Productronica: Weltleitmesse mit neuen Akzenten

14. Oktober 2009, 15:41 Uhr | Heinz Arnold, Markt&Technik

Die Aussteller der productronica 2009 leiden stark unter der Krise. Doch Klaus Dittrich, Geschäftsführer Messe München, sieht positive Zeichen: »Zwar kommen in diesem Jahr weniger Aussteller als 2007, doch eine Weltleitmesse zieht nach wie vor.«

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Markt&Technik: Noch rund vier Wochen bis zur productronica 2009. Wie sieht die Stimmungslage derzeit aus?

Klaus Dittrich: Das erste Halbjahr verlief für unsere Messen recht gut. Die BAU erzielte einen neuen Rekord, die Inhorgenta lief besser als erwartet. Und die Laser World of Photonics wuchs 2009 gegenüber 2008 von drei auf vier Hallen. Im zweiten Halbjahr aber werden auch wir nicht von den Auswirkungen der Krise verschont bleiben. Das trifft sicherlich die productronica, denn gerade die Firmen, die Maschinen für die Elektronikfertigung entwickeln und bauen, sind stark von der Krise gebeutelt. Viele Firmen sprechen gegenüber 2008 von Umsatzeinbußen von 60 und 70 Prozent.
 
Wie macht sich das in Zahlen für die productronica 2009 bemerkbar?

Die produtronica belegt 2009 sieben Hallen, das sind drei Hallen weniger als 2007. Wir erwarten etwas über 1000 Aussteller aus 30 Ländern, 2007 waren es 1425. Angesichts der derzeitigen Situation betrachte ich 1000 Aussteller als sehr respektabel. Denn viele Firmen, die 2007 noch dabei waren, existieren schlicht nicht mehr. Und die Firmen, die kommen, sparen an der Fläche.
 
Werden die sieben Hallen voll belegt sein?

Wir rechnen damit, dass 75.000 m² belegt werden. Die Kapazität der Hallen liegt bei 77.000 m². Das Bestellverhalten in der Industrie ist derzeit sehr kurzfristig, davon sind auch wir betroffen. Anmeldungen werden so lange hinausgeschoben wie es geht, teilweise gehen Anmeldungen 14 Tage vor Beginn der Messe ein. Diese Anforderungen können wir derzeit noch erfüllen.
Von überall ist zu hören, dass die Wirtschaft die Talsohle erreicht habe. Sehen Sie konkrete Zeichen der Besserung?

Ja, seit Mitte August verspüren wir eine Trendwende. Erstmals gingen gemessen an Standfläche mehr Buchungen ein als Stornos. Unternehmen, die ursprünglich abgesagt haben, wollen nun doch ausstellen. Von Mitte August bis Mitte September kamen 450 m² hinzu. Wir wollen von unserer Seite dazu auch ein Zeichen setzen: Sparen allein führt nicht aus der Krise, nur Innovationen führen aus der Krise! Sehr ermutigend finde ich, dass die Unternehmen auch wenn sie kurzarbeiten, die Innovationen weiter vorantreiben, das wollen wir mit unserem Messekonzept kräftig unterstützen.

Was kann die productronica 2009 als Messe dafür tun?

Schon vor eineinhalb Jahren haben wir uns, in einem Workshop mit der Industrie zusammengesetzt, um die folgende Frage zu beantworten: Was macht eine Messe für Elektronikfertigung in München zur Weltleitmesse, wenn ein Großteil der Produktion nach Asien zieht? Wir haben darauf drei Antworten gefunden. Erstens ist Europa nach wie vor der Sammelpunkt des Top-Managements. Das müssen wir weiterentwickeln. Zweitens nutzen die Firmen die productronica sehr gerne, um hier wirkliche Innovationen einem breiteren, einem Weltpublikum vorzustellen. Deshalb richten wir uns noch stärker auf Innovationen aus, nach außen hin kenntlich durch ein neues Logo und durch die Unterzeile »die Weltleitmesse für innovative Elektronikfertigung« mit der Betonung auf Innovation. Drittens spielen Effizienz, Zeit, Kosten und Nutzen für die Besucher die entscheidende Rolle. Auf Basis dieser drei Punkte haben wir ein Konzept entwickelt – dann kam die Krise. Mit unserem Ansatz können wir die Krise natürlich nicht aufhalten, aber ich glaube, dass der Ansatz sich gerade in der Krise bewährt.

Wie definieren Sie eigentlich eine Weltleitmesse?

Eine Weltleitmesse sollte den Markt vollständig und über die gesamte Wertschöpfungskette abdecken. Sie sollte der Treffpunkt für das Top-Management dieser Branche und ihrer Kunden sein. Und sie sollte eine hohe Internationalität aufweisen – bei Ausstellern und bei Besuchern. Damit sollte sie weltweit genügend Aufmerksamkeit auf sich ziehen, um die Firmen dazu zu bringen, große Ankündigungen auf diese Messe zu terminieren.

Selbstverständlich entwickeln die Firmen nicht mehr auf ein Messedatum hin, aber sie nutzen eine Weltleitmesse doch. Das haben die vergangenen productronicas an vielen Beispielen gezeigt. Eher regional orientierte Messen werden dazu nicht genutzt. Die Aussteller sollten auf einer Weltleitmesse das Gefühl haben, dort präsent sein zu müssen, auch in Zeiten wie diesen. Es gibt eine Reihe von weltweit agierenden großen Firmen, die Messen in Asien abgesagt haben, auf der productronica aber weiter ausstellen. Sie sparen hier zwar an der Fläche, aber nicht an der Präsenz.

Sie haben den neuen Markenauftritt der productronica mit neuem Logo erwähnt, sicherlich ein schönes Zeichen, aber was steckt inhaltlich hinter dem Fokus auf Innovationen?

Wir haben Innovationsfelder definiert, dazu gehören etwa die Micronano Production, Organic Electronic, Photovoltaikfertigung, die hybride Bauteilefertigung und EMS. Ein sehr interessantes Beispiel ist die Selbstorganisierende Produktion. Im Rahmen der Sonderschau SOPRO zeigen die Partner des Projekts anhand simulierter Bearbeitungsstationen das Prinzip der Selbstorganisierenden Produktion im intelligenten Produktionsprozess. SOPRO wird den Herstellungsprozess von Gütern revolutionieren. Maschinen und Werkstücke, die über Chips (eGrains) miteinander kommunizieren, voneinander lernen und ihre Arbeit selbst einteilen, sorgen dafür, dass Fertigungsprozesse flexibler, effizienter und umweltfreundlicher werden.

SOPRO ist also der nächste Schritt, die Fertigungsindustrie in Deutschland auszubauen, wettbewerbsfähiger zu machen und damit Arbeitsplätze zu sichern. Eckhard Hohwieler vom Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK), wissenschaftlicher Koordinator des Projekts SOPRO, ist überzeugt, dass die Selbstorganisierende Fertigung den Produktionsstandort Deutschland nachhaltig verändern wird.


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