Die hohen Steuern und Ein- und Ausfuhrzölle des Landes tun ihr Übriges, Russland als Herstellungsstandort nicht gerade attraktiv zu machen. »Für uns gibt es zahlreiche ›Russland-spezifische‹ Probleme«, berichtet beispielsweise der Vertriebschef eines amerikanischen Halbleiterzulieferers, der in der Region fertigt. »Komponenten einzuführen ist ein aufwendiger Prozess, bei dem wir aufgrund der Zollbestimmungen jedes Mal Verzögerungen von bis zu vier Wochen einkalkulieren müssen.«
Neben den scheinbar für ausländische Unternehmen unvorteilhaften russischen Zollbestimmungen fehlt es im Land laut iSuppli an einem effizienten Distributionsnetz für die Halbleiter, Module und Komponenten, sobald sie im Land sind.
Zuletzt haben ausländische Firmen in Russland noch mit der Geschäftsmentalität vor Ort zu kämpfen. Nach Erfahrung der Analysten hängt ein wirtschaftlicher Erfolg in Russland oft von den entsprechenden Beziehungen ab. »Im Russland nach Putin trifft man zwar nicht mehr so oft auf ›maffiaartige‹ Seilschaften, trotzdem kommt es oft noch darauf an, ob man die richtigen Leute kennt«, schätzt Greg Sheppard, Chief Development Officer bei iSuppli, die gegenwärtige Lage ein.
Keine einheimische Halbleiterindustrie
Ein weiterer Faktor, der den Wachstum der Auftragsfertiger in Russland bremst, ist das Fehlen einer einheimischen Halbleiterindustrie, die den Nutzwert von Auftragsfertigern in der Region – beispielsweise durch Lieferabkommen – steigern könnte. »Mit Ausnahme der von der Regierung subventionierten Unternehmen wie Mikron, die vornehmlich auf den Verteidigungssektor ausgerichtet sind, gibt es kaum einheimische Halbleiterfertiger in Russland«, stellt Len Jelinek von iSuppli fest.
Zuletzt spielt auch das Problem der Fälschungen und Plagiate in Russland eine Rolle. In der Zulieferkette für die Elektronikindustrie begegnet man laut iSuppli in Russland einer Vielzahl an Fälschungen. Darüber hinaus wirken die hohe Kriminalitätsrate und die laxe Sicherheitslage ebenfalls abschreckend.
iSupplis Resümee aus ihrer Studie: Es muss sich viel ändern in Russland, damit das Interesse der EMS-Branche und der großen Halbleiterunternehmen wieder erwacht und sie den Weg nach Russland erneut wagen. In naher Zukunft wird das Interesse wahrscheinlich dort bleiben, wo es sich jetzt befindet – nahe dem Nullpunkt.