Das kabellose Ladesystem muss mit jedem Telefon mit induktiver Ladetechnik funktionieren, ganz ungeachtet der Telefonposition auf der Ladestation. Darüber hinaus hat jeder Fahrzeuginnenraum seine besonderen Eigenschaften, einschließlich des ergonomischen Designs und der elektronischen Funktionalität. Es wird also eine einheitliche Plattform benötigt, die sich leicht und kostengünstig in die Design-Anforderungen aller Fahrzeuge einfügt.
Um eine maximale Geräteabdeckung zu erreichen, sollten Wireless Charging Units mit Hardware ausgestattet sein, die möglichst breit gefächerte Anforderungen erfüllt. In der Vergangenheit wurden die Einsatzmöglichkeiten jedoch durch unterschiedliche Standards begrenzt. Durchgesetzt hat sich der „Qi“-Standard (gesprochen „Tschi“) des Wireless Power Consortiums (WPC), der seit 2008 auf dem Markt ist und über 570 Firmen inklusive Samsung, Apple, Sony und fast alle Android-Smartphone-Anbieter vereint. Die Consumer Electronics for Automotive (CE4A) Group, in der führende Automobilhersteller wie BMW, Audi und Daimler vertreten sind, hat sich im Jahr 2012 auf Qi als den gemeinsamen Standard festgelegt.
Obwohl die überwiegenden Smartphone-Modelle von Werk aus für Wireless Charging geeignet sind, gibt es noch einige Modelle, die nicht drahtlos ladefähig sind. In naher Zukunft wird für den Smartphone Besitzer ein entscheidender Kauffaktor sein, welches Smartphone Qi-konform ist.
Ein allgemeines Problem der Smartphone-Nutzung im Auto ist die Signaldämpfung bzw. der Signalverlust. Das Auto verhält sich wie ein Faradayscher Käfig und ist somit sehr gut abgeschirmt. Telefonate im Fahrzeug können zu einer Herausforderung werden. Smartphones im durchschnittlichen Mittelklassewagen verlieren ungefähr 12 bis 15 dB an Feldstärke. Dies bedeutet, dass nur 1/16 bis 1/32 des Funksignals vom Smartphone nach außen gelangt, was die Qualität von Telefonanrufen und Datenverbindungen stark beeinflusst. Mithilfe einer intelligenten Elektronikkomponente (Compenser) werden diese Verluste ausgeglichen, sodass der Empfang im Fahrzeug genauso gut ist wie in Standardsituationen. Der Compenser kann sich über die im Wireless Charger eingebaute Nahfeldkopplung mit dem Smartphone verbinden und gleicht Signalverluste im Fahrzeug aus, indem er sich mit Smartphone und mit der Außenantenne gleichermaßen verbindet. Er kompensiert somit den Signalverlust und ermöglicht eine optimale Sprachqualität und Datenverbindung.
Wichtig ist, dass der Charger merkt, wann ein Smartphone auf der Ladestation platziert wird (erst dann wird ein Magnetfeld generiert, davor erfolgt keine Energieaufnahme und -abgabe), wann es voll aufgeladen ist, und dass er sich dann automatisch abschaltet. Zudem muss er erkennen, ob ein Telefon überhaupt mit dem Qi-Standard kompatibel ist und – sollte dies nicht der Fall sein – sich sofort abschalten, um das Smartphone vor Schäden oder Störungen zu bewahren (Bild 3). Ebenfalls relevant für die OEMs ist es, dass die Module an ihre Bedürfnisse angepasst werden können. Das betrifft sowohl technische als auch designabhängige Vorgaben.
So gibt es beispielsweise Wireless Charger zum senkrechten Einbau (Bild 4) aber auch solche, die unterhalb der Mittelarmlehne oder vor dem Schaltknauf verbaut sind, auf der das jeweilige Smartphone sicher aufliegt. Wichtig ist, dass die induktive Ladefläche designtechnisch zum Auto passt und benutzerfreundlich ist. Dies gilt für alle Fahrzeuginsassen, deswegen sind auch Lösungen für den hinteren Bereich des Innenraums verfügbar.
Des Weiteren ist die Leistungsklasse der Energieübertragung ein wichtiges Auswahlkriterium für den Fahrzeughersteller. Moderne Smartphones sind in der Lage, mit mehr als 5 W den Akku zu laden. Bekannte Handyanbieter laden zurzeit ihre Telefone im Fast-Charge-Modus mit ca. 8 W. Es gibt auch einige wenige Modelle, welche mit ca. 10 W die Batterie aufladen. Der Qi-Standard sieht eine Leistungsübertragung bis zu 15 W vor. Im Zuge der Batterieentwicklung wird es in Zukunft möglich sein, mit noch höheren Leistungen die Telefone aufzuladen.
Für den Automotive-Bereich wird das drahtlose Laden in absehbarer Zeit zum alltäglichen Ausstattungsmerkmal. Das Fahrzeug wird als Lebensraum wahrgenommen. Und da für 6,1 Milliarden Anwender das Smartphone in den allermeisten Lebenssituationen ein selbstverständlicher Begleiter geworden ist, muss es auch im Auto funktionieren. Daraus ergibt sich die Anforderung für die OEMs, die Smartphone-Integration in das automotive Umfeld so komfortabel wie möglich zu gestalten. Wireless Charging ist eine Antwort auf diese Anforderung.
Doch während Wireless Charging im Fahrzeug immer etablierter wird, geht die Entwicklung weiter. Zukünftige Gerätegenerationen werden in den nächsten zwei bis drei Jahren die Fähigkeit mitbringen, mehrere Geräte parallel laden zu können und gleichzeitig rückwärtskompatibel zu älteren Standardversionen zu sein. Kameras und Wearables wie Uhren tun es schon heute. Andere Endgeräte werden dies in Zukunft auch unterstützen – wie Spielekonsolen, Kinderspielzeuge oder Werkzeuge.
Besonders spannend für die weitere Entwicklung des Wireless Charging-Marktes – vor allem im Automotive-Umfeld – ist die Integration des Near Field Communication (NFC)-Standards, mit dem weitere Anwendungen, die hohe Datensicherheit verlangen, möglich sind. Durch die Kombination mit NFC kann die drahtlose Ladetechnologie auch zur Authentifizierung genutzt werden, was viele weitere Use Cases für das Connected Car ermöglicht. Beispiele sind das automatische Beenden eines Mietvorgangs beim Car Sharing, automatisierte Bezahlvorgänge etwa beim Download von aktuellem, zusätzlichen Kartenmaterial oder Augmented-Reality-Informationen.
Essenziell auf diesem Weg sind qualitativ hochwertige Wireless-Charging-Lösungen, die dem OEM die Möglichkeit bieten, einzigartige und komfortable Lösungen für den Endkunden zu entwickeln.
Der Autor
Frank Scholz
arbeitet im Product Management „Wireless Charging“ bei Molex. Scholz bekleidet diese Position seit 2011. Sein Kompetenzbereich umfasst die Produktentwicklung/ Produktkonzeptierung des Wireless Charging sowie weitere Integrationsmöglichkeiten des Smartphones und Tablets im Fahrzeug