Corona zum Trotz

Auslandsstudium auch in der Krise

28. April 2020, 11:47 Uhr | Selina Doulah
Alvise Doria, IT-Student an der Universität Padua, absolviert online den Bachelor-Kurs Sicheres Netzwerkmanagement, den die Hochschule München im Rahmen von DECAMP anbietet.
© privat

Durch Angebote von Auslandsstudien wollten die deutschen Hochschulen die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Absolventen stärken. Wie das trotz der Corona-Krise weiterhin funktionieren kann, zeigt die Fakultät für Informatik und Mathematik der Hochschule München.

Seit Beginn des Sommersemesters 2020 absolviert der an der Hochschule München (HM) eingeschriebene IT-Masterstudent Sebastian Becker den Master-Studiengang Angewandte Computer-Forensik und Verbrechensermittlung an der Universität South Wales in England. Was hat sich nun für ihn seit dem Ausnahmezustand durch Corona in Sachen Auslandsstudium verändert? Nichts. Denn dieser Kurs ist online. »Für den DECAMP-Master-Kurs in England habe ich mich entschieden«, sagt Becker, »da ich keinen ähnlichen Kurs an der HM gefunden habe und sich das Thema spannend anhörte.«

Die Corona-Beschränkungen sind kein Hindernis bei seinem Auslandskurs und nach erfolgreichem Abschluss erhält Becker 6 ECTS-Credits von der HM. Ein weiterer Bonus für Studierende, die sich nicht selten über Nebenjobs ihr Studium finanzieren müssen: Diese DECAMP-Online-Kurse bei EU-IT-Sicherheitsexperten kosten sie kein Geld.

Digitales internationales Studieren statt internationaler Lockdown

Was genau ist DECAMP? Gerade die Corona-Krise hat plötzlich die digitale Lehre in den Vordergrund gebracht. Seit 2017 bietet sie einen digitalen Campus an. Für seine Nutzer ist er ein echter Krisengewinner. Denn DECAMP verbindet sechs EU-IT-Fakultäten in Deutschland, England, Finnland, Italien, Rumänien und Spanien. Dabei geht es ausschließlich um die aktuelle IT-Sicherheit. Die Bandbreite der Kurse, aus der die Studierenden der Partnerhochschulen wählen können, reicht von Netzwerk-Sicherheit bis zu der jetzt auch in Deutschland wegen Covid-19 intensiv diskutierten e-Health-Sicherheit, also in der so notwendigen Telemedizin. In diesen Gebieten jedoch reicht Theorie alleine nicht aus. Man braucht dazu unbedingt ein virtuelles Labor.

Für viele noch in weiter Ferne: ein virtuelles Labor

Bei ihren derzeitig dringenden Digitalisierungserweiterungen stoßen vor allem die naturwissenschaftlichen Fakultäten, nicht nur in Deutschland, an ihre Grenzen. Denn ein virtuelles Labor lässt sich aufgrund seiner komplexen Technik nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen.

Auch dabei hat das von den Münchnern entwickelte DECAMP einen Vorsprung. Bei dieser Lernplattform können alle Studierenden aus den EU-Partner-Fakultäten auf virtuelle Netzwerk-Labore zugreifen. Diese ermöglichen ihnen 24/7 ihre Tests dort laufen zu lassen sowie ihre gemeinsamen Projektarbeiten Hands-on, also praktisch, durchzuführen. Dabei lernen sie sogar Netzwerke zu hacken, um später Unternehmen mit ihrem praktischen Wissen effizient gegen Hackerangriffe schützen zu können. Etwas, was sie in den lokalen Netzwerken ihrer Heimathochschulen nicht dürfen, eben genau wegen der Netzwerksicherheit.

Sechs unterschiedlich organisierte EU-IT-Fakultäten

Immer, wenn etwas gut läuft, wie bei DECAMP, schaut das Ergebnis kinderleicht aus. Doch insbesondere beim digitalen Aufbau von Auslandsstudien gibt es viele Hürden zu überwinden. Im Fall von DECAMP angefangen von der gemeinsamen Technik über sichere, kreuzquere Zugriffe von Studierenden auf verschiedene Moodle-Plattformen bis hin zur Durchführung der Prüfungen. Gerade das Bürokratische dauert.

So war es auch bei DECAMP: »Bei den rund anderthalb Jahren Vorarbeiten mit den sechs EU-Fakultäten war vor allem das Thema der gegenseitigen Leistungsanerkennung eine harte Nuss«, so Professor Alexandru Soceanu, einer der drei DECAMP-Organisatoren und nun -Koordinatoren an der HM. Auch hier steckte der Teufel im Detail. Unter anderem, dass jede EU-Hochschule andere Semesteranfänge und Prüfungszeiten hat, auf die Rücksicht genommen werden muss.

Beispiel Italien: Universität Padua

Während an der HM das Sommersemester in normalen Zeiten Mitte März beginnt, hätte es an der  italienischen Partner-Universität Padua Ende Februar starten müssen. Doch Italien, das besonders schwer von Corona betroffen ist, hatte seine Hochschulen erst gar nicht geöffnet. Die zweitälteste Universität Europas stellte deshalb auch relativ frühzeitig in vielen Teilen auf digitale Formate um. Umso mehr sind dortige IT-Studierende froh, dass sie im Onlinemodus im Ausland studieren können.

Alvise Doria, IT-Student an der Universität Padua, absolviert den Bachelor-Kurs Sicheres Netzwerkmanagement, den die HM im Rahmen von DECAMP anbietet: »Erstens finde ich das Thema interessant, und ich mag die praxisorientierte Lehrmethode des Professors. Zweitens lerne ich die spezifische Terminologie auf Englisch anzuwenden. Das ist wichtig für einen Job im Ausland. Und der Kurs ist nützlich für mich, um zu erfahren, was Studieren in Deutschland bedeutet.«

DECAMP wurde 2014 als Europas erstes ERASMUS+ ICT online Kursangebot mit ECTS Credits entwickelt. Nun läuft es bereits seit über vier Jahren und die Anzahl der Studierenden steigt kontinuierlich. Gerade in Zeiten wie diesen garantiert DECAMP mit seinen Auslandsstudien eine sichere »Trotz-Corona-EU-Mobilität«. Auch dies ein kleiner Beitrag zur Stärkung der EU.


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