Wie man DECT-Telefone in Deutschland fertigt

Erfolg dank ausgeklügelter Supply Chain

24. November 2010, 9:42 Uhr | Heinz Arnold
Martin Streb, Gigaset: »Die saisonalen Schwankungen federn wir nicht über ein Lager ab, sondern nur indem wir die Produktion hoch- und runter-fahren. Die kundenbezogene Fertigung geht bei uns vor Maschinenauslastung.«
© Markt&Technik

In Deutschland Consumer-Produkte wie DECT-Telefone fertigen? Die meisten würden das schlicht für unmöglich halten. Gigaset zeigt, wie es geht: Nicht durch outsourcen, sondern durch In-Sourcing.

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»Gegenüber Outsourcing bin ich grundsätzlich vorsichtig, man läuft ja Gefahr sich zum Schluss selber auszusourcen«, sagt Martin Streb, Geschäftsführer Produk­tion von Gigaset Communica­tions. Dabei sieht er sich als ein Unternehmen mit 1.370 Mitarbei­tern (1.700 weltweit), das am Standort Bocholt rund 14 Mio. DECT-Telefone fertigt und 500 Mio. Euro Umsatz erreicht, als ein Exot an. Doch bisher funktioniert der Ansatz. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei 60 Prozent, in Europa erreicht Gigaset 35 Pro­zent.

Als wesentliches Kriterium für den Erfolg sieht Streb die Liefer­kette an. Den größten Teil der Komponenten – 70 Prozent – kauft Gigaset in Asien ein. Gelie­fert wird per Schiff, das reduziert die Kosten gegenüber Luftfracht deutlich. Die Produktion in Deutschland ist hoch automati­siert, die Varianten werden so weit wie möglich ganz am Ende des Fertigungsprozesses pro­grammiert. Ein großer Vorteil des Standortes Bocholt sei die enge Vernetzung zwischen Entwick­lung, Produktion und Logistik vor Ort. Hier können viele Prob­leme »auf Zuruf« gelöst werden (auch informelles Kommunikati­onsmanagement genannt). Vor allem können die Mitarbeiter schon beim Erstellen eines neuen Produktkonzeptes gemeinsam erarbeiten, was man weglassen kann, was standardisiert und was automatisiert werden kann. »Die Mitarbeiter betrachten wir nicht als Kostenfaktor, sondern als Wissensträger«, so Streb. Ziel ist es, möglichst viele Standards zu verwenden, auf Basis von Platt­formen zu arbeiten und damit Typenvielfalt und Zahl der Teile über das gesamte Portfolio zu re­duzieren.

Das stellt aber auch Ansprüche an die Mitarbeiter, vor allem Selbstdisziplin. Wer durch die Fer­tigung von Gigaset geht, dem dürfte vor allem auffallen, dass bis hinunter zum kleinsten Werk­zeug alles an seinem Platz liegt. Die alten Dreckecken sind abge­schafft. Auch dafür hat Gigaset einen Namen kreiert: »5S« steht für Sortieren, Systematisieren, Sauber halten, Standardisieren und Selbstdisziplin.

Das alles hat messbare Erfolge: die Kosten für Nacharbeit/Aus­schuss konnten zwischen 2005 und 2009 um über 40 Prozent, die Instandhaltungskosten um 40 Prozent reduziert werden. Die Rüstzeit fiel – unter anderen dank standardisierter Prozesse und Rüstwagen – im selben Zeitraum um 70 Prozent.


  1. Erfolg dank ausgeklügelter Supply Chain
  2. 1.300 Varianten, 320 Ramp-ups pro Jahr

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