Distribution

Angekommen in der Realität?

10. Januar 2011, 9:06 Uhr | Georg Steinberger
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wo der Markt weg ist, ist er weg!

Der Trend hinter den Zahlen ist unmissverständlich - wo auch immer Elektronikproduktion in großem Stil erhalten geblieben ist, diese Märkte werden auch im Aufschwung überproportional profitieren und in der Krise weniger stark leiden. Wo der Markt weg ist, isser weg!

Eine weitere Erkenntnis aus dem Distributionsjahr 2010: Alle Länder in Westeuropa (außer Deutschland) können bereits auf eine starke Penetration durch die Distribution zurückblicken, mit DTAM-Anteilen von 30 Prozent und mehr. Hier hat das Distributionsmodell das Direktmodell bereits erfolgreich hinter sich gelassen. Deutschland und Osteuropa (letzteres oft noch als Low-Cost-Produktionsregion mit einem sehr kleinen lokalen Markt) lagen deutlich darunter, in den 20ern.  Das ändert sich gerade.

Deutschland zum Beispiel: Nach den Zahlen des FBDi (Fachverband Bauelemente Distribution) wuchs der deutsche Halbleiterdistributionsmarkt in 2010 um rund 56 Prozent. Damit erreichen die FBDi-Distributoren etwa 20 Prozent Anteil am deutschen Markt gemäß ZVEI. Da auch der FBDi nicht den gesamten Markt abdeckt, der zudem deutlicher als der Rest Europas von Sondereffekten wie Automotive dominiert wird, kann man mit einiger Sicherheit feststellen, dass die Distribution zu einem bedeutenden Verkaufskanal geworden ist, nicht nur nach Anzahl der Kunden sondern auch umsatzmäßig. Der deutsche Markt ist mehr denn je von Kopf bis Fuß auf Distribution eingestellt.

Nachdem 2010 fast alle glücklich und zufrieden machte, bleibt die große Frage; Was passiert 2011? Niemand konnte die Marktentwicklung im Halbleitermarkt in den letzten 50 Jahren korrekt vorhersagen, warum sollte sich dies nun ändern?

  • Dafür dass die Komponentenindustrie sehr kapitalintensiv ist und die Risiken des Danebenliegens ziemlich hoch sind (hat die Industrie in den letzten 30 Jahren ihr eingesetztes Kapital tatsächlich verdient?), führen die Irrtümer in den Vorhersagen (weniger auf Analysten, sondern vielmehr auf Kunden- und Herstellerseite) zu Achterbahnfahrten im Markt, die nicht nur Nerven kosten. Eine Vorhersage werden Sie hier nicht finden, aber dafür einige Schlüsselindikatoren, die Sie bei Ihren eigenen Betrachtungen nicht übersehen sollten:
  • Trotz der hohen Investitionen in neue Produktionskapazitäten in 2010 gibt es noch immer ein Investitionsloch in neue Fabriken von 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr, um vergangene Wachstumsraten aufrechterhalten zu können.
  • Im Gegensatz dazu steht eine Aussage des renommierten Marktforschers Gartner-Dataquest vom Sommer dieses Jahres, wonach die Wachstumsrate des Komponentenmarktes deutlich über dem des Equipment-Marktes lag. Dies könne zu einer deutlichen Abkühlung führen bis Angebot und Nachfrage wieder im Einklang sind (waren sie das je?)
  • Im Gegensatz zu den Zyklen des Goldenen Zeitalters (1960 bis 2000) ist der Komponentenmarkt seit der Jahrtausendwende in der Wirklichkeit angekommen, sprich, er wird heute genauso von makroökonomischen Faktoren beeinflusst, wie man an der Weltbankenkrise gesehen hat.
  • Weil zwei Drittel des Komponentenbedarfs heutzutage vom Consumer-Markt getrieben wird, werden auch die Zyklen kürzer und Saisonalitäten spielen auf einmal eine große Rolle. Das macht es der Halbleiterindustrie, deren 12 Wochen Durchlaufzeit ein totes Fenster darstellen, nicht gerade einfach zu reagieren. Was in diesen 12 Wochen passiert, kann kaum beeinflusst werden. Hinzu kommt, dass der Consumer-Markt Angebots- und Nachfrageströme umleitet und große Marktteilnehmer in Asien geschaffen hat, was die Verfügbarkeit und die Preisfindung in Europa beeinflusst.
  • Westeuropa mit Ausnahme von Deutschland hat den Blaumann bezüglich der Elektronikproduktion nahezu abgelegt. Selbst Italien und Spanien verlieren ihre letzte Attraktivität bezüglich Low-Cost-Manufacturing für multinationale Konzerne und müssen sich auf die lokalen Möglichkeiten beschränken.


Wenn man Datensammlern wie Electronic Outlook Glauben schenken mag, dann sind die Prognosen für 2011 weltweit und in Europa vorsichtig optimistisch, mit Wachstumsraten zwischen 3,4 und 8,4 Prozent (raten Sie, wer das Schlusslicht ist?). Was die Distribution betrifft, so sieht die Lage erneut besser aus, basierend auf dem Auftragseingang der verschiedenen Distributionsorganisationen wie dem FBDi. Die Bücher sind voll bis weit in den Sommer 2011 hinein. Und technologiehungrige Nationen wie China, Indien, Brasilien oder Indonesien (es ist keine europäische Nation dabei), produzieren eine Nachfrage, die die Pessimisten und die vorsichtigen Optimisten Lügen straft.

Eine Quintessenz aus Distributionssicht: Ausgezeichneter Service macht sich bezahlt. Nicht umsonst gewinnt die Distribution an allen Fronten: von den Kleinkunden, die vermehrt online bestellen bis zu den »Großen«, die erkennen, dass das am schnellsten verdiente Geld dasjenige ist, das man nicht ausgibt, zum Beispiel für bescheidene Materialwirtschaft und mittelmäßiges Management des Betriebskapitals (zwei Fälle, in denen die Distribution sicherlich helfen kann). Distributoren sind auch beständig: Während Kunden und Hersteller ganze Regionen zurücklassen, bleiben Distributoren hier und »liefern«. Und auch wenn keiner von ihnen eigene Produktinnovation anzubieten hat, Sie können sicher sein, dass in der Zeit, in der Sie diesen Artikel gelesen haben, jeder sein Serviceportfolio weiter verbessern konnte.


  1. Angekommen in der Realität?
  2. Wo der Markt weg ist, ist er weg!

Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Distribution