Um das Wachstum im Investitionsgütersegment anzukurbeln, müssen die Banken endlich ihre Zurückhaltung bei der Kreditvergabe aufgeben, fordern die Teilnehmer des Markt & Technik Forums »Elektronikfertigung«.
Die Crux: Kaum ein Finanzinstitut ist in der Lage, die Investitionsgüter im Fertigungsbereich richtig zu bewerten. Die Hersteller versuchen ihren Kunden so gut es geht unter die Arme zu greifen, aber auch das hat seine Grenzen, denn »wir sind keine Bank«, erklärt Reinhard John, Essemtec Deutschland.
Teure Investitionen in neue Maschinen und Anlagen sind derzeit noch die Ausnahme. Und für diejenigen Unternehmen, die investieren wollen, wird eine Finanzierung im sechsstelligen Bereich oft zum Hürdenlauf. Die Banken und Leasinggesellschaften wälzen jegliches Risiko auf den Kreditnehmer ab und fordern eine 110-prozentige Absicherung oder eine Rückkaufgarantie vom Lieferanten.
»Erst muss man ein Unternehmen finden, das überhaupt investiert, dann den Auftrag bekommen und zum Schluss sollen wir die Maschine auch noch finanzieren, weil der Kunde die Finanzierung nicht geregelt bekommt«, schildert Jürg Schüpbach, Juki Automation, das Szenario. »In guten Zeiten hat man das Geld bekommen, weil die Bänker so getan haben, als ob sie das Geschäft bewerten können. Das können sie heute immer noch nicht, haben aber furchtbare Angst und sichern sich immer weiter ab«, stellt Dr. Werner Witte, BuS Elektronik fest.
Wer sich normalerweise mit der Bewertung von Immobilien- und KFZ-Finanzierung und -Leasing beschäftigt, für den sind Fertigungsmaschinen und –geräte wie Bestückungsautomation, Reflow-Öfen, AOI-Geräte, etc. »böhmische Dörfer«. An diesem Manko scheitern reihenweise Kreditzusagen und damit Aufträge für die Fertigungsindustrie. Zudem könne es durchaus passieren, dass ein Unternehmen aufgrund seiner Branchenzugehörigkeit bei einem Kreditversicherer als nicht kreditwürdig eingestuft wird, ohne dass im Einzelfall geprüft wurde, weiß Holger Neuendorf, SMT & Hybrid. Früher sei es kein Problem gewesen, wenn man den einen oder anderen Auftrag verloren hat, weil die Finanzierung nicht zustande gekommen sei, heute tue das weh, so Schüpbach.
Viele Hersteller zeigen sich flexibel und unterstützen ihre Kunden bei der Finanzierung oder vermitteln beim Kreditinsitut: »Natürlich versuchen wir mit unseren Kunden flexible Lösungen, wie Leasing, Rücknahmeverplichtungen oder auch mal Ratenzahlung, zu vereinbaren, aber das geht nur in gewissem Rahmen, denn wir sind keine Bank«, betont John. Für Bestandskunden, die auf ein leistungsstärkeres Fertigungsmodell umsteigen, bietet Essemtec mit dem Investitionsschutzmodell eine interessante Alternative: Nach diesem Prinzip kann der Kunde das kleinere Essemtec-System gebraucht zurückgeben, wenn er dafür ein größeres kauft.
Auf Vermittlung zwischen Kunde und Finanz- bzw. Leasinginstitut setzt Gerhard Reusch, Multi Compontents: »Wir versuchen unsere Kunden zu unterstützen, indem wir den Finanzinstituten bei der Bewertung helfen, ihnen Erläuterungen zu den Fertigungseinrichtungen geben und Rückkaufsmöglichkeiten aufzeigen.« Mittlerweile gibt es laut Reusch in Deutschland einige Leasingunternehmen, die sich aufgrund dessen flexibler zeigen und wieder vermehrt Verträge absegnen.
Es muss nicht immer »neu« sein
Der Gebrauchtmaschinen-Anbieter AdoptSMT kennt die Kreditklemme nicht erst seit gestern. Viele kleinere Kunden hätten auch schon vor dem Wirtschaftsabschwung diesbezüglich Probleme gehabt, erklärt Günter Breckner: »Daher bieten wir neben dem klassischen Kauf mehrere Möglichkeiten, darunter auch Leasing oder eine Art Mietkauf, für Produktionen, bei denen der Verlauf ungewiss ist.« Der Kunde hat bei diesem Konzept auch nach einem halben Jahr noch die Chance zu entscheiden, ob er den Vertrag wieder rückgängig macht oder schließlich kauft, wenn der Auftrag gut läuft.