Smart-Mobility-Architektur

SMARC bringt ARM-Prozessoren aufs Modul

20. Februar 2013, 8:25 Uhr | Von Gerhard Szczuka
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Breite Produktpalette von Anfang an

Und da dieses Konzept von Anfang an nicht nur den Initiator überzeugt hat, stehen bereits zeitgleich zur Ratifizierung des neuen SMARC-Standards die ersten Produktlinien zu Verfügung (Bild 2).

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Drei verschiedene SMARC-Module: Das sAT30 mit grafikstarkem Nvidia Tegra 3, das sAMX6i mit Freescales i.MX6 Single-, Dual- und Quad-Core-Prozessoren und das Ultra-Low-Power-SMARC sA3874i mit TI Sitara AM3874
Bild 2. Drei verschiedene SMARC-Module: Das sAT30 mit grafik- starkem Nvidia Tegra 3, das sAMX6i mit Freescales i.MX6 Single-, Dual- und Quad-Core-Prozessoren und das Ultra-Low-Power-SMARC sA3874i mit TI Sitara AM3874.
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Auswählen kann man derzeit SMARC-Modul-Familien mit ARM-Cortex-A8- oder ARM-Cortex-A9-Designs. Das Angebot reicht dabei von Modulen mit dem grafikstarken Nvidia-Tegra-3-Prozessor über Freescales besonders breit skalierbare i.MX6-Familie mit Single-, Dual- und Quadcore-Prozessoren bis hin zum Ultra-Low-Power-Prozessor Sitara AM3874 von Texas Instruments. Welche Bandbreite damit abgedeckt werden kann, zeigt sich, wenn man sich die Funktionsumfänge dieser neuen Module etwas genauer anschaut.

SMARC-Module mit dem Quadcore-Prozessor Nvidia Tegra 3 mit ARM-Cortex-A9-Architektur eignen sich für bildzentrierte Applikationen wie POS, Infotainment, Digital Signage, Sicherheit und Überwachung sowie Medizintechnik und Verteidigungstechnik. Interessant sind diese Prozessormodule insbesondere wegen der integrierten Nvidia-GeForce-Grafik. Sie liefert bei ARM die derzeit höchste Grafikleistung für bis zu zwei unabhängige Displays. Zu ihren Leistungsmerkmalen zählen dabei HD-Videodekodierung in MPEG2. Zusätzlich bieten die Module Kamera-Support über zwei Dual-Lane-CSI-2-Kameraports. Und obwohl sie auf der gleichen Prozessortechnologie wie die aktuell leistungsfähigsten Tablets und Smartphones aus dem Konsumgüter-Segment basieren, verfügen sie über die typische Embedded-Langzeitverfügbarkeit von sieben Jahren.

Eine attraktive Grafik gibt es auch bei den Freescale-iMX6-Modulen. Noch überzeugender aber ist die Vielseitigkeit dank hoher Skalierbarkeit. Ihre mit 800 MHz getakteten Cortex-A9-Kerne gibt es als Single-, Dual- oder Quad-Core. Mit dieser Skalierbarkeit können ganze Produktfamilien entwickelt werden, die durch das eingesetzte Modul eine Differenzierung vom Einstiegsmodell bis zur High-End-Lösung erlauben. Der i.MX6 sorgt dabei für eine ausgewogene Prozessor- und Grafikleistung. Je nach SoC-Ausführung enthalten sie ein oder zwei unabhängige Grafik-Engines mit Video-De- und Encoder. Ein weiterer Pluspunkt bei Freescale ist die Langzeitverfügbarkeit von mindestens zehn Jahren bei den iMX6-Prozessoren. Darüber hinaus werden die damit ausgerüsteten SMARC-COMs von Kontron für den erweiterten Temperaturbereich von -40 bis +85 °C entwickelt.

Die neuen Module, die auf Basis des Texas Instruments Sitara AM3874 entwickelt wurden, positionieren sich mit dem schlankeren Single-Core Cortex-A8 für den Einsatz in kostensensitiven Anwendungen. Durch extrem niedrige Leistungsaufnahme und erweitertem Temperaturbereich von -40 bis +85 °C sind sie bestens für Outdoor-Installationen geeignet. Ti-Sitara-Module verfügen über 3D-Grafikbeschleunigung und verarbeiten HD-Videos. Zwei unabhängige Displays können über 18/24-bit-Leitungen parallel oder per Single-Channel-LVDS und HDMI angebunden werden. Darüber hinaus ist eine parallele Kameraschnittstelle inte-griert. An weiteren Schnittstellen werden beispielsweise SPI, I2S, I2C und zwei CAN-Busse unterstützt.

Für all diese neuen SMARC-Module sind auch bereits Carrier Boards zur Evaluierung erhältlich. Sie unterstützen vielfältige Schnittstellen sowie verschiedene Solid-State-Speicher. Ein Standard-Evaluation-Board trifft aber meistens nicht die Anforderungen einer individuellen SFF-Applikation. Hierfür wird daher in der Regel ein individuelles Carrier Board benötigt, das der Gerätehersteller selbst entwickeln oder in Auftrag geben kann. Bei größeren Stückzahlen ist es sinnvoll, das Modul mit dem Carrier zu einem Full-Custom-Design zu verschmelzen.

Software: BSPs und Betriebssystem-Integration immer wichtiger

Eine Standard-Hardware ist nur ein Baustein innerhalb des komplexen Gefüges einer Low-Power-SFF-Applikation. Die zweite wichtige Frage: Wie steht es um den Software-Support? Hier stellt die ARM-Architektur eine besondere Herausforderung dar, weil jeder Prozessor seine eigene Peripherie hat. Zur Software-seitigen Applikationsentwicklung zählt zuerst der Betriebssystem-Support: Welche Betriebssysteme können eingesetzt werden und wird die spezifische Hardware-Konfiguration unterstützt?

Hier kann jeder Hersteller für seine Module nur individuell Antwort geben. Ein Vorgehen wie bei x86-Betriebssystemen ist bei ARM-SoCs nicht möglich: Erst das Betriebssystem aufspielen, fehlende Treiber identifizieren, um sie sodann sukzessive einzubinden. Bei der ARM-Technologie muss bereits im Bootloader durch Einbindung und Anpassung der Treiber die Voraussetzung geschaffen werden, dass Prozessor und Peripherie unterstützt werden. Daher ergibt sich für Board Support Packages ein deutlich höherer Stellenwert und Implementierungsaufwand als bei x86-Designs. Wenn sich auf dem Carrier Board weitere Komponenten befinden, die nicht zur Standardausrüstung für diese Prozessoren zählen, so müssen deren Treiber natürlich auch in den Bootloader mit integriert werden.

Ein umfassendes Board Support Package ist also ein absolutes Muss für ARM-Module. Besonders wünschenswert wäre es, wenn der Service des Hardware-Herstellers sogar die Treiberportierung der auf dem Carrier Board verwendeten individuellen Komponenten mit einschließen würde. Hierfür ist eine Software-Abteilung erforderlich. Diese kann dann direkt auch beim Anpassen des Bootloader unterstützen.

Neues Terrain: Bootloader statt –BIOS

Wo x86-Technologie auf ein BIOS setzt, erfolgt bei ARM-Prozessoren das Laden der Firmware der einzelnen Komponenten über einen Bootloader. Das beschleunigt zwar den Bootvorgang, dürfte für viele OEMs aber unbekanntes Terrain sein. Kommen auf dem Carrier Board noch weitere Komponenten hinzu, müssen diese ebenfalls im Bootloader mit eingebunden werden.

Software-Services auf Seiten der Hardware-Hersteller gewinnen deutlich an Bedeutung, um Kunden den Einstieg in die ARM-Welt so einfach wie möglich zu machen
Bild 3. Software-Services auf Seiten der Hardware-Hersteller gewinnen deutlich an Bedeutung, um Kunden den Einstieg in die ARM-Welt so einfach wie möglich zu machen.
© Kontron

Und ebenso wie applikationsspezifische BIOS-Konfigurationen benötigt werden, gilt es, diese auch für den Bootloader zu erstellen. Auch hier steht die Frage offen, wer helfend zur Seite stehen kann, wenn Bootloader-Expertise gefragt ist. Idealerweise sollte auch dieses Aufgabenfeld vom Hardware-Hersteller der Module abgedeckt werden, da er die tiefsten Kenntnisse über sein System vorweisen kann (Bild 3).

Damit gewinnen Software-Services auf Seiten der Hardware-Hersteller deutlich an Bedeutung. Kunden sollten daher darauf achten, dass der Hardware-Hersteller eine Software-Abteilung hat, die diese Services auch umsetzen kann. Viele Embedded-Hersteller lagern diese Dienstleistungen aus. Doch aus Kundensicht ist es deutlich effizienter, wenn er diesen Service aus einer Hand direkt beim Module-Hersteller bekommt. Es gibt durchaus Anbieter, die einen eigenen Software-Support im Hause haben.

 

Der Autor

Gerhard Szczuka
ist seit 2007 bei Kontron in Deggendorf als Product Marketing Manager für COMs tätig. Nach einem Studium der Sinologie und BWL sowie einer Ausbildung zum Kommunikationselektroniker, Fachrichtung Informationstechnologie, bekleidete er zuvor verschiedene Stellen in der Computer-Distribution, zuletzt sechs Jahre als Product Manager Marketing Components bei Ingram Micro in München.

gerhard.szczuka@kontron.com



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