Michael Velmeden, Geschäftsführer, cms electronics
Nach einem Umsatzwachstum von über 10 Prozent im Jahr 2021 konnte der Umsatz noch einmal um gut 20 Prozent gesteigert werden. Das erste Halbjahr 2023 war immer noch geprägt durch Materialengpässe mit Schwerpunkt MCUs, was sich im Laufe des Jahres leicht entspannt. Der Auftragseingang war also in beiden Jahren überdurchschnittlich, teilweise mit Auftragsreichweiten weit über einem Jahr, allerdings sehen wir jetzt deutliche Auftragskorrekturen, die sich an die Umsatzentwicklung anpassen.
Dies resultiert im Wesentlichen aus den Anpassungen der Überplanungen von Kunden, welche aus unserer Sicht zur Absicherung der Versorgungssicherheit getätigt wurden. Wir erwarten im vierten Quartal weitere Verschiebungen in das Jahr 2024. Ähnlich verlief es auch beim Umsatz, wobei dieser aufgrund laufender kurzfristiger Verschiebungen - von Monat zu Monat – weiter hinterherhinkt.
Derzeit sehen wir in der EMS-Elektronikdienstleistungsbranche eine langsame Normalisierung des Geschäftes, da die Nachfrage sich auf das tatsächliche Geschäftsniveau einpendelt. Daraus ergeben sich folgende Herausforderungen: Reduzierung der überdurchschnittlichen Kapitalbindung durch Abbau der Läger und gleichzeitig Reduktion der Bestellhorizonte bei Lieferanten. Die Kunden sind zurückhaltend bei der Anlaufplanung von Neuprojekten, sprich: Verzögerung der Anläufe trotz vereinbarter Anlaufplanung und bereits getätigter Investitionen, wobei beides zu einer wiederum höheren Lagerhaltung und Unsicherheiten bei der Kapazitätsplanung führt, die Korrektur der überzogenen Planungsansätze der Kunden, getrieben vom Sicherheitsdenken und einer zu optimistischen Erwartung der Marktentwicklung.
Weiterhin haben wir es mit einer angespannten wirtschaftlichen Lage zu tun, da die Kosten insbesondere für Energie und Personal bei den langfristig gegebenen Verträgen nicht in dieser Höhe berücksichtigt waren. Insgesamt verlieren damit die europäischen Produktionsstandorte ihre Wettbewerbsfähigkeit. Aufgrund der unsicheren Marktentwicklung sehen wir eine deutliche Zurückhaltung bei der Vergabe von neuen Projekten und Projektverlagerungen. Trotz des sich leicht entspannenden Arbeitsmarktes sehen wir immer noch starke Engpässe bei qualifiziertem Personal im Bereich Engineering, Entwicklung und Einkauf.
Eine besondere Herausforderung stellt für die EMS-Industrie der Green Deal dar. Die EMS-Industrie ist von allen regulatorischen Maßnahmen im Rahmen des Green Deals, also Stoffregulierungen, PFAS-Verbot, Lieferkettengesetz etc. betroffen und muss dadurch einen hohen bürokratischen Aufwand betreiben, der in keiner Relation zum Geschäftsvolumen steht. Wir arbeiten jedoch aktiv daran, diese Herausforderungen zu bewältigen und Lösungen zu finden, um unsere Kunden weiterhin bestmöglich zu unterstützen.