Ideen systematisch finden

Fünf Irrtümer über Kreativität

19. August 2009, 10:18 Uhr | Jens-Uwe Meyer, Die Ideeologen - Gesellschaft für neue Ideen
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Irrtum 3: Kreativtechniken machen kreativ


Neue Ideen entstehen meist im Grenzbereich verschiedener Wissensgebiete. Ein Beispiel: Was macht die Suchmaschine Google so erfolgreich? Sie findet sofort die wichtigsten Ergebnisse. Das sogenannte »Page Rank« war das, was Google zum Durchbruch verhalf. Die Grundidee von Google besteht also darin, ein bekanntes Produkt (Suchmaschine) mit einem wissenschaftlichen Prinzip zu kombinieren. Der Ausgangspunkt: Google-Gründer Larry Page überlegte sich, wie man die Popularität einer Webseite messen kann. Bei der Ideensuche begab er sich in die Welt der Wissenschaft. Dort gilt ein wissenschaftlicher Aufsatz dann als besonders wertvoll, wenn er häufig zitiert wird.

Aus diesem akademischen Grundsatz leitete Page seine These ab: Der Wert einer Webseite steigt mit der Zahl der Links, die auf sie führen. Um diese Idee überhaupt entwickeln zu können, brauchte Page Wissen aus zwei verschiedenen Gebieten – mit technischem Wissen allein hätte es Google nicht gegeben. Der dritte und wichtigste Punkt ist Motivation. »Bis zu einem gewissen Grad kann Motivation fehlendes Wissen und fehlende kreative Fähigkeiten kompensieren«, beschreibt Amabile das Ergebnis ihrer Forschungen.

Das Geheimnis vieler Genies liegt in ihrem Tatendrang. So banal es klingt: Sie hatten einfach Lust auf Ideen. Auch Unternehmen können ihre Mitarbeiter mit Hilfe von Amabiles Komponentenmodell zu mehr Kreativität bringen, indem sie eine Atmosphäre schaffen, die es Mitarbeitern ermöglicht, Wissen aus verschiedenen Bereichen zu erlangen und Ideen auszuarbeiten, die im ersten Moment schräg und schief klingen.

So wie der dänische Hörgerätehersteller Oticon. Er schaffte in seiner Organisation vor einigen Jahren die festen Strukturen ab und ersetzte sie durch ein »Multijob«-Konzept. Statt in festen Abteilungen arbeiten die Mitarbeiter in autonomen Projektgruppen. Und sie übernehmen Aufgaben, für die in klassisch strukturierten Unternehmen eigene Abteilungen bestehen.

Irrtum 3: Kreativtechniken machen kreativ

»Welche Kreativtechnik macht mich kreativ?« Die Antwort auf diese Frage ist einfach: Keine! Das Wort Kreativ-»Technik« gibt uns die Illusion, alleine mit der Wahl der richtigen Technik könne man schnell kreativ sein. Aber Kreativtechniken sind nur Denkstützen. Ohne Wissen aus verschiedenen Bereichen und ohne eine klare Motivation, Bestehendes in Frage zu stellen, gibt es keine Kreativität. Kreativtechniken helfen Ihnen nur, den Rahmen für die Ideenfindung zu schaffen und Ihre Gedanken so zu strukturieren, dass es Ihnen möglich wird, Wissen neu zu kombinieren.

Kreativtechniken funktionieren ähnlich wie ein Computerprogramm: Dateien werden auf der Festplatte immer wieder neu und anders zusammengesetzt – das ist erfolglos, wenn die Festplatte leer ist. Die Grundlage für Ihre Kreativität tragen Sie in sich! Stellen Sie sich all das, was Sie wissen (all Ihre Erfahrungen, alle Dinge, die Sie gesehen, und alle Fehler, die Sie gemacht haben) als eine Sammlung von Puzzleteilen vor. Sie waren zum Beispiel früher Verkäufer, haben danach ein Jahr als Surflehrer gearbeitet und lassen sich jetzt zum Programmierer ausbilden.

Damit haben Sie die besten Voraussetzungen, um Computerprogramme zu entwickeln, die sich durch neue Ideen zur Nutzerfreundlichkeit auszeichnen. Denn Sie wissen, wie Kunden an neue Produkte herangehen und wonach sie suchen. Außerdem haben Sie als Tauchlehrer gelernt, Menschen die Angst vor dem Neuen und Ungewöhnlichen zu nehmen. Kreativtechniken helfen, die Puzzleteile Ihres Lebens zusammenzusetzen und neu zu nutzen. Eine klassische Kreativtechnik, die durch Kombinationen funktioniert, ist die morphologische Matrix. Damit können Sie zum Beispiel neue Lebensmittel erfinden, indem Sie klassischen Produkten neue Bestandteile und Nutzenmerkmale hinzufügen.

 


  1. Fünf Irrtümer über Kreativität
  2. Irrtum 3: Kreativtechniken machen kreativ
  3. Irrtum 4: Kreativität bedeutet, frei herumspinnen
  4. Irrtum 5: Kreativität macht erfolgreich

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