Neue Produkte entwerfen, neue Märkte schaffen: Gerade in Umbruchzeiten muss das Marketing Innovationen anstoßen, um den Unternehmenserfolg zu sichern.
Bunte Bilder. So oder ähnlich lautet leider immer noch zu häufig die saloppe, wenngleich spöttisch formulierte Schlussfolgerung zum Verantwortungsbereich des Marketings. Woran das liegt? Viel zu oft wird die Rolle im konventionellen Verständnis nach wie vor als „Werbung“ missverstanden. Was aber leistet modernes Marketing eigentlich? Der legendäre Silicon Valley Venture Capitalist und ehemalige Intel-Manager Bill Davidow fasst den Begriff so zusammen: »Marketing erfindet neue Produkte und führt sie in avisierten Zielmärkten zum wirtschaftlichen Erfolg.« Für Seth Godin, amerikanischer Author und Serienunternehmer, wird modernes Marketing dann sichtbar, wenn »Marketeers das Produkt verändern, nicht die Anzeige«. Im Selbstverständnis dieser Vordenker gibt die Disziplin also vorrangig eine Antwort auf ganz elementare Unternehmensfragen.
Marketing treibt Innovation
Wie eine solche Antwort aussehen kann, zeigt der deutsche Maschinenbauer Wagner mit Sitz am Bodensee, der kürzlich mit Ioniq sein eigenes Startup für Hautpflege gegründet hat. Wie aus einem Maschinenbauer ein Kosmetiker wird? Ganz einfach: Mit einer gelebten Innovationskultur und der Fragestellung, in welchen Lebensbereichen das Domänenwissen der Wagnerschen Beschichtungstechnik noch relevant sein könnte. Von dieser Frage ist es nicht mehr weit bis zum Hautpflege-Sprühgerät als Schutz vor Sonnenbrand. Allerdings nur dann, wenn die verantwortlichen Marketeers wie Unternehmer denken und handeln. Im Beispiel von Wagner heißt das: die Verantwortung für einen neuen, digitalen Verkaufskanal sowie ein gänzlich neues Geschäftsfeld mit eigenständiger GmbH zu übernehmen.
Marketing skaliert neue Geschäftsfelder
Erfolgreiche Marketeers und geschickte Unternehmer teilen nicht nur die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen. Sie besitzen ein weiteres unverzichtbares Talent: Sie können zuhören. Um das Gehörte dann gewinnbringend für ihre Unternehmung zu nutzen. Ein Beispiel: Im Jahr 2012 kam eine Studie im Hause Edding zum Ergebnis, dass die Nachfrage nach Stiften innerhalb weniger Jahre um mehr als ein Drittel sinken würde. Denn im zunehmend digitalen Büroumfeld wird schlicht nicht mehr mit den physischen Schreibgeräten gearbeitet. Um das Filzstifterbe erfolgreich in die Zukunft zu führen, mussten Alternativen her. Welche konnten das sein? Heute reiht sich Edding in kleinen Nagellack-Flacons in das Angebot renommierter Parfümerien ein. Und damit nicht genug: Basierend auf den traditionellen Unternehmenswerten, nach denen Farben lange halten, permanent decken und in einem satten Farbton erstrahlen sollen, denkt der Filzstiftfabrikant laut über die Entwicklung von Tinte für Tattoos und eigene Studios nach.
Marketing ist aktives Unternehmertum
Edding und Wagner sind Präzedenzfälle dafür, dass die Marketingdisziplin dorthin zurück muss, wo sie einmal herkam: in die Chefetagen weitsichtiger, innovativer Unternehmen. »Marketing is too important to be left to the Marketing Department«, war schon das Credo von David Packard, Gründer des erfolgreichen Technologieimperiums Hewlett Packard. In Zeiten rapider wirtschaftlicher Veränderung scheint der 50 Jahre alte Ratschlag zeitgeistiger denn je. Marketing ist eben keine Werbung. Marketing löst Probleme für den Kunden. Marketing ist Unternehmertum.