Conrad punktet bislang nicht in erster Linie als dedizierter Elektronik-Bauteile-Lieferant, sondern durch ein sehr breites Sortiment. Wie ist das Angebot für Ihre Business-Supplies-Kunden strukturiert?
Das Spektrum ist im Grunde analog zu unserem B2C-Angebot: Wir bieten dem Kunden alles, aber mit dem Fokus auf die Kernelektronik. Das heißt, er bekommt von uns klassische elektronische Komponenten genauso wie Netzteile, Messgeräte, Kabel, Computerzubehör - bis hin zum Rauchmelder oder zur Kaffeemaschine. Unser Ziel ist es, für den Kunden DER One-Stop-Shop zu sein. Hierzu erwartet der Kunde eine gewisse Sortimentstiefe, die wir derzeit gerade im Bereich Bauelemente massiv aufbauen. Der Kunde soll wissen: Wenn es etwas Neues auf dem Markt gibt, dann findet er es bei Conrad.
Das »alles aus einer Hand«-Argument wird von breit aufgestellten Distributoren immer gerne ins Feld geführt, aber welche Vorteile hat der Kunde dadurch wirklich?
Der Einkauf hat deutlich weniger administrativen Aufwand, wenn er nur mit einem Lieferanten arbeitet. So kann der Kunde nicht nur Zeit, sondern auch bares Geld sparen. Neben den Produkten bieten wir unserer Klientel auch zahlreiche Zusatzleistungen zur Effizienzsteigerung, so z.B. unseren zertifizierten Kalibrierservice, oder einen Leiterplatten- und Schablonenservice. Auch den ökologischen Aspekt dürfen Sie dabei nicht außer Acht lassen: Wenn Sie aus Europa einen Halbleiter bestellen, der erst mal über den Atlantik transportiert werden muss, ist das wenig umweltfreundlich.
Sie sprachen von der fehlenden Sortimentstiefe. In welchen Produktbereichen sehen Sie noch Nachholbedarf?
Wir arbeiten mit Hochdruck an der Vertiefung unseres Sortiments. Monatlich kommen neue Produkte hinzu. So haben wir kürzlich beispielsweise das volle Produktsprektrum von Weidmüller gelistet und unser Angebot um 18.000 Steckverbindungen von Phoenix Contact und 16.000 Wago-Artikel ergänzt. Zudem haben wir unser Produktportfolio an Werkzeugen auf 14.000 Artikel erweitert und bieten unseren Kunden inzwischen mehr als 20.000 Nägel, Schrauben und Muttern unsere Hausmarke Toolcraft. Um uns noch optimaler aufzustellen, haben wir den zentralen Einkauf für den Bereich Kernelektronik durch einen Halbleiterexperten verstärkt und sind derzeit in Verhandlungen mit entsprechenden Lieferanten.
Bei den Steckverbindern und Kabeln ist Conrad mit 100.000 Artikeln sehr gut aufgestellt. Bei den Halbleitern sind es dagegen nur etwa 10.000. Gibt es eine »Hausnummer«, wie weit Sie das Halbleitersortiment aufstocken wollen?
Eine angestrebte Anzahl an Artikeln kann ich Ihnen an dieser Stelle nicht nennen. Aber wir richten uns mit dem Sortimentsausbau in jedem Fall nach den Anforderungen der Kunden.
Conrad hat erst kürzlich rund 50 Millionen Euro in die Erweiterung des Lagers investiert. Die logistische Drehscheibe des Unternehmens in Hirschau soll um 13.000 Quadratmeter auf 58.000 Quadratmeter wachsen. Welches Ziel verfolgen Sie mit dieser Erweiterung?
Unser eCommerce-getriebenes Geschäftsmodell und die stark ansteigende Artikelanzahl erfordern optimale Prozesse. Schließlich stellen Kunden gerade an Verfügbarkeit und Lieferqualität sehr hohe Ansprüche. Die Tendenz geht gleichzeitig dahin, dass die Anzahl der Lieferungen zwar steigt, aber die einzelnen Bestellungen immer kleiner werden. Das heißt, wir müssen deutlich mehr Pakete pro Tag abwickeln. Das darf aber nicht auf Kosten der Schnelligkeit gehen. Denn heutzutage frisst nicht der Große den Kleinen, sondern der Schnelle den Langsamen! Also müssen wir die Effizienz unseres Lagers erhöhen. Wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, werden durchschnittlich etwa 70.000 Pakete täglich versandfertig vom Band laufen.
Inwieweit stehen die B2B-Services auch europaweit zur Verfügung?
Wir sind derzeit dabei, ein europaweites B2B-Marketing einzuführen und weiße Flecken auf der »Conrad-Landkarte« zu schließen. Europa ist für uns ja kein Neuland. Wir sind mit 14 Ländergesellschaften in Europa vertreten und beliefern Kunden in 150 Ländern, also auch weit über Europa hinaus. Ganz aktuell haben wir zum Beispiel die Gründung einer B2B-fokussierten Conrad-Gesellschaft in Italien abgeschlossen und unser Key Account-Team in Frankreich erweitert. Seit Jahresanfang sind wir durch die Akquisition des englischen Distributors Rapid Electronics auch in UK vertreten. Auch den Sortimentsausbau, über den wir vorhin gesprochen haben, streben wir europaweit an.
Nun ist das Angebot der Distributoren, nicht zuletzt durch das Internet, für den Kunden sehr gut vergleichbar. Wodurch will Conrad im Vergleich zum Mitbewerb punkten?
Wir wollen wir durch eine exzellente Gesamtleistung überzeugen, also durch unser Sortiment, die konsequente Einhaltung unseres Lieferversprechens und natürlich unsere effizienzsteigernden Services. Ein weiterer Pluspunkt sind unsere Eigenmarken. Die Ingenieure und Techniker unseres Conrad Technology Center entwickeln die Eigenprodukte zu 80 Prozent selbst, 20 Prozent werden gemeinsam mit Entwicklungspartnern umgesetzt. Durch diese Entwicklungsaktivitäten haben wir zum einen umfassende technische Expertise im Haus, zum anderen genießen wir dadurch eine hohe Reputation am Markt. Unsere Hausmarke Voltcraft zum Beispiel hat bei manchen Kunden schon fast Kultstatus.
Das traditionelle Geschäft für einen Anbieter wie Conrad sind kleine Mengen. Gibt es Überlegungen, auch ins Volumengeschäft einzusteigen?
Nein. Wir bleiben der Lieferant für kleine Mengen, das Volumengeschäft ist nicht unser Metier. Im Übrigen wollen wir keinen anderen Distributor kopieren, sondern einen Conradweg gehen!