Einsatzmöglichkeiten der Bypass-Methode für Entwicklung und Test von Steuergerätefunktionen

Operation am offenen Herzen (Teil 2)

11. November 2008, 10:41 Uhr | Wilrid Dubitzky, Wolfgang Eismann und Josef Schinagl
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Operation am offenen Herzen (Teil 2)

Neben der Verwendung des OSEK-Betriebssystems kann die Nähe zum Zielsystem durch die Nutzung einer AUTOSAR Runtime Environment (RTA-RTE) zusätzlich erhöht werden. Wird diese Funktion aktiviert, können Funktionen für Steuergeräte mit AUTOSAR-Software-Architektur validiert werden. Intecrio unterstützt dabei sowohl die Integration reiner AUTOSAR-Anwendungs-Software als auch die Kombination von AUTOSAR-Software-Komponenten mit existierenden Funktionsmodulen. Durch die Wiederverwendbarkeit bereits vorhandener Modelle und C-Code-Module stellt Intecrio sicher, dass künftige AUTOSAR-konforme Entwicklungen von der Investition in bereits bestehende Software-Modelle und -Funktionen profitieren können. Die validierte Kombination von Software-Komponenten kann als RTE-Konfiguration in Form einer XML-Datei exportiert und in den folgenden Prozessschritten wiederverwendet werden [5].

Für die Bedienung des Prototyping-Experiments kann entweder die spezifische Intecrio-Oberfläche benutzt werden oder die insbesondere in der Steuergeräte-Kalibrierung weit verbreitete Software INCA. Dazu generiert Intecrio eine standardisierte ASAP2-Datenbeschreibung [6] für die Echtzeit-Simulation. Die kompakte Experimentier-Hardware ES910 kann direkt mit der im Fahrzeug vorhandenen Spannungsversorgung zwischen 6 V und 32 V betrieben werden. Sie kann mit dem Funktions-Prototyp programmiert werden und ist so dafür geeignet, auch im Stand-alone-Betrieb im Fahrzeug eingesetzt zu werden.

Einsatzbereich Software-Test

In der Automobilindustrie werden Hardware-in-the-Loop-Systeme (HiL) für den Test von Steuergeräten eingesetzt (Bild 3). Der Fahrer, das Fahrzeug und die Umwelt werden in Echtzeit modelliert. Dieses so genannte Streckenmodell berechnet Werte für Sensoren (Istgrößen) und Sollwertgeber (Sollgrößen) und führt sie den Regelfunktionen im Steuergerät als Eingangswerte zu. Die Regelfunktionen berechnen Stellwerte für Aktoren und geben diese an das Streckenmodell zurück. Es entsteht ein geschlossener Regelkreis.

Die physikalischen Werte der Sensoren und Sollwertgeber, beispielsweise die Kühltemperatur oder die Gaspedalstellung, können nicht direkt vom Steuergerät verarbeitet werden, sondern müssen mit Hilfe einer geeigneten Signalkonditionierung vom HiLSystem in elektrische Signale umgewandelt werden.

Auch die vom Steuergerät ausgehenden pulsbreitenmodulierten Signale für die Aktoren, beispielsweise zur Ansteuerung der Drosselklappe, müssen durch Signalkonditionierung in physikalische Werte umgewandelt werden, um durch das Streckenmodell verarbeitet werden zu können.

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Bild 3. Funktionsprinzip und Systemaufbau eines Hardware-in-the-Loop-Systems: Fahrer, Fahrzeug und Umwelt werden in Echtzeit simuliert. An die Simulation angeschlossen ist das reale Steuergerät.

Die Hardware zur Signalkonditionierung ist häufig komplex und kostspielig. Die direkte Verknüpfung des Streckenmodells mit den Regelfunktionen des Steuergeräts über einen Strecken-Bypass [1] ermöglicht Entwicklern einen frühzeitigen und kostengünstigen Test ihrer Regelfunktionen (Bild 4). Ein solches Function-in-the-Loop-System (FiL) kann mit Hilfe eines performanten Steuergerätezugangs sowie Infrastruktur zum Schreiben und Lesen der Steuergerätegrößen realisiert werden.

Direkter Datenaustausch mit Steuergeräte-Funktionen

Als performanter Steuergerätezugang kann beispielsweise ein paralleler Emulatortastkopf verwendet werden, der den Speicherbereich des Steuergeräts emuliert und das Lesen und Schreiben von Steuergerätegrößen ermöglicht [2]. Das Schreiben von sich kontinuierlich ändernden Steuergerätevariablen muss zusätzlich durch ein Verfahren zur Bypass-Instrumentierung vorbereitet werden, wie in [1] beschrieben. Eine Möglichkeit besteht darin, Schalter vor die Variablen einzufügen. Diese so genannten Freischnitte erlauben dem Anwender, Steuergerätegrößen manuell zu beschreiben oder mit dem Streckenmodell zu verknüpfen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Schreibzugang durch zusätzliche Serviceroutinen in der Steuergeräteprozessliste vorzusehen.

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Bild 4. Funktionsprinzip und Systemaufbau eines Function-in-the-Loop-Systems. Hier wird direkt auf die Regelfunktionen des Steuergerätes zugegriffen. Die kostspielige Hardware zur Signalkonditionierung beim HiL-System kann entfallen.

  1. Operation am offenen Herzen (Teil 2)
  2. Weitere Effizienzgewinne in der Steuergeräte-Entwicklung
  3. Operation am offenen Herzen (Teil 2)
  4. Einsatzbereich Funktionsentwicklung

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