Deutsche PCB-Industrie

Abschied vom Massengeschäft

15. März 2013, 16:00 Uhr | Karin Zühlke
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Strukturwandel hin zu kleineren Stückzahlen

Fela
Fela hat frühzeitig neue Technologien aufgegriffen und sich neue Geschäftsfelder geschaffen.
© Fela

Noch relativ stabil behaupten sich die PCB-Hersteller in der Umsatzklasse zwischen 10 und 35 Mio. Euro. Wie der Fall Schoeller zeigt, bleibt aber auch dieses Segment von der Konsolidierung nicht verschont. Schoeller musste im vergangenen Geschäftsjahr Umsatzeinbußen von etwa 10 Millionen Euro hinnehmen und hat zum 1. März rund 40 Mitarbeiter entlassen. Künftig will man sich weniger auf Massengeschäft, dafür mehr auf »HighEnd« konzentrieren, wie der Geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Winkelmann gegenüber der Markt&Technik erklärt: »Wir sind in Europa und weltweit im Bereich Starrflex führend, und bei der Multilayer-Technologie sind wir im High-End-Bereich ’Hybridaufbauten’ gut vertreten. Mit dieser Ausrichtung haben wir 2010 begonnen und setzen das jetzt konsequent fort.« Bislang liefen bei Schoeller für Industrieleektronik und Telekommunikation auch größere Serien. Aber, so Winkelmann, »in diesem Segment gibt es schon seit Mitte 2012 eine wirtschaftliche Anspannung, und der Wettbewerb ist hier deutlich größer als im High-Tech-Bereich. Deshalb haben wir beschlossen, dass wir unsere Kapzitäten anpassen und uns nicht mehr so stark auf die Massenproduktion fokussieren, sondern auf anspruchsvolle Technologien.«

Nach Ansicht von Winkelmann ist die Spezialisierung der einzige Weg, um sich von dieser Massenkonkurrenz abzuheben. Außerdem hat Schoeller nicht nur seine Vertriebsregionen ausgeweitet und die Vertriebsstrukturen optimiert, sondern setzt auch verstärkt auf eine engere Kundenbindung durch mehr Support, was die asiatischen Hersteller nicht leisten können. »Wir wollen unseren Kunden im High-End-Bereich dabei helfen, ihre Gesamtentwicklung kostengünstiger zu gestalten.« Und Winkelmann hat noch ein Argument, warum Kunden aus dem HighEnd Segment nicht beim Leiterplattenhersteller aus Asien bestellen sollten: »Bei uns hat der Kunde die Sicherheit, dass sein Know-how in Europa bleibt.« In Asien dagegen ist IP-Klau an der Tagesordnung. An Potenzial und Erfindergeist jedenfalls mangelt es bei Schoeller nicht. Alleine in den vergangenen beiden Jahren investierte man 3,6 Millionen Euro in neue Produktionsanlagen. Darüber hinaus hält die Firma einige Patente im Bereich der starrflexiblen Leiterplatten. Winkelmann sieht sein Unternehmen daher für die Zukunft gut aufgestellt, weitere Einschnitte seien nicht geplant. Auch die Verkaufs- bzw- Übernahmegerüchte, die in den Medien kursierten, weist Winkelmann zurück und bezeichnet sie als »rein spekulativ«.

Einen Strukturwandel in Richtung mittlerer und kleinerer Stückzahlen wird es auch bei Ruwel geben, wenngleich damit keine Entlassungen der Stammbelegschaft verbunden sind: Der Leiterplattenhersteller konnte in den vergangenen gut drei Jahren sehr erfolgreich vom boomenden Markt der Photovoltaik profitieren. Durch die Probleme der Solarbranche brachen diese Aufträge aber weg, was Ruwel dazu zwang, die Kapazitäten anzupassen. Die Solaraufträge hatte das Unternehmen mit Leiharbeitsverhältnissen abgedeckt, die von August bis Jahresende 2012 ausgelaufen sind. 

Das Werk Geldern ist traditionell auf die Herstellung großer bis mittlerer Serienaufträgen ausgelegt. Nach den Worten von Frank Hoiboom, Leiter Marketing & PR von Ruwel, sei man dabei, den Fokus auf mittlere und auch kleine Stückzahlen mit kurzen Durchlaufzeiten zu setzen. Traditionell bediente Ruwel früher schwerpunktmäßig die Automobilindustrie. Diesen Fokus hat sich Ruwel zwar bewahrt, aber zusätzlich weitere Absatzschwerpunkte in der Industrie- und Medizinelektronik aufgebaut. »Auch hochwertige Nischenapplikationen aus der Telekommunikation werden Ruwel helfen, den Strukturwandel erfolgreich durchzuführen«, ist Hoiboom überzeugt. »Durch einen erfreulichen Auftragseingang gleich zu Jahresbeginn konnten wir im Februar schon wieder einen Großteil der Zeitarbeitnehmer beschäftigen«, berichtet er.

Um die notwendige Menge an kleinen und mittleren Aufträgen akquirieren zu können, baut Ruwel derzeit seine Vertriebsaktivitäten in Großbritannien, Italien und Frankreich aus. Neben der bestehenden Key-Account-Betreuung für Großkunden will das Unternehmen auch Flächenvertriebsstrukturen für den Service kleiner und mittelgroßer Kunden in den deutschen Ballungsregionen der Elektronikindustrie schaffen.

Ruwel agiert zwar in Deutschland wie ein Mittelständler, ist aber Teil des weltgrößten Leiterplattenherstellers Unimicron und insofern in der komfortablen Position, eine finanzkräftige Mutter im Rücken zu haben. So investierte das Unternehmen im vergangenem Jahr in die »Laser Direct Imaging«-Technologie, die filmlos belichten kann. »Insgesamt werden auch 2013 wieder rund 2,5 Millionen Euro in Geldern investiert«, so Hoiboom.

»Keine Bauchladenstrategie«

Wie sich ein deutscher Leiterplattenhersteller aber auch unabhängig von einer Konzernmutter erfolgreich positionieren kann, zeigt das Unternehmen Fela, das für das laufende Jahr gegen den Trend eine Umsatzsteigerung von über 10 Prozent plant. Der mittelständische Hersteller hat sich frühzeitig mit dem Einstieg in neue Geschäftfelder wie Leiterplatten auf Glas und kapazitive Eingabesysteme ein zweites Standbein geschaffen. Und das zahlt sich aus. »Die Situation in der Branche ist sehr unübersichtlich und von Unsicherheit geprägt. Fela als gesellschaftergeführtes Unternehmen ist seit Jahren ein zuverlässiger und berechenbarer Partner, der sich frühzeitig auf neue innovative Technologien gestützt hat und langfristig plant. Im Gegensatz zu anderen Unternehmen fahren wir keine Bauchladen-Strategien nach dem Motto ’Alles, aber nichts richtig’«, betont Krütt.


  1. Abschied vom Massengeschäft
  2. Strukturwandel hin zu kleineren Stückzahlen

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