Kuperinlaytechnik

Hochstrom und Steuerung auf einer Leiterplatte

27. März 2013, 7:41 Uhr | Karin Zühlke
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Hoher Anteil Handarbeit

Ist die Produktion solcher Leiterplatten nicht aufwändiger als die herkömmlicher Leiterplatten? »Das ist in der Tat der Fall«, so Müller, »Denn bei diesem Verfahren lässt sich nicht jeder Schritt automatisieren«. Die Inlays müssen separat bearbeitet und für den Produktionsprozess vorbereitet werden. In Form gebracht werden die Einlagen durch Wasserstrahl, Laser, fräsen oder ätzen. Becker & Müller nutzt hier hauptsächlich einen Ätzprozess für die Vorbereitung der Einleger - aus Gründen der Produktivität, ist der Ätzprozess doch Teil der Standard- bzw. hausinternen Fertigungsabläufe. Tests, auch am Kunden-Validierungsprojekt, ergaben jeweils ähnliche Ergebnisse bei den unterschiedlichen Methoden. Das Trägermaterial (FR4) wird präzise gefräst und die Teile dann händisch in die Vertiefung eingelegt. Hier ist ein relativ hoher Anteil Handarbeit notwendig. »Maschinelles Einlegen wäre hier zu schwierig und außerdem bei kleineren Stückzahlen nicht rentabel. Daher verfolgen wir diesen Ansatz derzeit nicht«, erläutert Müller.

Durch die notwendigen Spezifikationen und den manuellen Prozess des Einlegens gibt es einen kleinen Spalt zwischen dem Basismaterial und dem eingebrachten Einleger. Diese Toleranz ist für die Montage notwendig. Dieser Spalt wird nun mit Harz zuverlässig verfüllt. Ursprünglich wurde mit einem anderen Füllmaterial für die Fugen experimentiert, aber eine entsprechend niedrige Toleranz der Zwischenräume ermöglicht es einen Standardprozess und Standardmaterial einzusetzen. Die Einlaminierung ist die eigentliche Herausforderung im Produktionsprozess. Anschließend muss das an der Oberfläche außenliegende Kupfer vom überschüssigen Harz befreit werden - ein zusätzlicher Produktionsschritt.

Welches Material eignet sich nun für das Verfahren? Folien mit einem Temperaturkoeffizienten von weniger als 5 ppm/°C einzulaminieren, hat Becker & Müller schnell wieder verworfen. »Will man einen Multilayer mit Hilfe einer solchen Folie beispielsweise auf einen Temperaturkoeffizienten von 6,5 ppm/°C stabilisieren, was etwa dem von Keramikmaterial entspricht, so müssten 40-60% der Leiterplattendicke aus solchen Folienblechen bestehen, weil sonst das Harzmaterial mit seinem Temperaturkoeffizienten von 16 ppm/°C überwiegt«, gibt Müller zu bedenken.

Becker & Müller hat eine eigene Messmethodik entwickelt, um genau diese Anforderungen an die Wärmeausdehnung an den fertigen Leiterplatten zu testen. Mit Hilfe einer eigenentwickelten Messmaske kann die Ausdehnung der fertigen Platte gemessen werden. Die Wärmeausdehnung des stabilisierenden Materials sollte möglichst klein sein. Das Material sollte einfach in einem Multilayer zu verarbeiten und nachträglich auch einfach zu bearbeiten sein. Becker & Müller empfiehlt ein Standardmaterial und setzt für seine neue Technologie bevorzugt auf FR4 -  weil gut zu bearbeiten - und Kupfer, das sich durch eine hohe Wärmeleitfähigkeit auszeichnet.
Die Produktion der einzelnen Leiterplatte mag mit dem neuen Verfahren etwas teurer sein. Für die Leiterplatte bzw. das Endprodukt bedeutet es aber letztendlich eine deutliche Einsparung. Für die Entwicklung neuer Produkte kann mit wesentlich weniger, kleineren und kompakten Leiterplatten gearbeitet werden, Kühlbauteile und mechanische Verbindungen fallen weg. Außerdem können die Formen an den Bedarf des Kunden präzise angepasst werden. Beim Endzuschnitt  kann auf Wunsch der Produktdesigner das an den Seiten der Leiterplatte herausstehende Kupfer abgefräst werden. Manche Designer nutzen diese Kupferenden aber, um Wärme an die Umgebungsluft abzugehen. Diese Fräskontur, inklusive Tiefenfrässchritte, wird bei Becker & Müller separat programmiert. Unterschiedliche Formenwünsche der Kunden können so unproblematisch realisiert werden.

Aber nicht nur wenn es um die Herstellung seiner Hochstromleiterplatte geht, ist der Kunde bei Becker & Müller an der richtigen Adresse. Bereits während des DFM-Prozesses (DfM: Design for Manufacturing) stehen die Experten mit Rat und Tat zur Seite. »Dabei diskutieren wir mit dem Kunden Fragen, wie die Grenzen des Machbaren. Checken das Layout und die Daten des Kunden. « Verbesserungen  fließen dann unmittelbar in das Design der Leiterplatte ein.

Interessante Absatzmärkte sehen die beiden Geschäftsführer von Becker & Müller vor allem in der Antriebstechnik, bei Netzteilen und Stromversorgungen. »Diese Bereiche waren für uns die Treiber zur Einführung der Kupferinlay-Technik«, schildert Becker. Aber auch immer mehr Anwender in der E-Mobility, der Solartechnik und der Leistungselektronik müssen hohe Ströme und Temperaturen über die Leiterplatte führen. »Grundsätzlich gilt: Je höher die Leistung, umso interessanter wird die Kupfereinlegetechnik«, fasst Becker zusammen.


  1. Hochstrom und Steuerung auf einer Leiterplatte
  2. Hoher Anteil Handarbeit

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