Oliver Konz, CEO der Würth Elektronik eiSos, rechnet bei MLCCs erst Ende des Jahres mit einer leichten Entspannung. »Entscheidend wird sein, wie sich der Markt entwickelt. Die aufgebauten Kapazitäten, wenn es sie in der Breite überhaupt gab, werden erst langfristig wirken«. Priorisierung ist für ihn auch in der jetzigen Situation kein Thema: »Dies würde unserem Konzept des Serviceführers widersprechen. Wir stehen für Verfügbarkeit und Berechenbarkeit für alle unsere Kunden!« Würth Elektronik eiSos investiert in diesem Jahr in Summe 30 Millionen Euro in den Ausbau der Fertigungskapazitäten, »und 2019 noch mal diese Summe, wenn die Marktlage sich weiter so entwickelt«.
»Derzeit sehen wir in Deutschland noch keine Entspannung«, erläutert Gató José, Director of Product Management bei der VAC, »selbst eine Beruhigung der Auftragseingänge würde bei zahlreichen Produktlinien aufgrund der deutlich erhöhten Auftragsbestände nur mittelfristig zu einer Entspannung führen«. Er rechnet für 2019 mit einer ähnlichen Wachstumsentwicklung wie in diesem Jahr. Lange Lieferzeiten und Allokation prägen nach Beobachtung von Rolf Viehmann, Leiter Marketing bei der Isabellenhütte, nach wie vor die Situation auf dem Markt. »Zwischenzeitlich sind einige Bauteile aus der Allokation gekommen, aber nicht alle.« Bezogen auf Shunts habe die Isabellenhütte inzwischen die Allokation überwunden und sei zur Normalität zurückgekehrt. Der Umfang der Investitionen in den Ausbau der Produktionskapazität liegt laut Viehmann bei der Isabellenhütte in der Region von 10 Prozent des Jahresumsatzes.
»Unsere Kapazitätserhöhungen werden durch neues Equipment ab dem 4. Quartal dieses Jahres wirksam«, freut sich Dr. Lutz Baumann, Geschäftsführer der SRT Resistor Technology; zu einer gewissen Entspannung der Situation habe auch die Anpassung der Planungshorizonte der Kunden beigetragen. Er stellt aber auch fest, »dass nach wie vor sehr viele Kunden aus dem KMU-Bereich von den gestiegenen Lieferzeiten überrascht werden«. Aufgrund steigender Materialpreise will er in Zukunft leichte Preisanpassungen nicht ausschließen. Im laufenden Geschäftsjahr wird das Unternehmen etwa 15 Prozent seines Umsatzes in die Produktionserweiterung stecken. Sollte sich der Bauelementemarkt weiter so entwickeln wie bisher, will man 2019 noch einmal in der selben Größenordnung investieren.
»Uns liegen bereits Aufträge bis ins Jahr 2019 hinein vor«, schildert Dirk Hermann, Vertriebsleiter bei FTACP, die aktuelle Situation. »Aktuell können wir keinen Rückgang der Lieferzeiten bei unseren Lieferanten erkennen.« In diesem Zusammenhang weist er auf in den letzten Wochen deutlich gestiegene Lieferzeiten für Elko-Folien hin. Für die Zukunft will er unter anderem deshalb eine Preiserhöhung von etwa 10 Prozent nicht ausschließen. So positiv die bisherige Umsatzsteigerung zum Vorjahr auch ist, Hermann berichtet auch von Kunden, »die sich schon seit Längerem darüber beschweren, dass sie Gefahr sehen, Aufträge aufgrund von fehlenden Materialien nicht bedienen zu können«.
Bei den großen Distributoren sieht man die Lage auch alles andere als entspannt. »Die Verknappung ist deutlich zu spüren«, berichtet Dietlind Vinson, Director Product Management Passive EMEA bei Arrow Central Europe. »Rohstoffe werden insgesamt knapp, daher steigen auch Lieferzeiten für Bauteile, die nicht von Allokation betroffen sind.« Wie sie berichtet, haben die meisten Kunden inzwischen ihren Bestellhorizont inzwischen deutlich erweitert, auf zwölf Monate und darüber. »Jeder hat Prozesse installiert, die es uns leichter machen, mit der Situation zu leben.«
Aus Sicht von Jean Quecke, Sales Director (IPE) Central Europe bei Future Electronics, »ist der Markt zur Zeit extrem verunsichert, was die Lieferfähigkeit, das Einhalten von Lieferterminen sowie das Preisgefüge betrifft«. Während er bei den MLCCs eine gewisse Stabilisierung wahrnimmt, sieht es für ihn so aus, »als ob der Peak bei den Widerständen noch nicht erreicht ist«. Extrem sei die Situation derzeit bei Dick- und Dünnschichtwiderständen. In diesem Zusammenhang weist er auch darauf hin, »dass in Asien bis zu 40 Prozent höhere Preise bezahlt werden, es geht also um die Sicherstellung der Supply-Chain für Europa«.
»Die Verfügbarkeit von MLCCs ist extrem schlecht, gefolgt von Dickschichtwiderständen, Melf- und Mini-Melf-Widerständen«, so beschreibt Joachim Pfülb, Vertriebsleiter Beck Elektronik, die aktuelle Situation auf dem deutschen Markt. Er rechnet für die zweite Jahreshälfte 2018 mit einer weiteren Verschärfung der Situation; »die Prognose für 2019 bleibt bei anhaltender Nachfrage extrem angespannt«. An Lageraufbau sei derzeit nicht zu denken, »die verfügbaren Materialien gehen direkt zum Kunden und dort unmittelbar in die Produktion«.
Ganz ähnlich sieht Falko Neubert, CTO bei Endrich Bauelemente, die Situation: »Kondensatoren und Dickschicht-Widerstände extrem angespannt, wenn noch mehr Kunden von Dick- auf Dünnschicht-Widerstände wechseln, kann es auch dort eng werden«. Induktivitäten seien dagegen stabil und bis auf wenige Ausnahmen auch kurzfristig lieferbar. Das hat natürlich Konsequenzen. So berichtet Neubert bei Widerständen generell von einer Erhöhung der Preise um den Faktor 3, bei Dickschicht-Widerständen gehe es sogar bis zum Faktor 5.
»Einzelne Hersteller kündigen jetzt schon für 2019 gleichbleibende Bedingungen an«, berichtet Annette Landschoof, Produktmanagerin passive und elektromechanische Bauteile bei Schukat electronic, »wir sehen deshalb keine Entspannung, sondern vielmehr eine Ausweitung der betroffenen Bereiche und eine Verlängerung der Lieferzeiten. Einer der Gründe dafür liegt darin, »dass nach unserer Einschätzung Produktionskapazitäten nur ganz vereinzelt ausgebaut wurden; somit sehen wir für 2019 keinen Grund für eine deutliche Verbesserung der Lage«. Eine Entwicklung, die sich auch auf Preise niederschlägt: »Teilweise sind Preise um bis zu 100 Prozent gestiegen«.