Im Rahmen des Extension-of-Life-Prozesses kauft Rochester, nach dem LTB, die Restbestände des Originalherstellers auf. Das schließt sowohl das IP des Herstellers zu diesem Produkt ein als auch bereits fertige Produkte, die noch auf Lager liegen. »Kurz gesagt, wir bekommen vom Originalhersteller alles, was noch verfügbar ist: angefangen bei Dies/Wafern und Wafermasken über die fertige Ware bis hin zu Fertigungsanlagen für die Nachproduktion wie Bonder, Prüf-/Testgeräte einschließlich Testprogramme«, schildert Richter. Rochester fertigt ausschließlich in den USA und unterhält dort auch einen der größten Testfloors weltweit. Auf diese Weise gewährleistet Rochester quasi eine nahtlose Weiterbelieferung mit den Originalteilen. So umfasst das Lager von Rochester derzeit etwa 7 Milliarden ICs original verpackt und mehr als 15 Milliarden Dies in seiner Die-Bank.
Was die Hersteller an Rochester geben, ist von Fall zu Fall verschieden. Einige beispielsweise übergeben nur fertige Produkte an Rochester und keine Wafer. Andere Hersteller wiederum bieten Rochester nur das IP - also Lizenz und Design-Archive - an. »Mit dem IP kann Rochester die Produktreplikation nach Ursprungsspezifikation, oder auch »Re-Creation« genannt, durchführen. Dabei liegen Design, Packaging und Testen in der Hand von Rochester. Für die Herstellung der Wafer stützt sich Rochester auf Partner auf seiner Linecard. Aber nichts geschieht ohne die Zustimmung des Originalherstellers, da gibt es keine Ausnahmen, betont der Sales Manager ausdrücklich.
Nun ist das ganze Geschäft aber doch mit einem gewissen Risiko für Rochester verbunden, denn ob und wie viele ICs einer Serie noch verkauft werden, ist nicht genau vorhersehbar. Wie rechnet sich das Konzept also für Rochester? Details dazu nennt das Unternehmen zwar nicht, nur so viel: »Wir beteiligen die Ursprungshersteller am Verkaufsumsatz.« Mindestbestellmengen für Halbleiter gibt es laut Richter so nicht - der Kunde muss aber die minimale Auftragsgröße von 250 US-Dollar einhalten. Die Lieferzeit für fertige Ware beträgt wenige Tage, Nachfertigungen, ausgehend von verfügbaren Wafern, dauern einige Wochen, sofern das Packaging im Haus stattfindet. Wird der IC extern gehäust, kann die Lieferung auch bis zu drei Monaten dauern. Im Falle einer Produktreplikation muss man in Quartalen rechnen - typischerweise bei einem komplexen Baustein vier bis sechs Quartale.
Dass so ein Service seinen Preis hat, ist klar. Die Mehrkosten gegenüber den Ursprungsprodukten variieren je nach Produkt, Produktstatus, gewünschter Stückzahl und Lagerzeitraum bei Rochester. Je länger sich ein Produkt auf Lager befindet, umso teurer wird es. Ist das Produkt obsolet und muss repliziert werden, entstehen weitere Kosten, die sich nach Design- und Fertigungsaufwand kalkulieren, so Richter. Aber dafür bekommt der Kunde auch Originalware: »Wir geben die volle Produktgarantie, inklusive der Garantie auf die Lötbarkeit. Bei der Funktionalität geht die Garantie auf den ursprünglichen Originalhersteller zurück«, erläutert Richter. Selbstverständlich erhält der Kunde von Rochester beim Kauf die Information zur Produkt-Rückverfolgbarkeit - besonders wichtig für sicherheitskritische Produkte wie in der Luft- und Raumfahrt. Alle Warentransfers erfolgen bei Rochester ausschließlich über den Originalhersteller und sind somit 100-prozentig rückverfolgbar und zertifiziert.
Rochester ist aber nicht nur die erste Adresse, wenn es um abgekündigte Halbleiter geht, sondern kann bisweilen auch im Fall von Allokationen weiterhelfen, »weil wir vermehrt aktive Bauelemente als so genannten ’Factory Authorized Safety Stock-- lagern«, erklärt Richter. Auch in diesem Fall geht der Kunde sicher: Es handelt sich nur um Originalware.