Marketing, Projektmanagement, Vertrieb oder technische Dokumentation, das war meine Welt!
Etwa 12 Monate nach meinem Abschluss habe ich dann schließlich einen Job im Vertriebsinnendienst eines kleinen, lokalen Distributors bekommen. Hier haben wir alles gemacht, technische Beratung, Einkauf, Verkauf und einmal im Jahr im Lager Inventur. Quasi von der Pike auf gelernt! Der Anteil an Frauen hier war sehr hoch, von sechs Vertriebsbeauftragten waren die Hälfte Frauen.
Die Firma wurde leider verkauft und mit dem Verkauf wechselte ich dann vom Vertrieb ins technische Marketing. Sprich kein Verkauf mehr, nur noch technische Beratung der Kunden. Anfangs waren wir zwei Frauen in der Abteilung und zwei weitere Firmenverkäufe später bin ich inzwischen bei einem „Global Player“ gelandet und bin ein Unikum, sprich die einzige Frau im lokalen Marketing!
Es ist und war nicht immer einfach, einige meiner Kollegen und Kunden musste ich mir erst „erziehen“. Und bei anderen muss man sich als Frau einfach immer und immer wieder beweisen, mehr als die männlichen Kollegen.
Aber ich sehe hier auch eine Trendwende. Viele „Urgesteine“ unter den Entwicklern und Einkäufern, von denen einige schon noch eine „Eine-Frau-gehört-an-den-Herd!“-Einstellung hatten, sind inzwischen in Rente und die jungen die nachkommen, sind wesentlich offener. Zumal der Anteil an Frauen unter den Entwicklern erfreulicherweise gestiegen ist.
Aktuell bin ich nun FAE (Field Application Engineer) im technischen Vertrieb eines großen Distributors für den Bereich Interconnect & E-Mechanik. In den letzten 25 Jahren konnte ich mir hier sehr viel Wissen aneignen und das was ich tue, macht mir immer noch sehr viel Spaß. Ich finde, man sollte auch eine gewisse Leidenschaft für das haben, was man macht. Dann bleibt auch der Spaß an der Aufgabe.
Nach wie vor sind es sehr wenig Frauen, die sich trauen einen technischen Beruf zu ergreifen. Warum? Klaro ist der Umgangston hier manchmal etwas ruppiger und das sollte man auch wegstecken können, aber das ist kein Grund. Quotenfrauen brauchen wir nicht, nur eine faire Chance!
Frauen sind genauso gut wie Männer, da lassen wir uns auch nichts einreden. Und Technik ist nicht so kompliziert. Immerhin liegt der Anteil von Studentinnen im Mathematik-Studium bei 50 Prozent. Meine Freizeit verbringe ich gerne draußen mit dem Rad entlang von Neckar oder Rems, beim Walken oder Wandern oder ich jage mit der Kamera tollen Motiven nach.