Deutsche EMS-Unternehmen

Steht ein Massensterben bevor?

26. November 2015, 14:26 Uhr | von Dr. Dimitrij Saldanha
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Wettbewerber aus Fernost

Anders sieht es beim Wettbewerb aus Fernost aus: Hier geht es in erster Linie um Preise. Andererseits müssen deutsche Hersteller, die mit fernöstlichen Auftragsfertigern bei kleineren Serien zusammenarbeiten, einen vergleichsweise hohen Aufwand treiben, um die gewünschte Qualität sicherstellen zu können. Dieser rechtfertigt sich in der Regel nur bei größeren Preisvorteilen und hohen Stückzahlen. Andererseits brechen den deutschen EMS-Unternehmen durch Wettbewerber aus Fernost durchaus hohe Auftragsvolumen weg, vor allem bei jenen deutschen Auftragsfertigern, die ihren Fokus auf große Stückzahlen mit einzelnen Baugruppen gerichtet haben. Mindestens ebenso wettbewerbsstark sind Auftragsfertiger aus Osteuropa, wo Lohnkosten teilweise noch niedriger sind als in Fernost. Nur die fehlende Infrastruktur geht noch zu Lasten von osteuropäischen EMS-Unternehmen, doch dieser Nachteil wird mit der Zeit mehr und mehr schwinden.

FaMAS ist überzeugt, dass der deutschen Elektronik-Industrie und damit auch der EMS-Branche gravierende Veränderungen bereits in den nächsten fünf Jahren bevorstehen. Als Folge wird sich in der deutschen EMS-Branche ein Massensterben anbahnen – ähnlich dem der Leiterplattenindustrie vor 15 Jahren. Nur zur Erinnerung: Vor 15 Jahren gab es in Deutschland mehr als 100 Leiterplattenproduzenten; aktuell sind es noch knapp 30. Sollte sich dies bei den Auftragsfertigern im selben Maße wiederholen, so werden in den nächsten 15 Jahren vermutlich über 200 EMS-Firmen Insolvenz anmelden. Die Folgen des aktuellen Wettbewerbsumfeldes sind hoher Druck auf die Margen und geringere Profitabilität. Trotz guter wirtschaftlicher Lage ist eine sinkende Profitabilität bei den meisten EMS-Unternehmen zu erwarten. Der Umsatz stieg zwar in den letzten Jahren, doch die Rohmarge ist gesunken. Sobald der Umsatz – wie leider absehbar – wieder sinken wird, wird es viele Firmen hart treffen. Die meisten deutschen Auftragsfertiger verfügen als Mittelständler über limitierte Reserven. Bei hohen Lohnkosten bleibt den meisten nur noch die Investition in teure Automatisierungstechnik. Das führt zu steigender Verschuldung. Das größte Problem ist aber, dass die meisten Auftragsfertiger sich mit einer Strategie wohlfühlen, die in Wirklichkeit keine nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit sichert. Natürlich wird es nicht jeden treffen, doch für viele wird es höchste Zeit zu handeln. Was kann getan werden? Die Antwort darauf ist simpel und kompliziert zugleich:

 1. Spezialisierung,
 2. Flexibilisierung,
 3. Konsolidierung.

Der Mix und die Gewichtung dieser drei Aspekte ist für jedes Unternehmen unterschiedlich zu betrachten. Wichtig ist allerdings, sich der aktuellen Situation bewusst zu werden und kurzfristig einen Handlungsplan zu entwickeln. Mit etwas Glück und einem gehörigen Maß an Verstand gehört man dann zu den Gewinnern.

 

Der Autor

Dr  Dimitrij Saldanha 
 

hat als Experte für Geschäftsentwicklung mehr als zwanzig Jahre Berufserfahrung gesammelt in Firmen wie Hochtief AG, Geocapital (US-Venture-Capital-Firma) und zuletzt bei McKinsey Inc. 2007 gründete er zusammen mit weiteren Partnern die FaMAS GmbH, die Firmen bei neuen Geschäftsstrategien berät.


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