Woher bekommen Sie die Bauteile, die andere Lieferanten ja anscheinend nicht bekommen?
Ich möchte jetzt nicht behaupten, nur wir bekommen die Teile und andere nicht. Unser Vorlieferanten arbeiten auch mit anderen Firmen zusammen, und wir werden sicherlich nicht nur einmal am Tag den gleichen Stock anbieten, den ein anderer Lieferant auch anbietet. Da hilft aber sicherlich unsere langjährige Präsenz in Asien und unsere guten Kontakte. Diese Vertrauensbasis ist essenziell.
Ihre Ware – alles Originalbauteile?
Selbstverständlich.
Woher kommt die Ware?
Unsere Bezugsquellen sind hauptsächlich in Asien, teils sind das auch EMS und OEMs. Dort ist der Warenvertrieb für viele EMS ein eigenes Profit Center. Wir haben in Asien, wie ich schon erwähnt habe, sehr gute, vertrauensvolle und langjährige Kontakte.
Die einen oder anderen Vorbehalte gegenüber freien Distributoren existieren aber nach wie vor. Wie entkräften Sie diese?
Das war viele Jahre tatsächlich ein Thema für uns. Mittlerweile müssen wir das aber gar nicht mehr tun.
Wird die Ware im Wareneingang stichprobenartig oder 100-prozentig geprüft?
Das kommt darauf an, die Supplier werden kategorisiert und je nachdem, in welcher Kategorie sich der Lieferant befindet, wird entweder stichprobenartig kontrolliert oder die ganze Ware. Der Lieferant weiß das aber natürlich vorher nicht. Der Kunde kann die Ware also direkt an die Maschine rüsten und produzieren.
Auch wir haben unser Lehrgeld bezahlt in der Vergangenheit. Man muss wissen, mit wem man zusammenarbeitet, und das Lieferantennetzwerk stetig erweitern. Neue Lieferanten werden über einen gewissen Zeitraum auf mehreren Ebenen und mit verschiedenen Verfahren geprüft. Standardmäßig dokumentieren wir beispielsweise Batch und Lotcode und machen Stichprobenkontrollen bei angeschnittenen Rollen. Das funktioniert sehr gut.
Wenn Bauteile angefragt werden, die wir nicht über unsere Standardlieferanten bedienen können, geht das ausschließlich mit absoluter Transparenz. Gerade mit EOL- oder Allokationsartikeln passiert das häufig. Dann informieren wir die Kunden über die Option einer alternativen Bezugsquelle und dass wir in diesem Fall die Ware nur dann ausliefern, wenn eine erfolgreiche Funktions- und Originalitätsprüfung in einem zertifizierten Testhaus durchgeführt wurde. Das heißt, wir schicken die Ware nach Ankunft in unserem Lager direkt ins Testhaus.
Intertec ist also in erster Linie Fulfillment-Dienstleiter?
Ja, es geht bei uns in erster Linie um die Lieferung von Bauteilen.
Bei Bedarf bieten wir anhand der entsprechenden technischen Parameter baugleiche Alternativen an, sprich: Second Sources und Cross References, etwa bei Relais oder frequenzgebenden Bauteilen. Teils stammen diese dann von unseren Eigenmarken Red Frequency, Red Magnetics und Red Relais.
Diese drei sind Fabless-Tochterunternehmen?
Korrekt. Die Produkte werden in unserem Auftrag in Asien gefertigt.
Welches Portfolio bietet Intertec im Wesentlichen zur Beschaffung an?
Mit knapp 80 Prozent machen die Halbleiter den Löwenanteil aus, gefolgt von Relais. Dann kommen noch die Eigenmarken dazu, deren Vertrieb über Intertec läuft. Da sind wir spezialisiert auf elektronische Magnete und frequenzbestimmende Bauteile.
Von produzierenden Firmen, also EMS, werden oft Preiserhöhungen im laufenden Auftrag vonseiten der Hersteller bemängelt. Inwieweit geben Sie Preiserhöhungen in laufenden Aufträgen weiter?
Die Preise ändern sich natürlich bei neuen Aufträgen ständig, wenn Lagerware weg ist und man auf andere Angebote zurückgreifen muss. Daran mussten sich in den letzten beiden Jahren leider alle Beteiligten gewöhnen. Wenn bei Rahmenaufträgen mit Lieferzeit Preiserhöhungen kommen, fangen wir diese bis zu einer intern festgelegten Grenze ab, sozusagen als Dienst am Kunden. Aber man muss auch wirtschaftlich arbeiten. Wenn wir da mit dem Vorlieferanten keinen Kompromiss finden, müssen wir natürlich mit dem Kunden ins Gespräch gehen.
Sie haben eingangs erwähnt, wie sehr sich Ihre Mitarbeiter engagiert haben. Wurden auch zusätzliche Ressourcen eingestellt?
Wir haben unseren Apparat minimal vergrößert im Sales und Customer Service. Aber wir sind weit weg davon, unser Personal linear zum Umsatzwachstum aufzustocken. Durch das neue ERP-System und die Digitalisierung haben wir eine hohe Effizienzsteigerung erreicht, und die Kollegen können die freigewordenen Kapazitäten für ihre eigentliche Tätigkeit nutzen.
Wie sehen Ihre Wachstumsziele aus?
Fürs kommende Jahr haben wir eine Neugründung am Start sowie Zukauf-Optionen. Wir wollen uns auf dem aktuellen Umsatzniveau festigen, auch wenn der Markt sich wieder normalisiert. Wir haben den Kunden in schwierigen Zeiten geholfen und können sie jetzt weiterhin optimal bedienen. Aber der berühmte Schweinezyklus wird sowieso immer wiederkehren.
Haben wir momentan aus Ihrer Sicht also das »New Normal«?
Ich denke, es wäre aus der Glaskugel gelesen, wenn man sich bei dieser Frage festlegt. Es gibt zwei Stoßrichtungen. Einmal, dass alles noch schlimmer wird, und einmal, dass sich alles wieder beruhigt. Aber wir haben sehr viele Faktoren wie Krieg, Covid-Strategien in Asien etc., die den Markt weiterhin in Atem halten werden. Es könnte sich ein bisschen nivellieren, aber es wird sich immer noch auf einem sehr hohen Niveau einpendeln.
Man muss kein Hellseher sein, dass die wahnsinnigen Kapazitäten, die gerade gebaut werden, irgendwann auch ankommen. Dann ist die Frage: Ist der Markt aufnahmebereit oder fallen wir in eine Rezession?
Sehen Sie Ihr Unternehmen von den Prozessen her für weiteres Wachstum gut aufgestellt?
Natürlich birgt ein solches Wachstum auch Herausforderungen. Mehr Umsatz bedeutet nicht automatisch mehr Gewinn. Man darf die steigenden Kosten nicht aus den Augen verlieren, etwa die Anschaffung von Hardware, teurere Versicherungspolicen für die Haftpflicht, den Warentransport oder bei Cyberangriffen. Das mussten wir entsprechend anpassen. Auch die Containerkosten schlagen durch. Bei den Carriern gab es von 2020 auf 2021 gestaffelt deutliche Erhöhungen, für die man eine Lösung finden muss. Genauso wenig darf man im Höhenflug strategische Faktoren wie Wachstumsfinanzierung und Prozessoptimierungen vergessen. All das haben wir im Blick, daher sehe die Zukunft erfolgversprechend.