Der ZVEI-Chefvolkswirt im Gespräch mit Markt&Technik

Nach einer fulminanten Aufholjagd normalisiert sich das Wachstum

11. April 2012, 10:47 Uhr | Karin Zühlke
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Risikofaktoren bleiben ...

Wo liegen mittelfristig die Risikofaktoren für die Elektroindustrie?

Die Schuldenkrise hatten wir ja bereits angesprochen. Die grundlegenden Probleme sind nicht endgültig vom Tisch, aber die Politik hat sich derer angenommen. Man muss die mit diversen Rettungsmaßnahmen erkaufte Zeit jetzt nutzen, um die Dinge perspektivisch wieder ins richtige Lot zu bringen.

Und die konjunkturellen Risiken?

Da gibt es einige Punkte: Europa wird wohl in eine – wenn auch milde – Rezession kommen. Aber auch die Schwellenländer wie China oder Brasilien wachsen nicht mehr so dynamisch wie noch vor zwei Jahren.

Und die – ja notwendige – Konsolidierung der Staatshaushalte geht kurzfristig zu Lasten des Wachstums. Daher gibt es Befürchtungen, dass man zu schnell und zu viel konsolidiert. Mittel- bis langfristig muss also ein tragfähiger Konsolidierungspfad aufgezeigt werden, gleichzeitig darf man das kurzfristige Wachstum aber nicht bremsen. Das ist ein Spagat, der nicht einfach zu bewerkstelligen sein wird.

Ein weiterer Punkt sind die derzeit niedrigen Zinsen, die hier und da wohl bereits zu spekulativen Blasen geführt haben. Auch die Währungsmanipulationen, z. B. die Koppelung des Schweizer Franken an den Euro, bergen ein gewisses Risikopotenzial: Solche Manipulationen könnten irgendwann auf Handelsrestriktionen hinauslaufen, wenn sie ausgereizt sind, denn abwerten lässt sich doch nur solange, wie andere eine Aufwertung ihrer Währung zulassen.
Schließlich werden wir auch mit politischen Risiken konfrontiert:  Z. B. stehen Wahlen in den USA und in Frankreich an und auch die Technokraten-Regierung in Griechenland oder Italien werden bald wieder durch demokratisch gewählte ersetzt werden.      

Bei all den Risikofaktoren zählt die Elektroindustrie in Deutschland aber doch zu den wachstumsstärksten Industrien ….

Ja - das ist richtig. Strukturell wie auch betriebswirtschaftlich sind wir in der Elektroindustrie sehr gut aufgestellt. Unsere Firmen haben im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote von 40 Prozent, das sind 10 Prozentpunkte mehr als im Schnitt des Verarbeitenden Gewerbes insgesamt. Außerdem gibt es kaum einen  globalen Wachstumstrend, an dem die Elektroindustrie nicht beteiligt ist: Energieeffizienz, Ressourceneffizienz, Infrastruktur, Sicherheit, Gesundheit und demografischer Wandel, Embedded Systems, Elektromobilität, um nur einige zu nennen.
Ermutigende Zeichen kommen übrigens insbesondere auch aus den USA: Unser Exportgeschäft hier ist um 18 Prozent gestiegen im letzten Jahr. Die Exporte nach China sind um 17 Prozent gestiegen. Im Januar hatten wir ein Plus von 8 Prozent beim Export in die USA. Die dortige Konjunktur fasst also wieder Tritt.
 
Die Solarindustrie – einst Flaggschiff der deutschen Industrie - strauchelt - inwieweit trifft das nach Ihren Einschätzungen die Elektroindstrie?

Die Solar-Technologie als solche ist ja nicht in der Krise. Sie gilt weiter als Zukunftsbranche. Allerdings haben wir es hier – nicht zuletzt aufgrund asiatischer Niedrigpreiskonkurrenz – mit starken Preisrückgängen zu tun. Hinzu kommen Subventionskürzungen sowie hausgemachte Probleme hier und da. Das zusammengenommen sorgt bedingt eine gewisse Konsolidierung in der Solarbranche.
Und man muss sich darüber im Klaren sein, dass manche Geschäftsfelder eben volatiler sind als andere und Ausschläge an der Tagesordnung sind. Auf Grund ihrer Innovationsstärke wird die deutsche Elektroindustrie aber sicher weiter technologische Neuerungen vorantreiben. 

Welchen Stellenwert hat derzeit die Diskussion um das Thema Energie- und Rohstoffpreise? 

Die Rohstoffpreise sind nach wie vor hoch. Ungefähr die Hälfte unserer Kosten fällt im Bereich Material und Rohstoffe an, insofern ist das Thema immer wichtig.
Was die jüngsten Preisschübe anbelangt, so waren zuletzt vor allem Öl und Gold betroffen. Hier spielen aber auch Wechselkurseffekte mit rein, da die Preise auf Dollar lauten. Immerhin hat es bei anderen Rohstoffen zuletzt keine Verschärfungen mehr gegeben. Bei Seltenen Erden sind die Preise in den letzten Wochen leicht zurückgegangen.


  1. Nach einer fulminanten Aufholjagd normalisiert sich das Wachstum
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