G-Sensitivity und Phasenrauschen

Damit Quarze stabil schwingen

8. Oktober 2019, 10:58 Uhr | Von Dipl.-Ing. Harald Rudolph, Head of Product Management von KVG Quartz Crystal Technology
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wo das Problem liegt

In der Praxis ist allerdings die dynamische G-Sensitivity, d.h. die Empfindlichkeit von Quarzen und Oszillatoren auf dynamische Beschleunigungsvorgänge, wie sie durch mechanische Schocks, Vibration und Luft-, Wasser- und Körperschall hervorgerufen werden, von weitaus größerer Bedeutung. Diese Einflüsse verursachen Frequenz- und Phasensprünge, wenn sie diskret auftreten, oder erzeugen eine Frequenz- bzw. Phasenmodulation des Oszillatorsignals bei periodischer oder rauschähnlicher Anregung, was sich effektiv wie eine Verschlechterung des Phasenrauschens im Frequenzbereich bzw. des Phasenjitters im Zeitbereich auswirkt.

Stabiles Schwingen

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Die Messkurven in Bild 5 zeigen das originäre Phasenrauschen (türkise Linie) eines sehr guten 100-MHz-OCXO und die durch Vibration von 20 Hz bis 2 kHz mit einer Power-Spectral Density (PSD) von 0,06 g2/Hz (Bild 4) hervorgerufene Phasenmodulation, im englischen Sprachgebrauch auch „Vibration Induced Phase Noise“ (VIPN) genannt. Bild 6 zeigt das Phasenrauschen mit und ohne Vibration für einen guten 10-MHz-OCXO. Aus diesem gemessenen VIPN und der definierten PSD kann dann die „Acceleration Sensitivity“ (G-Sensitivity) des Oszillators berechnet werden. – Im Deutschen wird gerne der Begriff „Phasenrauschen unter Vibration“ benutzt. Beide Begriffe sind missverständlich, weil die Art der Phasenmodulation vom anregenden Signal abhängt und nur dann rauschähnlich ist, wenn eine rauschähnliche Vibration auf das Objekt einwirkt. Es kann aber genauso gut eine diskrete (Vibrations-)Frequenz oder ein Spektrum aus diskreten (Vibrations-)Frequenzen sein.

Erschwerend kommt hinzu, dass bei vielen Applikationen die oftmals relativ niedrige Frequenz des Quarzoszillators von 5 MHz bis 20 MHz mittels einer PLL plus VCO auf hohe Sendefrequenzen von 800 MHz bis 1,8 GHz oder bei Radaranwendungen noch höher hochmultipliziert wird. Durch diese Multiplizierung kommt es auch zu einer entsprechenden Vergrößerung des Modulationsindexes der störenden Seitenbänder, d.h. diese erhöhen sich relativ zum Träger entsprechend. Dies führt z.B. zu einer erhöhten Bitfehlerrate bei der Datenübertragung oder zu unerwünschten Mischprodukten mit Nachbarkanälen. Eine typische Anwendung, bei der dieser Punkt zum Tragen kommt, ist die mobile Mobilfunk-Basisstation, z.B. in Zügen. Aber auch für fest installierte Basisstationen an Gebäuden oder an Masten, die Erschütterungen durch vorbeifahrende Züge oder LKWs ausgesetzt sind, ist die dynamische G-Sensitivity eine wichtige Charakteristik. Durch die zum Teil sehr hohen Vibrationseinflüsse durch Turbinen oder Rotoren können beispielsweise auch kritische Anwendungen in Hubschraubern oder Flugzeugen betroffen sein, und in besonders starkem Maße trifft dies auf die außerordentlich hohe Vibrationsbelastung durch Strahltriebwerke bei Weltraumanwendungen zu.

Durch die Vielzahl der verschiedenen Einsatzbereiche werden die auftretenden Vibrationen oder Erschütterungen klassifiziert. Erschütterungen durch Straßenverkehr oder Schienenfahrzeuge erzeugen ein kontinuierliches Spektrum vor allem tiefer Frequenzen. Strahltriebwerke haben auch einen spektralen Anteil höherer Frequenzen und Motoren oder Generatoren sorgen für ein diskretes Spektrum von Einzelfrequenzen. Weiterhin gibt es auch kurzzeitige Stoßbelastungen, wie sie durch Hagelkörner auf Systeme im Außenbereich auftreten oder durch Schlagwerkzeuge beim Einsatz in Bergwerken oder der Schwerindustrie.


  1. Damit Quarze stabil schwingen
  2. Wo das Problem liegt
  3. Auswirkungen der Vibrationen
  4. Das Wichtigste auf einen Blick

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