So leistungsfähig und modern Allwinners SoCs auch sind, müssen sie sich als Bausteine für die Consumer-Elektronik Fragen zu ihrer langfristige Verfügbarkeit gefallen lassen. Für Branchen mit strikten Zertifizierungsregularien scheint dies praktisch ein K.O.-Kriterium zu sein. Andere Branchen haben es da einfacher und können den Entwicklungen schneller folgen. Dazu nutzen sie die Software- und Schnittstellenkompatibilität der Module. »Die Forderung nach Langzeitverfügbarkeit eines Moduls steht eigentlich im Widerspruch zum ganzen Modulkonzept - man will ja die Option haben, durch einen einfach Austausch sein Produkt auf- oder umzurüsten«, betont Dr. Tomsich. »Wir reden deshalb mit unseren Kunden lieber über eine projektspezifische Lieferfähigkeit – zum Beispiel über sieben Jahre – als über die langfristige Verfügbarkeit eines einzelnen Moduls, wobei auch hierfür bereits eine Lösung im Dialog mit Allwinner Technology erarbeitet ist.«
Bei den Schnittstellen seiner Module setzt Theobroma Systems auf die Vorgaben des Computer-on-Module-Standards Qseven und verzichtet ganz bewusst auf Zusatzsteckverbinder auf dem Modul und die Möglichkeit, so die zusätzlich vom SoC angebotenen Signale herauszuführen. »Wir wollen unsere Module kompatibel halten, denn mit jeder Bausteingeneration ändern sich auch die angebotenen Schnittstellen«, erklärt der Hardware-Entwicklungsleiter Klaus Goger. »Die von Qseven definierten Schnittstellen passen für viele Branchen und Anwendungen. Für andere Einsatzgebiete prüfen wir die Entwicklung von Modulen, die zu SMARC kompatibel sein können – auch haben wir von kurzem die Entwicklung eines COM-Express-Moduls mit 64-Bit-ARMv8 und 10-Gigabit-Ethernet gestartet.«
Durch den Inhouse-Software-Support – der Board-Support wird weitgehend unabhängig in Wien integriert und für Industrieanwendungen qualifiziert – sichert Theobroma Systems auch die problemlose Austauschbarkeit der Module auf der Softwareebene. Der Kunde muss nicht befürchten, dass der Prozessorhersteller beispielsweise einen »Schnellschuss« beim BSP liefert, der dann zeitaufwändige Anpassungen vom Anwender und seiner Software verlangt. Mit dem Quell-offenen Yocto-Linux kann zudem ein »Code-Freeze« auch auf der Betriebssystemebene durchgeführt werden. Als nächstes Betriebssystem will Theobroma Systems »Android 5.1« unterstützen. Dedizierte Echtzeitbetriebssysteme stehen allerdings bislang nicht auf der Roadmap. »Wir könnten FreeRTOS anbieten, in dieser Prozessorklasse sind dazu aber noch keine Anfragen gekommen«, ergänzen die Wiener.
Die meisten Kunden von Theobroma Systems’ Qseven-Module haben bislang Mikrocontroller oder ältere ARM-Prozessoren im Einsatz und wollen aufgrund steigender Softwareanforderungen, beispielsweise durch die Umstellung von IPv4 auf IPv6, auf eine aktuelle Plattform wechseln. »ARM-Bausteine sind SoCs und damit logische Mikrocontroller-Nachfolger«, erläutert Dr. Tomsich. »Mit den vielen Kernen vereinfachen sich viele Probleme bei der Softwareentwicklung, unter anderem auch die Echtzeitthematik – man braucht damit kein hartes Echtzeitbetriebssystem mehr bzw. kann einzelne Kerne für ’bare-metal‘-Anwendungen reservieren.«
Einfach soll es der Kunde auch bei der Entwicklung seines Träger-Boards haben. Da der Anwender »nur« die Schnittstellen des Moduls berücksichtigen muss - und nicht die des anspruchsvollen SoCs -, kann er mit ein bis zwei Lagen bei seiner Baugruppe auskommen. Viele Mikrocontrolleranwender haben dabei sogar die Chance, ihre gewohnten Entwicklungswerkzeuge weiter zu verwenden, und sind so nicht gezwungen, in eine neue Tool-Chain investieren zu müssen.