Industrie 4.0 hat sowohl evolutionäre als auch revolutionäre Aspekte und ist insbesondere in Deutschland auf gutem Weg. Zwar gibt es große Herausforderungen zu bestehen, echte Hindernisse stellen sich aber nicht in den Weg – und nicht zu vergessen: Industrie 4.0 macht Spaß! Das ist das Fazit der CEO-Round-Table-Diskussion zu Beginn der productronica 2013.
»Ist Industrie 4.0 wichtig? Ja! Können wir es umsetzen? Ja! Macht es Spaß? Ja!«: So enthusiastisch stieg Gerd Hoppe von Beckhoff Automation in die Diskussion zum Thema Industrie 4.0 ein. Er sieht darin die Chance Innovationen voran zu treiben, nicht nur, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern und den Wohlstand hierzulande zu sichern, sondern um es vier bis fünf Milliarden Menschen in den sich entwickelnden Ländern zu ermöglichen, ihren Lebensstandard zu verbessern. Dazu ist es erforderlich, die Produkte energieeffizient, ressourcenschonend und ohne schädliche Emissionen und Abfall zu fertigen. Das funktioniert nur mit Industrie 4.0. Effizienz, Qualität, Nachhaltigkeit – das sind die Schlüsselworte für Energie 4.0 - und zwar in dieser Reihenfolge.
Die technischen Voraussetzungen dazu sind da: Weil Moore´s Law weiterhin gilt, wird sich die Rechenleistung der Prozessoren bis 2020 um den Faktor 32 erhöhen, gegenüber heute können wir als 2020 mit einer um 97 Prozent höheren Rechenleistung dafür sorgen, dass sich die Maschinen untereinander vernetzten und sich so unterhalten verstehen, wie wir das heute mit unseren Handys tun. 10 Milliarden mobiler Geräte sind heute vernetzt – im Rahmen von Industrie 4.0 werden es 50 Mrd. bis 100 Mrd. Geräte sein, die dann kommunizieren. »Aus Sicht des Halbleiterherstellers gibt es noch gewaltige Möglichkeiten«, freut sich Kurt Sievers von NXP Semiconductor Germany.
Das Ganze soll kein Selbstzweck sein, sondern ganz neue Produktionsweisen ermöglichen. Die Kommunikation erlaubt es, auf den einzelne Kunden zugeschnittene Produkte zu fertigen – Stichwort Losgröße eins -, die Tracebility zu erhöhen und die Prozesse sowie die gesamte Logistik darum herum auf die Fertigung von neuen Produkten mit sehr kurzen Lebenszyklen anzupassen.
Was sich in diesen Worten garn nicht einmal so spektakulär anhört, ist nichts weniger als eine Revolution: »Die gesamte Produktionslogik wird sich umkehren. Das ist der eigentliche Kern von Industrie 4.0, den es zu verstehen gilt«, sagt Prof. Wolfgang Wahlster von DFKI.
Dazu ein Blick auf die traditionelle Automatisierung in der Fertigung: Manufacturing Execution Systeme steuern den Produktionsfluss zentral, es gibt eine hierarchische Kommunikation. »Das führ zu Flaschenhälsen in der Kommunikation«, sagt Gerd Hoppe von Beckhoff Automation. Die Kommunikation in der smarten Industrie-4.0-Fabrik ist dagegen genau umgekehrt angelegt: Die zu bearbeitenden Teile und Subsystem kommunizieren mit der Maschine und sagen ihr, welche Fertigungsschritte sie anwenden soll. »Die Maschinen werden zu Service-Anbietern«, so Prof. Wahlster.
Und er gibt gleich ein Beispiel dafür: Das Geschäftsmodell eines erfolgreichen Start-ups besteht darin, dem Kunden genau die Müslimischung zu liefern, die er sich übers Internet bestellt, aus 100 verschiedenen Inkredenzien und jeweils aufs Gramm genau. Dazu gibt es 100 Abfüllstationen und die Müslitüte steuert sich selber über einen RFID-Tag zu den Maschinen, die sie befüllen sollen und holt die geforderte Menge ab. So ähnlich können Küchen auf die jeweiligen Bestellungen zugeschnitten werden oder Handys teilen den Fertigungsmaschinen mit, auf welche regionalen Standards ihr Software Defined Radio programmiert werden soll.