Günter Lauber, CEO von Siemens Electronics Assembly Systems (SEAS) im Interview über die Neuorganisation der Produktion, die Strategie des Unternehmens und die Zukunft des Fertigungsstandortes Deutschland.
Siemens Electronics Assembly Systems (SEAS) ist seit gut 10 Monaten eigenständig und die Fertigung der Siplace-Maschinen in München neu strukturiert. Während in Europa und den USA Flaute herrscht, wächst vor allem der chinesische Fertigungsmarkt und bescherte SEAS in den letzten Monaten einen guten Auftragseingang. Zum Investieren bewegen will CEO Günter Lauber die Kunden mit dem neuen Konzept »Build-to-Order«: Damit sollen sich Hard-, Software und Services flexibel den Kundenbedürfnissen anpassen und den Fertigungsprozess über die gesamte SMT-Linie optimieren.
Markt&Technik: Ihre Produktionsfläche hat sich mit der neuen Fabrik in München insgesamt deutlich reduziert. Bedeutet das, Sie planen zukünftig mit weniger Produktionskapazität als in den Jahren zuvor?
Günter Lauber: Ein klares »Nein«. Wir arbeiten in der neuen Fabrik nach dem Prinzip des »Lean Managements«. Das heißt, wir haben zwar unseren Flächenbedarf auf kleiner ein Viertel reduziert, dies aber nicht auf Kosten von weniger Produktionskapazität. Im Gegenteil: Durch das neue Supply- Chain-Management-Konzept sind wir in der Lage, flexibel auf schwächere Marktphasen und Auftragsspitzen zu reagieren und verfügen sogar über eine deutlich höhere Kapazität als bisher. Die Produktion einer Siplace-Maschine dauert jetzt nur noch 10 Tage.
Viele Hersteller drehen derzeit an der Preisschraube, um neue Kunden zu gewinnen. Werden die Karten neu gemischt und etablierte Kunden-/Lieferanten- Beziehungen »aufgebrochen«?
Es gibt mit Sicherheit einige Projekte auf dem Markt, die allein über den Preis vergeben werden. Der Kunde sollte dann aber auch die Folgekosten im Auge haben: Kauft er jetzt billig eine Maschine, die vielleicht gar nicht in sein Linien-Konzept passt, könnte ihn das später teuer zu stehen kommen. Ich glaube jedenfalls nicht, dass sich etablierte Kundenbeziehungen wegen des Preises trennen werden. Preisdumping ist für uns jedenfalls keine Strategie.
Und wie lautet Ihre Strategie?
Wir wollen unseren Kunden die Möglichkeit geben, ihren Bedarf zu skalieren bzw. ein Grundinvestment zu tätigen und die Maschinenleistung je nach Auslastung flexibel ausbauen zu können, ohne dabei die Linie bzw. die Stellfläche verändern zu müssen. Die optimale Bestücklösung ist heute flexibel skalierbar und durch die individuelle Kombination aus Hardware-, Software und Service-Modulen exakt auf die jeweilige Elektronikfertigung und das Produktionskonzept des Kunden abgestimmt. Diese Strategie arbeitet darauf hin, die »Build-to-Order (BTO)«-Konzepte unserer Kunden optimal zu unterstützen.
In der Praxis heißt das zum Beispiel, dass wir hardwareseitig mit der neuen Siplace SX erstmals die Möglichkeit bieten, Flexibilität und Leistung unabhängig voneinander zu skalieren. Technologische Basis dafür sind Wechselportale, die sich binnen weniger Minuten ein- oder ausbauen lassen. Die Portale kann der Kunde kaufen oder über den »Rent-a-Gantry-Service« (Gantry: Portal) kurz-, mittel- oder auch langfristig flexibel ausleihen. Zudem besonders wichtig für uns: im Fokus unserer BTO-Strategie steht der enge Erfahrungsaustausch mit allen Beteiligten in der SMT-Prozesskette.
Einige Hersteller der SMT-Kette betrachten das Thema »Erfahrungsaustausch und Technologiepartnerschaften « allerdings skeptisch. Man hat bisweilen den Eindruck, zuviel Austausch ist gar nicht allerorten willkommen. Woran hakt es?
Wer heute noch nur in einzelnen Maschinen denkt, hat verloren. Der Dialog und Informationsaustausch zwischen den einzelnen Equipmentlieferanten in der SMT-Prozesskette ist immens wichtig. Unsere Industrie braucht fertigungsübergreifende und prozessorientierte Konzepte über die gesamte SMT-Linie und eine intelligente Kombinationen aus Hardware, Software und Services, um die Fertigung und die gesamten Prozesse auch über die Fertigungslinie hinaus zu optimieren und damit den Fertigungsstandort Europa zu festigen. Wir als Bestückautomatenhersteller, sicherlich mehr noch als andere Geräte-Hersteller, sehen uns in der Pflicht, solche Partnerschaften voranzutreiben und beziehen da sehr bewusst auch sämtliche Logistikprozesse mit ein.