Derzeit sieht Jäger eine Tendenz der Volumendistribution, Konzepte für den Kleinmengenvertrieb à la Katalogdistribution zu erarbeiten, um hier auch an den Leads zu partizipieren. Der Verkauf von Kleinmengen war lange Zeit bei den Volumendistributoren verpönt, mittlerweile wollen sie aber auch dieses Geschäft nicht mehr ausschließlich den Katalogdistributoren überlassen.
Inwieweit ein Volumendistributor das Internet in seine Strategie einbindet und wie weit er damit in der Wertschöfpung geht, hängt von der Philosophie des Unternehmens ab: »Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit«, zitiert Tilo Rollwa, Direktor e-commerce von Rutronik treffend. Über das runderneuerte eCommerce-Portal Webg@te von Rutronik zum Beispiel hat der Volumenkunde die Möglichkeit, zu seinen bestehenden Liefer- und Zahlungskonditionen seine Aufträge selbst zu platzieren und die Termine auch online zu verwalten. Über eine Schnittstelle kann der Kunde seinen Auftragsbestand downloaden und hat somit eine kostenlosen Teilautomatik, um Auftragsbestätigungen in sein Warenwirtschaftssystem zu überspielen. »Gerade bei den C-Teilen ist das eine enorme Ersparnis der Ressourcen auf beiden Seiten«, erklärt Rollwa. Das neue Webg@te geht zur electronica live.
Avnet bündelt den kompletten Online-Handel seiner Speedboats in der Unternehmensgruppe über Avnet Express: »In Europa haben wir das auf noch sehr kleinem Niveau letztes Jahr gestartet und sind derzeit dabei, die Möglichkeiten für die Kunden weiter auszubauen«, erklärt Georg Steinberger, Vice President von Avnet Communications. Ähnliche Online-Kaufoptionen gibt es auch bei Future und Arrow.
Über die reine Produktbeschafftung hinaus hilft die Beschaffung von Daten aus dem Web dem Vertriebsmann bei seiner Arbeit. »Früher musste ein Kunde sich ein Datenblatt oder Broschüren bei seinem Lieferanten besorgen. Heute bekommt er es sofort online, das ist eine große Erleichterung für alle«, gibt Bernd Schlemmer zu bedenken, Director Communications von EBV Elektronik. Nach seiner Überzeugung ist das Web eine wichtige Ergänzung und wird viele Standard-Abläufe erleichtern und beschleunigen - »aber immer nur bis zu dem Punkt, an dem konkrete Fragen oder Probleme auftauchen«. Insofern kann Rainer Maier, Technical Sales Manager Germany bei Avnet Memec, auf die Frage, ob das Internet den FAE ersetzen wird, nur schmunzeln: »Für uns als Design-In Spezialist sind die FAEs von entscheidender Bedeutung. Für uns steht fest, dass das Internet den FAE weder mittelfristig noch langfristig ersetzen wird. Die persönliche Beratung ist in unseren Augen durch nichts zu ersetzen!«
Nach Ansicht von Karlheinz Weigl, Vice President Central Europe von Silica, hängt es auch stark von der Wertigkeit der Bauteile ab, inwieweit sich der Entwickler bei der Produktauswahl alleine durch die Informationen im Internet leiten lässt: »Ein Kunde wird jedenfalls nicht eine Entscheidung für oder gegen eine Cortex-Architektur basierend auf Internetinfos treffen. Aber bei Bauteilen, die weniger wertig sind, wird sich das Internet als Informationsgeber weiterhin durchsetzen.«
Ganz so einfach dürfte es allerdings auch für den Entwickler nicht sein, sich unreflektiert seine Bauteile in den Weiten des Internets auszusuchen. Denn normalerweise haben zumindest größere Unternehmen einen internen Produktkatalog, der genau vorschreibt, welche Produkte der Entwickler verwenden darf, gibt Waldemar Christen zu bedenken, Leiter Vertrieb und Marketing bei der BMK Group. Das Augsburger EMS-Unernehmen beschäftigt selbst rund 60 Entwickler. »Ein einzelner Entwickler alleine entscheide noch nicht, ob das Produkt in die Bill-of-Material aufgenommen wird, so Christen. Ein Entwickler könne aber ein neues Produkt empfehlen. Alleine das reicht aber aber schon aus, um die Produktauswahl in die falsche Richtung zu lenken. Denn wenn der Entwickler aufgrund seiner Internetrecherche die falschen Vorschläge macht, schränkt er die Entscheidung von vorne herein ein.