Wie hat RS die Lieferketten-Kapriolen bislang überstanden?
Wir haben schon vor dem Brexit damit begonnen, einen extrem guten Bestand aufzubauen. Wir waren und sind daher im Unterschied zu anderen Begleitern am Markt sehr gut lieferfähig.
Wie schlagen die Preiserhöhungen durch?
Preiserhöhungen der Hersteller müssen wir an den Markt weitergeben. Das ist leider nicht zu ändern.
Das gilt auch für die Frachtkosten, nehme ich an?
Wir haben früher ab 50 Euro frachtfrei geliefert, jetzt haben wir die Grenze erhöhen müssen. Über 75 Euro kommt die Lieferung frei Haus. Der Obolus, den wir verlangen, sind schlichtweg die Mehrkosten, die uns die Carrier auferlegen.
Wie hat sich der Brexit auf RS ausgewirkt?
Der Brexit hat Auswirkungen, weil unsere Lieferkette stark auf UK zentriert war. Die Lieferanten haben zentral viele Waren ins UK-Lager geliefert; von dort wurde nach Kontinentaleuropa transportiert. Das ging, solange UK noch in der EU war, sehr gut. Wir haben es tatsächlich geschafft, die Ware im Nachtsprung auf den Kontinent zu bringen. Das hat sich seit dem 1. Januar 2021 geändert, weil die Ware in den Zolllägern festhing. Statt einen oder zwei Tage dauerte die Lieferung dann schlussendlich fast eine Woche.
Das haben wir aber grundlegend geändert. Inzwischen wird sehr viel Ware direkt von den Lieferanten nach Bad Hersfeld geroutet. Nach UK gelangt nur noch die Ware, die auch dort verkauft wird. Ansonsten wird Bad Hersfeld das Zentrallager für Europa, und damit haben wir auch wieder einen sauberen Nachtsprung ermöglicht.
Wann ist dieser Transfer abgeschlossen?
Das ist ein laufender Prozess. Wir sind in Bad Hersfeld derzeit dabei, die neuen Systeme vollständig zu implementieren und alte Systeme abzuschalten und die Ware, die im alten Pick-Lager vorgehalten wurde, ins Shuttle-System zu verlagern. Das soll in den kommenden Monaten abgeschlossen sein.
Welche Neuerungen gibt es speziell bei RS in DACH?
Wir drehen an sehr vielen Schrauben, um überall noch ein bisschen besser zu werden. Ich denke, dass die großen Game Changer in der heutigen Situation nicht die Lösung sind. Jetzt ist es angesagt, viele kleine Schrauben zu justieren, um die Bedarfe der Kunden zuverlässig, sicher und mit einer fairen Preisgestaltung abzudecken.
In der Gesamtgruppe wird darüber hinaus sehr viel und intensiv in unsere E-Commerce-Fähigkeiten und IT-Landschaft investiert. Für den Kunden ist das nicht immer sichtbar. Hier passiert sehr viel im Hintergrund, um unsere Kundenzufriedenheit nochmals zu verbessern. Und mit den entsprechenden Value Add Solutions kommen dann auch die Game Changer – mehr dazu erfahren Sie bald.
Wie sehen die Sortimentsschwerpunkte derzeit aus?
Wir waren und sind stark fokussiert auf Elektronik und Messtechnik, bis hin zum großen Oszilloskop. Das ist auch weiterhin unser Kerngeschäft. Aber inzwischen bekommt man bei uns alles als One-Stop Shop. Ein großer Schwerpunkt liegt daher auch auf MRO (Maintenance, Repair and Operations, die Red.), und wir sind dabei, unser gesamtes Sortiment im Bereich Mechanical und Consumables zu erweitern. Unsere Strategie in der Gruppe ist es ganz klar, unseren Kunden vom Design bis hin zu Maintain alles aus einer Hand zu bieten. Zu unseren Kunden gehören nicht nur Entwickler und Einkäufer, sondern auch der Wartungsmechaniker an der Maschineninstandhaltung und der Lagerist. Diesen Personenkreis wollen wir künftig ganz gezielt ansprechen.
Wie stehen Sie bzw. RS zum Marketplace-Gedanken?
Man muss ganz generell zwei Arten von Marktplätzen unterscheiden: Die einen erbringen als Dienstleistung die Transaktion zwischen Händler und Kunden. Aber es gibt auch immer mehr Marktplätze, die in die Faktura einsteigen. Wir sehen Marktplätze als »Frenemies«, also Freund und Feind. Sie geben uns zum einen Reichweite; die Chance werden wir auch nutzen. Allerdings mit Vorsicht, weil diese Marktplätze gleichzeitig einen unglaublichen Daten-Pool aufbauen. Sie bekommen Daten von uns und den Kunden in perfekter Aufbereitung. Und Daten sind bekanntlich das Gold der Zukunft.
Wir beobachten die Situation genau und arbeiten mit einigen Marktplätzen eng zusammen.
Seit 1. September hat RS ein überarbeitetes Branding. Was ist neu?
Wir haben seit dem 1. September einen neuen Markenaufritt, der sich im Rollout befindet. Die Neuerungen sind schon weitreichend: Das geht bis zu einer Umbenennung von Electrocomponents in RS Group, das heißt, der offizielle Unternehmensname hat sich geändert.
Wir waren bisher ein House of Brands, sprich: Wir hatten sehr viele einzelne Markennamen unter unserem Dach vereint, beispielsweise Allied in den USA. All das wird jetzt umbenannt auf RS – also aus Allied wird RS USA. Genauso in Deutschland sind wir nicht mehr RS Components, sondern die RS Group Deutschland. Auf der electronica werden Sie uns also mit komplett neuem Markenaufritt sehen. Und damit einhergehend heißt unsere Strategie nun auch »The RS Way«.