Distribution

Angekommen in der Realität?

10. Januar 2011, 9:06 Uhr | Georg Steinberger
Georg Steinberger ist Chairman der DMASS und des FBDi.
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Wollen Sie wissen, wer nach einem stürmischen Jahr 2010 die Gewinner im europäischen Komponentenmarkt sind? Automotive, Distribution, Deutschland und Osteuropa.

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Leicht vorzustellen, dass die Marktteilnehmer nach der beispiellosen Achterbahnfahrt in den letzten zwei Jahren  Schwierigkeiten haben zu beurteilen, wo sie grade stehen. Und wer weiß, ob wir bereits am Ende des Zyklus angelangt sind?

Als der rasante Abschwung vor knapp einem Jahr zu Ende war und die Industrie wieder durch-atmete, sahen wir uns mit dieser Erkenntnis konfrontiert: Zwei Quartale freier Fall (Januar bis Juni 2009) endeten knapp über Grund (Hintergrund des Absturzes: Angst), ein Aufwind erfasste die Branche (Hintergrund: keine Angst mehr) und trug sie bis zum heutigen Tag in ungeahnte Höhen.

Schon im Januar 2010 war klar, dass 2010 kein normales Jahr werden würde. 30 Prozent Wachstum im ersten Quartal (natürlich verglichen mit einem desaströsen ersten Quartal 2009) ließen für das Gesamtjahr einiges erhoffen, die meisten Prognosen pendelten sich auf 20 bis 25 Prozent, maximal 30 Prozent, Wachstum ein. Eine kräftige Erholung wurde erwartet, obschon das Rekordjahr 2007 in weiter Ferne schien.

Distribution in Zahlen

regionale Verteilung des europäischen Distributionsmarktes 2007
regionale Verteilung des europäischen Distributionsmarktes 2010
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Entwicklung der Halbleiterdistribution
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Was dann passierte, lag jenseits aller Vorstellungskraft: Monat für Monat neue Rekorde im Umsatz und im Auftragseingang, Knappheit, Preiserhöhungen, gewürzt mit guten Nachrichten aus der Branche und aus  gesamtwirtschaftlicher Sicht. Das Jahr 2010 wurde ein Rekordjahr aus fast jeder Perspektive.

Die Fakten: Der europäische Halbleitermarkt lag im Dezember auf einem rasanten Wachstumskurs mit einem Zuwachs von 31 Prozent auf rund 39 Milliarden Dollar (29 Milliarden Euro).

Nach den letzten Erkenntnissen des ZVEI ist der deutsche Halbleitermarkt 2010 um 38 Prozent auf 9,5 Milliarden Euro gewachsen, das entspricht einem Drittel von Europa. Wachstumsmotor in Deutschland war hauptsächlich der Automobilsektor, der für fast 40 Prozent des Halbleiterkonsums hierzulande steht. Für 2011 wird ein einstelliges Wachstum vorhergesagt. Sowohl die europäische als auch die deutsche Zahl liegt knapp auf oder über dem 2007-Niveau, dem bisherigen Rekordjahr.

Die Distributoren von elektronischen Komponenten finden sich in einer ähnlich komfortablen Position. Nach dem Crash von 2009 erwartete die Branche zwar auch eine zweistellige Erholung, keinesfalls aber einen Schwindel erregenden Aufstieg. Laut DMASS wuchs die europäische Halbleiterdistribution aller Wahrscheinlichkeit nach um über 55 Prozent auf 5,8 Milliarden Euro, was fast 10 Prozent über dem Rekordjahr 2007 lag. Da DMASS nicht den gesamten Markt repräsentiert (sondern nur 80 Prozent) ist es immer schwer eine echte DTAM-Zahl zu ermitteln, aber der Vergleich zum WSTS zeigt einen starken Anstieg des DMASS-Anteils von 18 auf 20 Prozent seit 2008. Hochgerechnet (auf 100 Prozent DTAM) und alle Nebeneffekte (Automotive) eingerechnet, sieht es so aus als ob der Distributionsanteil am gesamten europäischen Markt sich den 30 Prozent nähert.

Obwohl  die Automobilelektronik auch für die Distribution ein Wachstumstreiber war, sind Distributoren nicht annähernd so abhängig davon wie der Rest des Marktes. Die extrem breite Segmentaufstellung (von Automotive bis Wireless) und die regionale Ausdehnung in alle Winkel Europas bescheren der Distribution den substantiellsten Zuwachs ihrer Geschichte, wobei wenige Bereiche übrig blieben, die man noch als unentdeckt bezeichnen könnte. In der regionalen Verteilung des europäischen Distributionsmarktes ergaben sich enorme Verschiebungen seit dem Vorkrisenjahr 2007: Deutschland repräsentiert nunmehr 35 Prozent von DMASS Total (2007: 33 Prozent), Osteuropa wuchs im gleichen Zeitraum auf ~15 Prozent (2007: 12 Prozent), während Frankreich, UK, Italien und Skandinavien ihr Marktvolumen nach Osteuropa und Asien verloren haben: Sie repräsentieren in DMASS nur noch 10 Prozent (Italien), 9 Prozent (UK), 8 Prozent (Skandinavien) und 7 Prozent (Frankreich).


  1. Angekommen in der Realität?
  2. Wo der Markt weg ist, ist er weg!

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