Schließlich träte den Menschen heute in privaten, beruflichen und öffentlichen Bereichen eine Welt entgegen, die von Technik maßgeblich geprägt sei. Nötig sei daher technische Sach-, Bewertungs- und Handlungskompetenz als Orientierungshilfe, um einerseits nicht der Faszination von Technik sowie eindimensionaler Fortschrittsgläubigkeit zu unterliegen und andererseits nicht die Technik in Bereiche von Negation und Dämonisierung abzuschieben. »Genau in diesem Spannungsfeld findet eine allgemeine technische Bildung ihre wichtige Aufgabe innerhalb der Allgemeinbildung.«
Das ist durchaus zielgruppengerecht gedacht. Möglicherweise stößt dieser umfassende Ansatz bei knapp dem Revoltealter entwachsenden jungen Menschen auf größeres Interesse als die Einführung des Drittsemesters in die Technik integrierter Schaltungen.
Kinder mit technischen Verfahren und Herausforderungen groß werden lassen
Bildungs- und Technikkennerin Regina Buhr schlägt als bessere Lösung vor, Kinder gleichsam mit technischen Verfahren und Herausforderungen groß werden zu lassen und die Bildungsinhalte alters- und schulformengerecht aufeinander abzustimmen. »Eine Vernetzung, weder innerhalb der einzelnen Bildungsbereiche, geschweige denn Bildungsbereiche übergreifend gibt es kaum«, lautet das enttäuschende Ergebnis ihrer Forschung.
»Die technische Bildung in Deutschland ist fragmentiert und unsichtbar. Das ihr innewohnende innovatorische Potenzial bleibt wirkungslos.« Auch deshalb, weil es nur im geringem Maße gelänge, Frauen mit einschlägigen technischen Interessen für ein Ingenieurstudium zu gewinnen.
Dem sucht Dr. Myriam Jahn von ifm electronic in Essen eine beeindruckende Zahl entgegen zu setzen: »Der Frauenanteil in Bereichen wie Elektrotechnik liegt zwar im Moment im Schnitt nur bei etwa zehn Prozent«, weiß die Marketingfachfrau. »Dennoch ist die Tendenz eindeutig steigend. Das zeigen auch die Arbeitslosenzahlen. Während im Jahr 2005 noch 18,9 Prozent der Ingenieurinnen arbeitslos gemeldet waren, sind es im Jahr 2007 nur noch 8,4 Prozent.« Die Schlussfolgerung steht allerdings auf wackeligen Füßen.
2008 betrug der Frauenanteil an den Studierenden der Elektrotechnik in Deutschland knapp neun Prozent. Und während 2005 noch in den Zeichen der von 9/11 ausgelösten Krise stand, sauste das Wirtschaftsjahr 2007 ab wie Schmidts Katze. Aufmerksamkeit verdient der Hinweis von Regina Buhr auf die starke Abhängigkeit des Studienwahlverhaltens techniknaher männlicher Studienberechtigter von den konjunkturell stark schwankenden Beschäftigungschancen und Berufsperspektiven für Ingenieure.
Tatsächlich sinken nach jeder Absatzkrise und jedem Exporteinbruch die Immatrikulationszahlen in den technischen Disziplinen. Hochschullehrer wie Arbeitsmarktforscher sind sich einig: Junge Menschen beobachten die Arbeitsmarktchancen ihrer Wunschberufe sehr genau. Und Meldungen wie die vom letzten November, nach der Siemens jetzt in Singapur ein Kompetenzzentrum für Technologie einschließlich Grundlagenforschung eröffnen will, tragen auch nicht gerade zu größerer Begeisterung für den Ingenieurberuf bei.