Efficient Energy in der Insolvenz

Warum die Investorensuche so schwierig ist

10. August 2023, 9:20 Uhr | dpa, Carsten Hoefer, Corinna Puhlmann-Hespen
Die Wahl des richtigen Kältemittels ist ein Dauerthema, spätestens seitdem die F-Gase-Verordnung in Kraft getreten ist. Die Firma Efficient Energy bietet für Kunden eine klimafreundliche Alternative: eine Kältemaschine, die ausschließlich mit Wasser (R718) als Kältemittel arbeitet. Der Impeller (Foto) ist Teil des Turboverdichters, Herzstück der eChiller-Serie.
© Efficient Energy

Für Start-ups ist es ein schwieriges Jahr, weil viele Investoren ihr Geld zurückhalten. Efficient Energy, Hersteller von umweltfreundlichen Kältemaschinen, leidet darunter und sucht weiterhin nach einem Investor – trotz einer Technologie, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann.

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Efficient Energy aus dem oberbayerischen Feldkirchen bleiben nach Worten von Insolvenzverwalter Matthias Hofmann »nur noch wenige Wochen, um einen neuen Geldgeber zu finden«. Der Fall illustriert die Schwierigkeiten, die junge Unternehmen aktuell bei der Investorensuche haben. 

Die Kältebranche ist geschätzt für etwa sieben Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich, etwa doppelt so viel wie der globale Luftverkehr. Das Geschäftsmodell von Efficient Energy basiert darauf, hier anzusetzen und die Treibhausgasemissionen im Bereich der Kältetechnik zu reduzieren.  

Das Unternehmen hat mit dem „eChiller“ eine Kältemaschine entwickelt, die anstelle fluorierter Gase (F-Gase) reines Wasser als Kältemittel verwendet. Das Unternehmen hat über 200 Patente angemeldet und seit 2018 mit den Kältemaschinen „eChiller35“ und „eChiller45“ bereits zwei serienreife Produkte am Markt, welche erstens keine umweltschädlichen Kältemittel mehr verwenden und zweitens bis zu 80 Prozent weniger Strom benötigen als vergleichbare Kältemaschinen, die mit F-Gasen arbeiten. Eine dritte Kältemaschinen-Serie, die sich für einen noch breiteren Einsatzbereich eignet, steht kurz vor der Marktreife. Der neue "eChiller45IC" hat eine Kälteleistung von 24 bis 40 kW bei Kaltwassertemperaturen zwischen 12 bis 20 °C. 

In den vergangenen Jahren hat Efficient Energy bereits mehr als 190 Anlagen für Kunden in Betrieb genommen. Zum Einsatz kommen diese Anlagen in Rechenzentren, Industrieprozessen und Gebäuden. Zu den Referenzkunden zählen zum Beispiel große Unternehmen wie Siemens, British Telecom und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Gefördert wurde das 2006 gegründete Unternehmen mit seinen 90 Mitarbeitern in der Vergangenheit von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt und dem bayerischen Wirtschaftsministerium.

Eigentlich alles richtig gemacht

Die Geschäftsführung habe sehr früh den Insolvenzantrag gestellt, sagt Insolvenzverwalter Matthias Hofmann: »So können wir den Zeitraum von drei Monaten, in dem die Bundesagentur die Personalkosten mit Insolvenzgeld unterstützt, voll ausschöpfen. Aber mehr als diese drei Monate Juni, Juli, August haben wir faktisch nicht.«

Dabei sind klimafreundliche Technologien politisch erwünscht: Die EU will Europa zum »ersten klimaneutralen Kontinent« machen, nach Möglichkeit mit heimischer Technologie. Kältetechnik, die ohne fluorierte Gase auskommt, sollte in den kommenden Jahren eigentlich Hochkonjunktur haben: In ihrer F-Gas-Verordnung schreibt die EU vor, dass bis 2030 die Verkaufsmengen in Europa im Vergleich zu 2014 um 80 Prozent zurückgehen sollen.

Georg Dietrich, CEO von Efficient Energy, betont: »95 Prozent aller Kältemaschinen in der Kältetechnik werden heutzutage mit fluorierten Gasen betrieben. Das sind Produkte aus der chemischen Industrie, die sehr klimaschädlich sind. Wenn die F-Gase in die Atmosphäre gelangen, sind sie einige tausendmal schädlicher als CO2.«

Und dennoch gestaltet sich die Investorensuche für Efficient Energy schwierig - was vor allem der aktuellen Zeit geschuldet ist. 

Zurückhaltung bei Geldgebern – auch für Klima-Start-Ups

Nach einem Bericht des US-Branchendiensts Climatetech VC fuhren im ersten Halbjahr Wagniskapitalgeber weltweit ihre Investitionen in Klima-Start-ups im Jahresvergleich um 40 Prozent herunter: von 19 Milliarden auf 12 Milliarden Dollar. Eine Folge sind Insolvenzen.

Die Zurückhaltung trifft derzeit aber alle Bereiche der Start-up-Szene: von der Agrotechnologie bis zum Lieferdienst. In einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Digitalverbands Bitkom berichteten lediglich 17 Prozent der Start-ups mit aktuellem Geldbedarf, dass die Finanzierung für die kommenden zwei Jahre gesichert sei.

»Wir hatten zwei große Ankerinvestoren, und waren weit fortgeschritten in Gesprächen mit einem strategischen Industriepartner«, sagt Georg Dietrich, CEO von Efficient Energy. »Auf dem allerletzten Meter sind diese Gespräche gescheitert, für uns alle überraschend.«

Start-ups auf der Suche nach Anschluss- oder Refinanzierung seien stark unter Druck, bestätigt auch Insolvenzverwalter Hofmann. »Das Geld sitzt bei Venture-Capital-Investoren und im Private-Equity-Bereich nicht mehr so locker.«

Mehr als 20 Interessenten und noch kein Abschluss

Bei Efficient Energy habe die Kanzlei eine sehr gute Situation vorgefunden. »Die Technologie findet im deutschen und europäischen Raum guten Anklang und hat weltweites Potenzial.« In den vergangenen Monaten haben sich nach Angaben von Geschäftsführer Dietrich über 20 Interessenten bei Efficient Energy gemeldet. »Mit fünf sind wir jetzt in sehr intensiven Gesprächen«, so der Manager. »Das sind zum Einen strategische Investoren aus der Industrie, und zum Anderen Finanzinvestoren.«

Zu einem für alle befriedigenden Ergebnis haben diese Gespräche jedoch noch nicht geführt.

 

 

So funktionieren die klimafreundlichen Kältemaschinen 

  • Das Funktionsprinzip der Kältemaschinen von Efficient Energy beruht auf einem Kreisprozess im Hochvakuum. Zum Einsatz in diesem Vakuum kommt ein Kaltdampfprozess mit Direktverdampfung, Verdichtung und Kondensation. Es handelt sich also um einen klassischen Kältekreislauf, wobei der Verdichter-Aufbau speziell auf die Eigenschaften des Kältemittels Wasser abgestimmt ist.
  • Bei der Inbetriebnahme der Geräte wird einmalig enthärtetes Leitungswasser als Kältemittel eingefüllt, welches danach in einem geschlossenen Kreislauf für die Kälteerzeugung genutzt wird. 

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