Inwiefern?
Nachdem die Grundstrukturen soweit optimiert waren sind wir einen Schritt weiter gegangen und haben bestimmte Technologie-Schwerpunkte ausgerichtet. Im Zuge dessen sind wir in Zentraleuropa 2008 intensiv in die Analogtechnik eingestiegen. Wir hatten damals Maxim neu hinzugewonnen und damit begonnen dedizierte Analog-FAEs aufzubauen. Heute haben wir mit Abstand die umfassendste Analog-Linecard. Durch den Zusammenschluss von TI und National Semiconductor wird sich der Analog-Markt in der nächsten Zeit auch noch einmal verändern.
Den zweiten Technologie-Schwerpunkt von Silica bilden die FPGAs: Hier haben wir mit Xilinx den wichtigsten FPGA-Hersteller an Board. Ein weiterer Fokus liegt auf der Software-Ebene, hier bieten wir mit Intel und Microsoft eine einzigartige Kombination.
Noch einmal neuen Schub erwarten wir von den Mikrocontrollern, unserem jüngsten Technologie-Schwerpunkt, den wir im Rahmen unserer Initiative »Core´n More« forcieren. Derzeit hält Silica bei den MCUs einen Anteil von etwa 9 Prozent, bis 2014 sollen es 15 Prozent sein.
Was darf der Kunde hinter »Core´n More« erwarten?
Wir beschreiten damit einen ganz neuen Weg: Während die klassischen MCU-Programme bislang auf einen Hersteller ausgerichtet waren, steht hinter Core´n More ein herstellerunabhängiger Plattformgedanke. Und der beinhaltet nicht nur den Controller, sondern mit ihm ein abgestimmtes Paket an Tools, Software und die Unterstützung beim Design-in. Und genau diese Kombination aus Hard- und Software kommt bei den Kunden sehr gut an. Das gilt übrigens nicht nur für MCUs.
Der ausgeprägte Technik-Fokus erfordert aber auch entsprechende personelle Ressourcen, wie bewerkstelligen Sie die Anforderungen?
Wir haben unseren FAE-Bereich von anfangs 60 auf jetzt 120 ausgebaut. Allein der FAE-Bereich hat sich in den letzten zwei bis drei Jahren stark gewandelt. Die Zeiten, in denen der Applikationsingenieur oberflächliche Informationen streut, sind vorbei. Der von den FAEs geforderte Spezialisierungsgrad wandelt sich vom Generalisten zum Spezialisten, die konkret tief technische Fragen beantworten können.
Seit Kurzem engagiert sich Silica auch im Lighting-Geschäft, das geht aber eher in Richtung Commodity weg von der technischen Spezialisierung, wie passt das ins Portfolio?
Das stimmt. Das Lighting-Geschäft wird mehr und mehr zum Commodity-Geschäft. Der Preisverfall ist enorm, etwa 15 bis 20 Prozent pro Jahr, aber dafür gehen die Stückzahlen exorbitant nach oben, also ein Feld das man nicht außer Acht lassen sollte. Lighting ist strategisch wichtig für uns um unsere Marktpräsenz weiter auszubauen, außerdem haben wir mit Seoul Semiconductor und Sharp führende Linien an Board.
Nun feiert Silica in diesem Jahr nicht nur seine erste Dekade, sondern darf sich auch noch über eine ganz besondere Umsatzmarke freuen!
In der Tat! Mit einem Umsatzplus von nahezu 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist es uns gelungen, die Milliarden-Euro-Grenze zu knacken. Das ist natürlich etwas ganz Besonderes! In Zentraleuropa haben wir unseren Umsatz in 10 Jahren sogar verfünffacht. Ganz wesentlich beigetragen haben dazu die letzten beiden Geschäftsjahre, in denen wir deutlich stärker als der Markt gewachsen sind. Mittlerweile haben wir einen Marktanteil von 15 Prozent in Deutschland und auch über Europa hinweg gesehen.
Woher kommt das starke Wachstum der letzten beiden Jahre bzw. wem haben Sie die Marktanteile abgenommen?
Ganz unterschiedlich: Teils konnten wir den lokalen Distributoren Marktanteile abnehmen, teilweise aber auch den großen Global Playern.
Ist das überhaupt noch steigerungsfähig?
Selbstverständlich, wir haben zwar mit unserer Marktposition eine kritische Masse erreicht, sehen aber durchaus noch Wachstumspotential – vor allem im Bereich Mikrocontroller oder auch in vertikalen Märkten wie Lighting, RFID oder Metering.
Avnet hat mit EBV und Silica zwei große Halbleiter-Distributoren und dann dazu auch noch die Avnet-Memec, die ja auch stark ist im Halbleiter-Segment. Wie können Sie sich da überhaupt abgrenzen?
Wir haben insgesamt 6 Speedboats in Europa innerhalb der Avnet-Gruppe. Natürlich muss sich jeder für sich immer wieder aufs Neue beweisen, Erfolge vorweisen und Wettbewerb belebt das Geschäft. Natürlich gibt es Überschneidungen mit unserer Schwesterfirma EBV, aber die Tatsache dass wir heute mehr überlappende Linien haben als vor ein paar Jahren zeugt doch davon dass das Modell erfolgreich ist, das haben Hersteller und auch Kunden realisiert und gut angenommen. Avnet Memec ist mit seinen innovativen Design-in Linien auf intensive Demand Creation fokussiert und Avnet Abacus und Avnet Embedded decken andere Märkte ab.
Wird das Avnet-Speedboat-Modell also auch die nächste Dekade über Bestand haben?
So lange der Marktzuspruch und der Zuspruch der Hersteller vorhanden sind, steht das Modell nicht zur Diskussion.
Zum Schluss noch mal ein Blick zurück: Welches waren die wichtigsten Erfolgsfaktoren für Silica in den vergangenen 10 Jahren?
Ganz klar: die Stabilität und die Kontinuität durch alle Bereiche hindurch, in der Leistung gegenüber unseren Kunden, in der Zusammenarbeit mit den Herstellern und auch beim Personal. Wir haben bis ins High Level Management hinein eine für die Branche ungewöhnlich niedrige Mitarbeiter-Fluktuation.
Was uns darüber hinaus auszeichnet, ist ein starker Teamgeist und Wille zum Erfolg. Wir haben selten etwas nicht geschafft, was wir umsetzen wollten.
Das Interview führte Karin Zühlke