Irrtum 5: Kreativität macht erfolgreich
»Wir brauchen mehr Kreativität.« »Wir brauchen mehr Ideen.« »Wir brauchen mehr Innovation.« Kaum ein Kongress, auf dem nicht einer dieser drei Sätze fällt, kaum eine Managerrede, in der nicht Innovationsgeist und Kreativität gepriesen werden. Kreativität gilt als Erfolgsgarant, und Erfolg hat nur, wer neue Ideen hat – so scheint es jedenfalls. Beides stimmt nicht.
Die Tatsache, dass jemand kreativ denkt und neue Ideen entwickelt, hat zunächst keinerlei wirtschaftlichen Wert. Käme jemand auf die Idee, alle Züge der Deutschen Bahn AG durch einen Künstler gestalten zu lassen, wäre das äußerst kreativ. Doch wie viele Menschen würden deshalb beschließen: Ich fahre jetzt öfter Bahn? Ungelenkte Kreativität kann mehr schaden als nützen. Kreativität ist nur dann eine wertvolle Ressource, wenn sie in die richtigen Bahnen gelenkt wird. Thomas Edison hatte eine einfache Philosophie: »Was sich nicht verkauft, möchte ich nicht erfinden.« Er überlegte zunächst, in welchen Feldern sich Kreativität überhaupt auszahlt, erst dann wurde er kreativ.
Edison analysierte Probleme von Menschen, Schwächen von Produkten und wertete Trends aus. War er davon überzeugt, das richtige Feld gefunden zu haben, begann er, Ideen zu entwickeln. Seien Sie skeptisch, wenn Sie wieder einmal einen Satz hören wie »Wir brauchen mehr Ideen«. Formulieren Sie ihn für sich wie folgt um: »Wir brauchen weniger Ideen, aber dafür bessere.« Klasse statt Masse ist gefragt. Und gute Ideen sind produzierbar – sofern man entsprechend systematisch vorgeht. Das hat Thomas Edison bewiesen.
Kreativ in sechs Schritten – Edisons Weg zur genialen Idee
Ideen finden ist ein Prozess. Das stellt man fest, wenn man die Biografien berühmter Erfinder wie Thomas Edison studiert. Er wäre nie auf die Idee gekommen, eine Glühlampe zu entwickeln, hätte er nicht die Schwächen der Gasbeleuchtung analysiert. Und aus der Idee wäre nie ein marktfähiges Produkt geworden, hätte er nicht das gesamte Umfeld – Leitungen, Messgeräte und Kraftwerke – mit entwickelt. Und: Aus der Glühbirne wäre nie ein (wirtschaftlicher) Erfolg geworden, wenn Edison sie nicht kreativ und aktiv vermarktet hätte. Bei seinen Erfindungen folgte Thomas Edison stets der gleichen, aus sechs Schritten bestehenden Systematik:
Schritt 1: Erfolgschancen erkennen: Edison erkannte Chancen, für die andere blind waren: Marktchancen und technische Chancen.
Schritt 2: Denkautobahn verlassen. Edison entwickelte unzählige Zugänge, um sein Ziel zu erreichen. Er nutzte neue Wege, um Probleme zu lösen und ging gedankliche Umwege.
Schritt 3: Inspirationen suchen: Edison war wie ein Schwamm, der Anregungen und Ideen förmlich aufsaugte. Er nutzte Analogien zu bestehenden Dingen, um zum Neuen zu kommen.
Schritt 4: Spannungen erzeugen: In der Phase der Ideenfindung nutzte Edison eine Technik, die »kaleidoskopisches Denken« genannt wird.
Schritt 5: Ordnen und optimieren: Edison suchte die besten Ideen aus und entwickelte sie weiter, zu Hunderten von Konzeptalternativen, bis er das optimale Ergebnis hatte.
Schritt 6: Nutzen maximieren: Dann organisierte er das Gesamtsystem. Edison wusste, dass gute Ideen gut verkauft werden müssen! Er entwickelte perfekte (Vermarktungs-)Strategien für seine Erfindungen.
Literaturhinweise
[1] Johannson, F.: The Medici Effect: Breakthrough Insights at the Intersection of Ideas, Concepts & Cultures. Boston, Harvard Business School Press, 2004.
[2] Amabile, T.: Managing for Creativity. Harvard Business School Papers, 21. 2. 1996.
[3] Meyer, J.-U.: Das Edison-Prinzip – der genial einfache Weg zu erfolgreichen Ideen. Campus-Verlag 2008, Frankfurt.