Ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Auswahl des passenden Mikrocontrollers sind die Tools (Entwicklungswerkzeuge) - und zwar sowohl auf der Hardware- als auch auf der Software-Seite. Für die zügige Umsetzung eines Designs ist es nämlich ganz entscheidend, dass Compiler, Linker und Debugger, aber auch Evaluierungs-Tools verfügbar sind. Dabei sollte man sich nicht nur auf die vom jeweiligen Halbleiterhersteller bereitgestellten Tools verlassen, denn oft erweitern die von Drittanbietern angebotenen Werkzeuge die Möglichkeiten im Rahmen der Entwicklung ganz entscheidend.
Eine große Rolle spielen auch die kleinen, oftmals sogar kostenlosen Tools und Evaluierungs-Kits, denn zur Anschaffung dieser Kits sind keine wesentlichen Investitionsentscheidungen notwendig. Dadurch können die Entwickler sich in Ruhe schon einmal mit dem entsprechenden Baustein beziehungsweise der Bausteinfamilie vertraut machen und eine entsprechende Vorstudie machen.
Referenz-Boards sind - wie der Name schon sagt - Referenzen. Es handelt sich hierbei nicht um Entwicklungs-Kits, sondern um Machbarkeitsstudien, die beispielsweise einen bestimmten Mikro-controller und Schnittstellen enthalten. Teilweise nutzen die Entwickler auch Referenz-Boards wie beispielsweise FalconEye, Chameleon, EBV-Beagle oder Observer als Basis für ihr Design. Hierzu erhalten Entwickler bei Bedarf die entsprechenden Layout-Daten, um darauf aufbauend ihr individuelles Gesamt-Design zu ergänzen.
Nicht nur Entwickler von Systemen auf Linux-Basis wissen, wie wertvoll Software von Drittanbietern sein kann. Bei manchen Implementierungen wie beispielsweise bei Stacks ist der Zukauf von IP in der Regel die einzig wirtschaftlich sinnvolle Vorgehensweise, die darüber hinaus auch sehr viel Entwicklungszeit spart. Nur in den seltensten Fällen wird ein Unternehmen einen -Bluetooth-, ZigBee- oder Ethernet-Stack oder eine EtherCat-Implementierung selbst entwickeln, zumal die Halbleiterhersteller diese IP bereits teilweise als Service mit anbieten. Fast immer ist der Zukauf derartiger Software die erste Wahl, und dazu ist es wichtig, dass diese Software auch für den anvisierten Mikrocontroller verfügbar ist.
(Langzeit-) Verfügbarkeit
Ein weiteres Kriterium bei der Auswahl des Mikrocontrollers ist die Verfügbarkeit: Wird er zu einem für das Projekt akzeptablen Zeitpunkt als Muster beziehungsweise dann auch in Massenstückzahlen verfügbar sein? Wie sieht es mit der Langzeit-Verfügbarkeit aus? Gerade in industriellen Anwendungen sowie in der Automobilbranche ist die Langzeit-Verfügbarkeit ein wesentliches Thema. Antworten auf diese Fragen erhalten die Entwickler vom Halbleiter-Distributor.
Außerdem empfiehlt es sich, auf Mikrocontroller zu setzen, die in einer neuen Prozess-Technologie gefertigt werden. Hierfür gibt es mehrere Gründe: Zum einen ermöglicht die kleinere Prozess-Geometrie auch kleinere und damit auch günstigere Chips. Zum anderen hat jede Prozess-Technologie nur eine beschränkte wirtschaftliche Lebensdauer, und wenn bei einem Design-in die jeweils neueste Prozess-Technologie zum Einsatz kommt, dann sind die besten Voraussetzungen für eine langfristige Verfügbarkeit des Produkts gegeben.
Zwar gibt es im Internet Angaben darüber, wann von einem Produkt Muster beziehungsweise Massenstückzahlen vorhanden sein sollen, aber die einzelnen Halbleiterhersteller halten diese Zusagen mit unterschiedlicher Präzision ein. Der Distributor kennt seine Halbleiterhersteller ganz genau und weiß, wer eher optimistische Aussagen macht und wer mit diesen Terminen eher konservativ umgeht. Durch den permanenten direkten Kontakt zu den Herstellern kann ein Halbleiter-Distributor seinen Kunden bei eventuellen Terminverschiebungen rechtzeitig Bescheid geben.
Genauso kann der Distributor den Kunden darauf hinweisen, dass ein bestimmtes Bauteil bereits äußerst lange auf dem Markt ist, um so zu verhindern, dass kurz vor dem Fertigungsanlauf des Endprodukts bereits die End-of-Life-Benachrichtigung kommt und somit ein Redesign erforderlich wird. Derartige Informationen findet man nicht im Internet - auch nicht über Blogs oder Foren.
Früher gab es harte Grenzen zwischen FPGA, Mikrocontroller und DSP, aber heutzutage sind die Grenzen fließend, denn es gibt DSPs mit Peripherieelementen auf dem Chip genauso wie Mikrocontroller mit integrierter DSP- oder FPGA-Funktionalität und FPGAs mit integriertem Mikrocontroller. Beim Abwägen, welcher Halbleitertyp in der individuellen Anwendungen zum Einsatz kommen soll, kann ein qualifizierter Halbleiter-Spezialdistributor wertvolle Dienste leisten. Wenn nicht von Anfang an klar ist, welche Kommunikationsmöglichkeiten ein Zieldesign bieten soll, dann ist beispielsweise ein FPGA manchmal die bessere Wahl als ein Mikrocontroller, denn auf Basis einer FPGA-Plattform lässt sich die entsprechende IP für EtherCAT, Ethernet-I/O, SERCOS auch ganz kurzfristig noch in einer sehr späten Designphase nachrüsten beziehungsweise ergänzen, ohne dafür die Hardware ändern zu müssen. Gerade die SOCs von Altera und die Bausteine der Zync-Familie dringen derzeit stark in die Mikrocontroller-Domänen vor. Auch bei der Abwägung dieser Kriterien hilft ein auf Halbleiter spezialisierter Distributor, der sowohl Mikrocontroller als auch DSPs und FPGAs im Portfolio hat.
Erich Brockard |
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arbeitet als Director Application Central Europe bei EBV Elektronik in Poing bei München. |
Tel. 0049 8121 774-0