Welche Branche wird denn dem Superkondensator zum eigentlichen Durchbruch verhelfen, was die Stückzahlen anbetrifft? Wird es die Automobilbranche sein, die stets Millionenstückzahlen fordert, sobald das Bauteil eindesignt worden ist?
Kokot: Ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass die Kfz-Industrie der eigentliche Türöffner für diesen Kondensatortyp sein wird. Dagegen spricht zum Einen noch der vergleichsweise hohe Stückpreis, sobald es um höhere Kapazitätswerte geht. Zum Anderen muss die zulässige Betriebstemperatur noch von 80 auf 125 °C hochgesetzt werden können, damit das Bauteil auch im Motorraum eingesetzt werden kann. Sollten diese Probleme eines Tages gelöst werden können, so kann ich mir vorstellen, dass das Bauteil beispielsweise bei Start-Stopp-Funktionen und auch während der Energie-Rückgewinnung bei Bremsvorgängen zum Einsatz kommen wird. In der Formel I soll das Bauteil in den KERS-Systemen quasi als Booster verwendet werden und auch als Kaltstart-Unterstützung könnte es eines Tages wertvolle Dienste leisten. Eine sinnvolle Funktion könnte mit Super-Caps auch dahingehend realisiert werden, dass im Falle eines Unfalles und damit des Ausfalles der Energieversorgung die Türen noch geöffnet werden können. Aber das ist noch Zukunftsmusik!
Welche Applikationen in welcher Branche dürften sich stattdessen kurzfristiger umsetzen lassen?
Möschl: Die Energierückgewinnung ist sicherlich eine interessante Applikation; davon werden kurzfristig aber weniger die Autos profitieren als vielmehr Nutzfahrzeuge wie Busse, Gabelstapler oder Personenaufzüge. Unterbrechungsfreie Stromversorgungen, beispielsweise bei Notfallbeleuchtungen in öffentlichen Gebäuden oder Krankenhäusern, lassen sich mit Super-Caps ausstatten. Gleiches gilt für Akku-Lösungen, bei denen nur kurzfristig Energie benötigt wird: also Akku-Schrauber, Zahnbürsten, mobile Spielautomaten oder Fernbedienungen elektronischer Geräte. Selbst große Windräder können bei einem Notfall mit Hilfe von Super-Caps so angesteuert werden, dass die Stellung der Rotorblätter noch möglichst windschlüpfig ausgerichtet werden kann.
Kokot: Die Energiepufferung kann für die hochkapazitiven Kondensatoren die Zielapplikation schlechthin werden, denn die Bauteile lassen sich Hunderttausende Male auf- und wieder entladen, ohne dass diese Speicherelemente dabei ausfallen würden. Öffentliche Stromnetze, die in Entwicklungsländern starken Schwankungen ausgesetzt sind, ließen sich mit diesen Super-Caps vergleichsweise kostengünstig stabilisieren. Diese Applikation hat im wahrsten Sinne des Wortes enormes Entwicklungspotenzial! Nicht vergessen darf man generell, dass diese Bauteile im Vergleich zu Akkus – ob als Blei-, Nickel-Cadmium oder Lithium-Ionen-Ausführung – eine relativ „grüne“ Technologie darstellen. Diese Bauteile lassen sich – mehr oder weniger – im Hausmüll entfernen, wenn sie eines Tages nicht mehr funktionieren sollten.
Noch eine eher kommerzielle Frage zum Abschluss: Welche Umsätze in Relation zu den herkömmlichen Kondensatortypen wie Kerkos oder Elkos messen Sie den Super-Caps bei?
Knappmann: Hersteller von Super-Caps in der Linecard zu führen ist eine Notwendigkeit. Als Distributor kommen sie auf diese Weise mit ihren Kunden ins Gespräch und können über neue Applikationen Aufträge gewinnen, die mit dem bestehenden Portfolio allein nicht gewesen wären. Von der Stückzahl her ist der Umsatz mit diesen Caps noch sehr gering, aber das könnte sich in drei bis fünf Jahren bereits merklich ändern. Dieses Bauteil hat riesiges Entwicklungspotenzial, und die Bandbreite der möglichen Applikationen ist heute noch nicht absehbar. Da wird sich vieles noch sehr positiv verändern!