Round Table: Industrielle Steckverbinder

Diese Neuerungen sind in der Diskussion

24. Oktober 2017, 16:30 Uhr | Corinna Puhlmann-Hespen
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Der Systemgedanke gewinnt

Insgesamt sind die Steckverbinder-Hersteller gewillt, nicht nur Komponenten anzubieten, sondern komplette Lösungen bzw. Systeme. Das bedeutet allerdings, dass sie tiefes Know-how im Bereich der Kundenapplikation aufbauen müssen. »Die Zeiten, in denen ein Vertriebsmitarbeiter einfach nur mit einem Katalog zum Kunden gegangen ist, sind definitiv vorbei«, bringt es Michael Singer von Erni auf den Punkt. »Wir müssen immer mehr auch beratend tätig sein, diesbezüglich ist ein starker Wandel im Gang.« Joachim Pfleiderer von Amphenol Tuchel Industrial sieht das ähnlich. »Diese Erwartungshaltung hat der Kunde. So ist es zum Beispiel unsere Aufgabe, technische Parameter, etwa den EMV-Schutz, festzulegen und entsprechend zu dimensionieren.«

Uwe Reinecke von TTI sieht in diesem Wandel auch eine Chance für die Distribution – erstens weil das Unternehmen selbst verstärkt Field Application Engineers beschäftigt und zweitens weil eine Lücke am Markt entsteht. »Durch neue Technologien verändert sich die Automatisierungsbranche. Der Markt wird größer und damit unübersichtlicher, weil viele kleine und mittelständische Unternehmen ihre Technologien und Dienstleistungen anbieten werden, ebenso wie Ingenieurbüros«, skizziert Uwe Reinecke eine Entwicklung, die man so bereits von der Automobilindustrie kennt. »Gleichzeitig arbeiten die Steckverbinder-Hersteller enger mit ihren Kunden zusammen, bilden Entwicklungspartnerschaften.«

Nach einem erfolgreichen Jahr 2016 – oftmals mit Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich – sind die Steckverbinder-Hersteller auch mit der bisherigen Umsatzentwicklung in diesem Jahr zufrieden. Die Herausforderung in letzter Zeit bestand darin, dieses Wachstum auch zu stemmen. Die »Beschaffung von Rohmaterialien zu vertretbaren Preisen« stellte die Branche vor Herausforderungen, wie Josef Wörner von Würth Elektronik eiSos berichtet.  Langfristige Wachstumstreiber sind unter anderem Industrie 4.0, neue Energieversorgungskonzepte und die Elektromobilität.

Steht der RJ45 vor dem Aus?
© Markt&Technik

Schmälert “Wireless” das Stecker-Geschäft?

Die Steckverbinder-Hersteller sehen optimistisch in die Zukunft, auch vor dem Hintergrund, dass Wireless – also die Funkübertragung – immer wichtiger wird, selbst im konservativ geprägten industriellen Sektor. »Immer mehr Kunden beschäftigen sich mit dieser Technologie«, berichtet Rainer Schmidt von Harting. Doch die Hersteller erwarten dadurch keinen Einbruch ihres Geschäfts: »Keine Frage, Handheld-Geräte in der Fabrik werden heute so ausgelegt, dass diese ihre Daten über eine WLAN-Verbindung beziehen«, sagt Manuela Gutmann von Yamaichi Electronics. »Es ist aber noch ein weiter Weg, bis auch die Steuerung der Maschine „wireless“ erfolgen wird.« Denn Automatisierungsprozesse stellen zum Teil sehr spezifische Anforderungen an die Verbindungstechnik. So ist zum Beispiel bei Hochgeschwindigkeitsapplikationen, wie Real-Time-Ethernet, auch weiterhin ein robustes Kontaktsystem gefordert. Auch Michael Lüdke von Phoenix Contact sieht zwar einen Trend hin zu Wireless, jedoch mit deutlichen Einschränkungen: »Das durchgängige Ethernet bis hin zu den kleinsten Teilnehmern, zum Beispiel Sensoren, ist in einer Wireless-Ausführung kaum denkbar. Denn je nach Applikation würde das zu einer enormen Anzahl an Teilnehmern im Netz führen!«

»Letztendlich ist es auch einmal mehr eine Kostenfrage«, bringt es Josef Wörner von Würth Elektronik eiSos auf den Punkt: »Der Industrie-Markt ist von vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt, die genau abwägen werden, ob sich eine Investition in die Wireless-Technologie lohnt.« Und in vielen industriellen Applikationen, bei denen Sicherheit und Verfügbarkeit eine wichtige Rolle spielen, ist die drahtgebundene, industrielle Verbindungstechnik einfach alternativlos – zumal ja auch eine Leistungsversorgung stattfinden muss.

Die Diskussion zeigt, wie beweglich die Steckverbinder-Branche ist. Der Kunde erhält dadurch schnellen Zugang zu neuen Produkten und Technologien. Das ist wichtig, denn Industrie 4.0 und IoT benötigen eine stabile Infrastruktur. Die Verkabelung und Verbindungstechnik sind essenziell für eine vernetzte Automatisierung.


  1. Diese Neuerungen sind in der Diskussion
  2. Welche Stecker-Typen sind gefragt?
  3. Daten und Leistung über eine Schnittstelle
  4. Der Systemgedanke gewinnt

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