Eine gründliche Evaluierung der Umgebungsbedingungen wie Schock und Vibrationen oder extreme Temperaturbedingungen hilft Systementwicklern dabei, die für ihre Applikationsanforderungen ideale MicroTCA-Spezifikation zu finden. Jede der Rugged-MicroTCA-Spezifikationen (MTCA.1 und MTCA.3) definiert verschiedene Produktklassen, die einem bestimmten Grad der Schock- und Vibrationsfestigkeit sowie einem bestimmten Temperaturbereich entsprechen. Um Entwickler bei diesem Auswahlprozess zu unterstützen, hat die PICMG im August 2010 den „MicroTCA Application Guide“ veröffentlicht, der Systementwickler dabei unterstützt, die für ihre Applikation passende MicroTCA-Spezifikation zu finden. Der vollständige MicroTCA Application Guide steht kostenlos auf der PICMG-Website zum Download zur Verfügung. Einen Eindruck vermittelt Bild 2 .
Da ein vollständiger Überblick über den Auswahlprozess den Umfang dieses Artikels sprengen würde, werden an dieser Stelle nur einige generelle Richtlinien genannt, die bei der Entwicklung von MicroTCA-Systemen berücksichtig werden sollten:
Systemdesigner, die mit den Euro-card-Bauformen VME und CompactPCI vertraut sind, finden sich auch in der MicroTCA-Spezifikation schnell zurecht:
MicroTCA in Aktion
Die extrem hohe Rechenleistung von MicroTCA ergibt sich aus den bis zu zwölf CPU-Blades auf nur einer Backplane. Werden hierfür Dual-Core- oder Quad-Core-Prozessoren genutzt, kann ein MicroTCA-System bis zu 48 Prozessorkerne enthalten. Die daraus resultierende extrem hohe Performance auf kompaktem Raum ist eines der wichtigsten Alleinstellungsmerkmale von MicroTCA. Die Kommunikationsbandbreite reicht dabei von 40 Gbit/s bis über 1 Tbit/s - zugegeben eine recht breite Spanne, aber realistisch, da die tatsächliche Bandbreite je nach Implementierung variiert.
Insbesondere die Entwickler militärischer Systeme reizen die Vorzüge von MicroTCA-Designs voll aus, indem sie Systeme entwickeln, die auch unter widrigen Umgebungsbedingungen höchste Leistung entfalten. Während die Entwickler militärischer Systeme zu den „Early Adopters“ von Micro-TCA zählen, stößt das Konzept inzwischen auch in anderen Industriezweigen auf Interesse, bei denen Applikationen mit strengsten Umgebungs- und Sicherheitsauflagen verbunden sind. Diese finden sich beispielsweise im Transportwesen, im Energiesektor - z.B. bei der Entwicklung intelligenter Smart-Grid-Systeme -, in Chemieanlagen oder auch in kritischen Fertigungsprozessen, die alle eine vergleichbar hohe Anforderung an Robustheit und Performance eint.
Aber auch die Medizintechnik verzeichnet einen ständig wachsenden Bedarf an Bandbreite und Rechenleistung, was auch hier MicroTCA zum idealen Kandidaten für bestimmte Applikationen macht. Zu nennen sind hier beispielsweise anspruchsvolle Bildverarbeitungsprozesse, die ein wichtiges Diagnosewerkzeug bei der Analyse von medizinischen Bilddaten darstellen.
Die Einsatzszenarien von Micro- TCA sind breit gestreut. Applikationsentwicklern bietet der Standard eine ganze Bandbreite verschiedener Spezifikationen, passend für die unterschiedlichsten Einsatzszenarios. Der applikationsspezifische Feinschliff, beispielsweise für bestimmte Performance-Ansprüche unterschiedlicher Märkte, gelingt durch das modulare Grundkonzept mit AMCs. Standardisierte Small-Form-Factor-Systeme, die sich durch eine hohe Performance und Bandbreite auszeichnen, bieten in der Welt anspruchsvoller Systemdesigns erhebliche Vorteile, und die Rolle von MicroTCA wird hier sicherlich immer weiter wachsen.
Der Autor:
| Dipl.-Betriebswirt (FH) Peter Ahne |
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| ist seit 2004 Marketing Manager bei Kontron. Nach einer Ausbildung zum Funkelektroniker und einem BWL-Studium mit Schwerpunkt Marketing übernahm er Aufgaben in Event-organisation und -marketing und durchlief mehrere Stationen in Marketing, Vertrieb und Produktmanagement in der IT-Branche. |
peter.ahne@kontron.com