Herausforderung RoHS II

»Der RoHS-Recast ist ein Schritt in die richtige Richtung«

14. Juni 2013, 11:00 Uhr | Karin Zühlke
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Viele Firmen sind noch im Verzug

Mit welchen Prüfmethoden kann die RoHS-Konformität Ihres Erachtens am besten nachgewiesen werden?

Das Screening mit einem Röntgenfluoreszenzgerät ist eine zerstörungsfreie und kostengünstige Methode zum Nachweis der RoHS-relevanten Elemente. Eine zuverlässige Aussage ist allerdings nur mit hochwertigen Laborgeräten und geschultem Personal zu erreichen. Beim Messen mit Röntgenfluoreszenz gilt es eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen, die Einfluss auf das Messergebnis haben können. Wir haben hier viel Erfahrung und bieten die Screening-Messungen auch als Dienstleistung für externe Kunden an.

Worauf kommt es bei der Erstellung der technischen Dokumentation besonders an?

Die technische Dokumentation ist die Basis für die EU-Konformitätsbescheinigung des Gerätes. Aus der technischen Dokumentation muss eindeutig hervorgehen, für welches Produkt sie gilt, welche Komponenten eingebaut bzw. konfigurierbar sind und wie die Konformität der einzelnen Komponenten sichergestellt wird. Wichtig dabei ist, dass alle Komponenten des Produktes (auch die optionalen) auf RoHS-Konformität zu überprüfen sind. Die Sicherung der Kontrollprozesse kann auf unterschiedliche Weise normgemäß gestaltet werden: analytische Messungen sind hier ebenso zulässig wie Lieferantenbewertungen und Risikoabschätzungen oder Zuliefererklärungen.

Obwohl die neue Richtlinie bereits seit Januar 2013 gilt und nicht nur neue Produkte, sondern auch Bestandsprodukte betrifft, sind viele Unternehmen mit der Umsetzung in Verzug. Wo liegen die Defizite im Hinblick auf die Informationslage und die Realisierung der Vorschriften?

Unternehmensseitig herrscht vor allem in Bezug darauf Unsicherheit, ob die bisher implementierten Prozesse ausreichend sind. Und obwohl mittlerweile die europäische Guideline zur Umsetzung der RoHS II vorliegt, gibt es noch viele offene Fragen. Auch behördenseitig befindet sich das Projekt RoHS II in der Aufbauphase, die Zuständigkeiten sind noch nicht vollständig geklärt. Prinzipiell ist die Marktaufsicht zuständig – in Deutschland ist das Ländersache, daher ist in Bayern beispielsweise das Gewerbeaufsichtsamt mit den Kontrollen betraut. Für eine möglichst effiziente Marktaufsicht wird aktuell auch überlegt, die Kontrolle der einzelnen Produktgruppen schwerpunktmäßig zwischen den EU-Ländern aufzuteilen.

Auf welchem Feld benötigen die Unternehmen Ihrer Einschätzung nach die meiste Unterstützung?

Im Rahmen unseres RoHS-Dienstleistungsangebotes für externe Kunden – wir bieten das Komplettpaket von Messungen und Beratung in allen Bereichen des RoHS-Konformitäts-Nachweises und schulen die mit der Umsetzung der Richtlinie betrauten Mitarbeiter entsprechend – ist uns aufgefallen, dass bei allen Neuerungen im Rahmen des RoHS-Recasts Unsicherheiten auftreten. Das betrifft den Anwendungsbereich der RoHS II ebenso wie den Umfang der technischen Dokumentation, die Überwachung der Serienfertigung oder den Umgang mit Risikokomponenten. Häufige Fragen sind zum Beispiel: Fällt mein Produkt in den Anwendungsbereich der RoHS oder ist es ausgenommen? Wie kann die Qualität und Vertrauenswürdigkeit von RoHS-Lieferantenerklärungen beurteilt werden?
Wie kann die Überwachung der Serienfertigung sichergestellt werden?
Wie sind Komponenten und Elektro-/Elektronikgeräte, die der CE-Kennzeichnungspflicht unterliegen, voneinander abzugrenzen? … Das sind nur einige Beispiele.

Auf welche Weise wird die RoHS-Konformität von Produkten von der Marktaufsicht kontrolliert?

Mit der Einführung der neuen Richtlinie haben die Behörden ein zusätzliches Instrument zur Überwachung der RoHS-Konformität an der Hand. Neben der nur sehr eingeschränkt möglichen Nachmessung können sie jetzt direkt auf den Hersteller bzw. Importeur zugehen und die Prozesse zur Konformitätsbewertung des Produktes überprüfen. Diese stichprobenartigen Kontrollen werden ähnlich wie ein Audit ablaufen.

Mit welchen Sanktionen ist bei Verstößen zu rechnen?

Welche Sanktionen bei Verstößen drohen, hängt vom Grad der Abweichung ab. Im Extremfall, also etwa wenn eine Überschreitung der Grenzwerte vorliegt, muss mit einem Produktrückruf gerechnet werden. Bei kleineren Verstößen, z. B. wenn die EU-Kontakt-Adresse nicht auf dem Produkt angegeben ist, fällt auch die Strafe geringer aus. Daneben ist die Einführung eines Zentralregisters im Gespräch, in dem die Behörden Firmen auflisten, die im Hinblick auf die RoHS-Konformität negativ aufgefallen sind.

Abschließend um eine kurze Einschätzung: Wie bewerten Sie die neue Richtlinie insgesamt?

Mit der neuen Richtlinie verfolgt die EU den Weg, Produktanforderungen in die CE-Kennzeichnung und die damit verbundenen Konformitätsbescheinigung zu integrieren, konsequent weiter: RoHS-Konformität ist nun neben EMV, Sicherheit und Ökodesign ein weiterer Baustein der EU-Konformitätsbescheinigung. Mit der RoHS II sind sowohl Hersteller als auch Importeure und Vertreiber in der Pflicht, ausschließlich RoHS-konforme Produkte in Verkehr zu bringen. Durch die verpflichtende Selbsterklärung des Herstellers haben alle Marktbeteiligten die Sicherheit, dass Elektro- und Elektronikgeräte die Stoffverbote der RoHS einhalten – insofern liegt die Einhaltung der Vorschriften in unser aller Interesse. Darüber hinaus sollte nicht vergessen werden, dass ein funktionierendes Schadstoff- und Datenmanagement auch zusätzliche Marktchancen birgt, denn in vielen wichtigen Märkten außerhalb Europas – z. B. in China – existieren RoHS-ähnliche Vorschriften.

Daher ist der Recast insgesamt ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn die Umstellung Unternehmen und Behörden zunächst vor immense Herausforderungen stellt.


  1. »Der RoHS-Recast ist ein Schritt in die richtige Richtung«
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